Bannsänger
mit Händen gemacht, sie die abgeschnitten. Dasselbe bei Auge und so weiter.«
»Ist das nicht ein bißchen drastisch? Es ist doch nur ein freundschaftliches Spiel.«
Seltsam rosamilchige Augen sahen auf ihn herab. »Dies ein drastisches Geschäft, mit dem wir alle zu tun, Mann. Du weißt das. Schon schwer genug ohne betrügerische Gerichte und verschlagene Anwälte. Wir können in eigner Familie keine Hinterhältigkeiten dulden. Gerechte Bestrafungen wie die«, – er deutete mit dem Daumen in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war -, »stellen Fairneß sicher. Der hatte noch Glück. In welchem Geschäft du?«
»Tschuldigung, ich muß werfen«, sagte Jon-Tom rasch,.
Das Spiel ging weiter. Manchmal verlor er, häufiger gewann er. Die dauernde Abwesenheit von Talea und Mudge machte ihn jetzt nervös. Er fragte sich, ob er es wagen konnte, seinen Gewinn zu nehmen und auszuscheiden. Konnte es nicht sein, daß einer der großen Verlierer einen Freund oder Verbündeten in der Menge hatte, der bereit war, ihm' ein Messer in den Rücken zu stoßen oder ihn der Hexerei zu beschuldigen, um seinen Freund oder Boß zu schützen?
Aber der hochgewachsene Hase blieb in der Nähe, beruhigte ihn und spornte ihn an. Das war nur natürlich, da er auf Jon- Toms Würfe setzte. Doch Jon-Toms Gedanken kehrten immer wieder zu jenem schrecklichen Schrei zurück, malten sich aus, wie das Messer auf ihn zukam...
Swal hatte seine Position beibehalten. Hin und wieder veränderte er seine Lage an den Hängelampen oder zog die grüngefederte Kappe zurecht, die mit einem Band am Kopf befestigt war. Sein Blick wanderte beständig über die Spieler.
Aber es gab keine Betrugsvorwürfe mehr von ihm.
Der Münzhaufen vor Jon-Tom setzte sein beständiges Wachstum fort.
Dann kam es zu einer unerwarteten Unterbrechung. Eine bemerkenswert geschmeidige wölfische Gestalt mit äußerst weiblichen Formen stolperte in den Spielkreis. Die Spieler schützten ihre Münzen hastig vor den unsicheren Füßen. Sie schien verlegen und empört, ein Zustand, der durch das ungehaltene Pfeifen, Zischen und Tuten der weiblichen und männlichen Zuschauer nicht besser wurde. Die Wölfin reagierte mit rauschenden Unterröcken und ausgewählten Verwünschungen auf die Unmutsäußerungen.
Jon-Tom sah seinen Hasenfreund fragend an.
»Tut mit leid, Mann. Ich habe nicht aufgepaßt. Aber ich glaube, ich weiß, was los ist. Siehst du Fuchs da drüben?« Er deutete auf einen gutgekleideten Spieler, der müde auf der anderen Seite des Kreises saß. Auf dem Fels vor ihm lagen nur noch zwei, drei Silbermünzen.
»Er kein Geld mehr, sehe ich, will aber weiter mitmachen. Du kennst den Typ. Also setzt er das Mädchen.«
Jon-Tom runzelte die Stirn. »Ist sie eine Sklavin?«
Das provozierte eine leicht verärgerte Antwort. »Was glaubst du, sind wie hier – Barbaren? Nur die Gepanzerten halten Sklaven. Nein, wahrscheinlich er sie zur Zustimmung zu zeitweiligem Kontrakt gebracht.« Der Hase zwinkerte.
»Wahrscheinlich für ein paar Nächte oder so.«
»Sie sieht nicht besonders bereitwillig aus«, meinte Jon-Tom kritisch.
»Schwer zu sagen. Vielleicht ist sie, vielleicht nicht.«
»Warum tut sie es dann?«
»Weil sie verliebt. Siehst du das nicht?« Der Hase schien erstaunt über Jon-Toms offensichtliche Naivität.
»Hee, ich kann diese Runde nicht mitspielen.«
»Warum nicht, Mann?« Plötzlich klang der Hase erheblich Weniger freundlich.
»Ich habe einfach genug.« Er begann seinen Gewinn ein zu sammeln und suchte nach Taschen in Hose und Hemd, um die Münzen händevoll hineingleiten zu lassen. Es gab eine leichte Unruhe unter den anderen Spielern, und einige machten Gesten in seine Richtung.
Aber auch hier gab es Ehre unter den Dieben. Für jedes ärgerliche Grummeln der Spieler gab es Rufe der Zuschauer wie: »Er hat ehrlich gewonnen... Er kann jederzeit ausscheiden... Laßt ihn gehen, wenn er will... Ihr dürft ihn nicht aufhalten...« Und so weiter. Aber einige der Kommentare wurden von begierigen Blicken auf den Münzhaufen vor ihm begleitet. Jon- Tom wurde bewußt, daß der Gewinn des Geldes nicht sicherstellte, daß er damit auch von dannen ziehen konnte. Natürlich dachte niemand daran, einen ehrlichen Gewinner offen anzugreifen. Aber die' Zunfthalle war voller Tunnel und dunkler Sackgassen.
Hilflos zu dem Hasen aufblickend, flüsterte er: »Was soll ich tun?«
Das Verhalten des Angesprochenen wurde weicher, wieder freundlicher. »Nun, als erstes
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