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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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sein Weib selbst zur Zielscheibe für dessen Spielchen?
    Kraals Mundwinkel zuckten umgehend in die Höhe. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen hob er die rechte Hand, um dem Peitschenschwinger Einhalt zu gebieten.
    »Vielleicht hattest du recht«, sagte er zu ihm, nur scheinbar milde gestimmt. »Vielleicht stirbt dieser Halunke hier wirklich lieber, anstatt zu reden. Deshalb sollten wir besser jemanden peinigen, der ihm nahesteht.« In einer anklagenden Geste deutete er auf Bentos Weib, das sich plötzlich Halt suchend an ihre beiden Töchter klammerte. »Zündet das nächstbeste Haus an und stoßt diese drei dort hinein. Vielleicht wird das die Zunge des Schulzen lösen.«
    Trotz seiner Erschöpfung zerrte Bento verzweifelt an seinen Fesseln, erreichte damit aber nur, dass die Stricke noch tiefer in seine Handknöchel schnitten. So blieb ihm nur noch eins, was er tun konnte, um seine Liebsten vor dem Schlimmsten zu bewahren.
    »Lauft!«, schrie er ihnen aus Leibeskräften zu. »Lauft um euer Leben!«

19
     

Grimmschnitter
     
    Rorn hatte Fagon umgangen, denn ihm stand nicht der Sinn nach menschlicher Gesellschaft. Doch auch ein Mann, der vor allem nach Rache dürstet, muss essen und trinken, darum trieb es ihn immer wieder in die Nähe kleinerer Dörfer, in denen er sich mit dem Nötigsten versorgte. Während seiner Wanderung sah er mehrere tiefschwarze, hin und her wogende Wolken am Himmel, doch in seinem Schmerz, der ihn völlig beherrschte, maß er diesem Phänomen keinerlei Bedeutung zu.
    Eine leichte Brise wirbelte seine Mantelschöße auf, als er zum ersten Mal mit dem ganzen Ausmaß des Grauens konfrontiert wurde, das Baros heimsuchte. Der Hügel, den er gerade erklommen hatte, war noch verschont geblieben, die weite Senke, die sich vor seinen Augen ausbreitete, sah hingegen aus, als hätte ein Feuer darin gewütet. Aber das war unmöglich. Wiesen, Felder und Obsthaine wirkten zwar kahl und leer, aber Häuser, Schober und Zäune wiesen keinerlei Brandspuren auf.
    Erst als Rorn die Zweige eines grün belaubten Busches zur Seite zog, um die trostlose Gegend genauer in Augenschein zu nehmen, wurde ihm klar, was geschehen war. Der Schutzbann der Jadeträgerin erstreckte sich nicht auf den vor ihm liegenden Landstrich, oder – schlimmer noch – er hatte dort jedwede Wirkung verloren. Auf jeden Fall waren gigantische Ungezieferschwärme über die Ebene hereingebrochen und hatten alles verschlungen, was sich nur irgendwie abfressen ließ.
    Rorn kannte Geschichten über Heuschreckenplagen, die so etwas zu tun vermochten, hatte sie aber bisher immer für das Gewäsch alter Weiber gehalten, die damit kleine Kinder erschrecken wollten. Er fühlte Übelkeit in sich aufsteigen, als er auf einen die Ebene durchschneidenden Flusslauf hinabsah, an dessen Biegung sich zahlreiche Lehmhäuser schmiegten. Rorn verstand genug von Ackerbau und Viehzucht, um zu erkennen, dass sich die hiesigen Bauern einen guten Platz zum Siedeln ausgesucht hatten.
    Die verbliebenen Insektenschwärme, die sich noch hier und dort in die Lüfte erhoben, um über weiter entfernt liegende Gärten und Obsthaine herzufallen, hatten den Menschen allerdings übel mitgespielt. Statt in vollem Wuchs zu stehen, war die Frühlingssaat überall bis auf den Stumpf hinab abgefressen worden. Die Bauern hatten ihre Felder umsonst bestellt. Vollkommen kahl dehnten sich die Ackerflächen bis zum Horizont. Nirgendwo war das geringste Grün zu erblicken. Kein einziges Blatt hing mehr an den Bäumen, deren entlaubte Äste klagend in den Himmel wiesen.
    Knospen und Blüten waren ebenfalls ein Raub des gefräßigen Geschmeißes geworden. In diesem Jahr trugen die Obstbäume garantiert keine Früchte mehr. Nicht eine einzige dunkelrote Kirsche würde den Sommer versüßen und keine Äpfel, Birnen oder Pflaumen die Bäuche füllen. Selbst dem Vieh fehlte es an Nahrung. Auf den Wiesen stand kein Grashalm mehr, und auch Hecken und Dornengestrüpp boten einen traurigen Anblick. Alles war der Vernichtung anheimgefallen. Nur hartnäckiges Unkraut würde sich rasch genug von dem Kahlschlag erholen, um vor dem Wintereinbruch noch den einen oder anderen Farbtupfer zurück auf die Landschaft zu zaubern.
    Rorn fühlte mit den fleißigen Menschen, die dieses Unglück erdulden mussten, aber da er bei ihnen nichts zu essen erbitten konnte, wollte er diesen Ort der Zerstörung links liegen gelassen. Fest dazu entschlossen, sein einmal gefasstes Ziel unbeirrt zu verfolgen,

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