Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)
gedacht, sie wäre einfach weggegangen; dabei war nichts weiter von der Wahrheit entfernt.
Tränen brannten in ihren Augen, von denen sie meinte, sie längst ausgeweint zu haben. »Ich bin ins Menschenreich gegangen, weil ich unser Baby retten wollte, Zander. Ich hätte nie …«
Er drückte ihre Hand. »Ich weiß.«
Eine Flut von Gefühlen überrollte sie, machten ihr das Atmen schwer. Sie löste ihre Hand aus seiner und stand auf, weil sie sich bewegen musste, ehe sie in ihrem Schmerz und ihrer Fassungslosigkeit ertrank. Am Fenster angekommen, legte sie eine Hand an die kühle Felswand. »Mein Vater erzählte mir von der Begegnung mit dir, nur sagte er, du hättest es dir anders überlegt und beschlossen, dass du die Argonauten nicht verlassen willst.«
Gütige Götter, sie hatte ihrem Vater geglaubt! Ihn sogar gebeten, Zander zu sagen, wo in Griechenland er sie fände, falls er seinen Fehler einsah und sie und das Kind doch noch wollte. Kein Wunder, dass er nie zu ihr gekommen war.
»Er hat nie gewollt, dass wir zusammen sind«, sagte Zander leise hinter ihr.
Nein, hatte er nicht. Simon hasste die Argonauten inbrünstig; so sehr, dass Callia sich oft fragte, woher seine tiefe Abneigung rührte. Es war nicht bloß Zanders Person, die er ablehnte, sondern dessen Verbundenheit mit den Argonauten und wofür sie standen.
»Er …« Zorn loderte in ihr auf ob des Verrats, den ihr Vater an ihr und an Zander begangen hatte.
Sie fühlte, dass Zander hinter ihr war, noch ehe seine Hände ihre Arme berührten und er sie zu sich umdrehte. Aber sie blickte nicht zu ihm auf, konnte sich dem nicht stellen, was sie zweifelsohne in seinen Augen sehen würde. Als er sie näher zog, lehnte sie ihren Kopf an seine Brust und wehrte sich nicht gegen seine sanfte Umarmung.
»Hätte ich es gewusst«, raunte er mit belegter Stimme, »wäre ich bei dir gewesen. In jeder Sekunde. Nichts hätte mich von dir fernhalten können. Und niemand …« Seine Muskeln spannten sich merklich an. »Niemand hätte dir wehgetan.«
Ihr fiel nichts ein, was sie sagen könnte. Sie war nicht einmal sicher, ob sie diesem Gespräch jetzt gewachsen war, ihm jemals gewachsen wäre.
»Callia.« Seine Finger tauchten in ihr Haar und neigten sacht ihren Kopf nach hinten. Doch da war keine Wut in seinen Zügen, sondern Bedauern. Und Trauer. Ein Kummer, den nur sie verstehen konnte. » Thea. «
Seine Benutzung des Kosenamens, den er ihr vor vielen Jahren gab, traf sie mitten ins Herz. Göttin . Er hatte einmal gesagt, für ihn wäre sie seine persönliche Göttin. Und sie glaubte ihm. Dann hasste sie ihn. Und heute wusste sie nicht, was sie denken sollte.
Als seine Lippen ihre streiften, erstarrte sie. Sie wich nicht zurück, könnte es wohl nicht. Dies hier, verrückt wie es war, fühlte sich richtig an. Sie beide hatten so vieles verloren, und Callia hatte jahrelang getrauert, nicht ahnend, dass sie in ihrem Schmerz nicht hätte allein sein müssen. Die ganze Zeit hätte sie ihn mit Zander teilen können.
Seine Hände glitten von ihrem Haar auf ihre Schultern, auf den Rücken und drückten sie an ihn. Die leichte Reibung von Haut auf Stoff vibrierte durch ihren ganzen Leib. Sie seufzte, neigte den Kopf weiter nach hinten und öffnete sich ihm.
Der Kuss war sanft und zaghaft. Behutsam drang seine Zunge in ihren Mund, streichelte ihre, als hätten sie alle Zeit der Welt, als kostete er sie zum ersten Mal und genoss jeden Moment. Und sie erwiderte seine Liebkosungen, legte die Arme um ihn und gab ihm, worum er wortlos bat. Dabei sagte sie sich, dass sie beide hier nichts nachholten, was nie hätte sein dürfen. Vielmehr war dies ein Abschluss, ein gegenseitiges Trösten, mit dem sie die Vergangenheit für immer verabschiedeten.
Seine Lippen bewegten sich über ihr Kinn zu ihrem Ohr, und sie erschauerte, als sein warmer Atem über ihre Haut wehte, ihren Hals hinab. »Du bist so stark, Thea «, flüsterte er. »Solch eine Kämpferin. Wenn ich daran denke, was dir hätte passieren können …«
Seine Worte schwebten durch ihre Gedanken, während sie seinen Duft inhalierte. Und dann, als hätten sie ihr Ziel gefunden, leuchtete eine Erinnerung auf. Eine Erinnerung aus der Jagdhütte mit dem Dämon, der sie beinahe umgebracht hatte.
Sieh an, eine Kämpferin.
Gefolgt von Atalantas Stimme.
Sie ist die Mutter des Jungen. Nimm sie mit. Falls der Junge nicht gehorcht, kann sie uns nützlich sein.
Abermals wurde ihr die Brust eng, nur diesmal nicht vor Kummer
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