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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Menschen zuckten vor Schreck zusammen und erstarrten mitten in der Bewegung. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Alvin und Bornus sahen verblüfft in die Runde.
    Der König, seine Lakaien und sämtliche Wachen – keiner regte noch den kleinsten Muskel. Alle außer Hatra und den beiden Iskandern waren in eine Art Schockstarre verfallen. Selten hatten sie einen Zauberbann so schnell seine Wirkung entfalten sehen. Selbst das von draußen hereindringende Vogelzwitschern war verstummt.
    »Bei allen Göttern der Söldner, Diebe und des Lumpenpacks!« Alvin sah fassungslos in die Runde. »Dich hätten wir bei unseren Raubzügen in Randor dabeihaben müssen, und nicht diesen verlausten Hexenmeister, dessen Stümpereien uns in den Kerker brachten.«
    Bornus nickte zustimmend.
    »Nehmt mir den Stahl aus den Rippen«, verlangte Hatra. »Ich kann es nicht ausstehen, wenn Waffen auf mich gerichtet werden.«
    Die beiden Iskander kamen der Aufforderung ohne zu zögern nach, obwohl sie es sonst waren, die anderen Befehle erteilten. Wer einen König samt Gefolge in den Tiefschlaf versetzte, bestimmte die Marschrichtung. So einfach war das.
    Die Spitze des Mondsporns hatte sich bereits in den Falten des zerschlissenen Gewandes verfangen. Nachdem die Waffe am Boden lag, richtete sich die Hexe zu voller Größe auf. Alle Schwäche und Gebrechlichkeit fiel von ihr ab, wie eine zweite, nun überflüssige Haut. Trotzdem gab es einen angestrengten Zug in ihrem Gesicht, den Alvin und Bornus noch nie zuvor bei ihr bemerkt hatten.
    Der Zauberbann kostete sie eindeutig viel Kraft. Entsprechend rasch eilten sie auf den König zu.
    Horvuk hatte den Mund leicht geöffnet und sah starr geradeaus, auch dann noch, als sich Hatra so weit zu ihm vorbeugte, dass ihre Nasenspitzen einander beinahe berührten.
    »Er ist nicht Herr seiner Sinne«, sagte sie, an Alvin und Bornus gerichtet. »Fremde Gedanken vergiften seinen Verstand.«
    Ehe einer von ihnen fragen konnte, woran sie das erkannte, trat Hatra schon einen Schritt zurück und umfasste ihren Stecken mit beiden Händen. Aus dem oberen Ende schlugen plötzlich kleine weißblaue Flammen hervor, die wild umherzüngelten. Als Hatra die Irrlichter vorsichtig in die Nähe des königlichen Kopfes brachte, fingen die Flammen zu knistern an. Gleichzeitig leuchtete das birnenförmig verdickte Ende von innen heraus auf, sodass es durchscheinend wurde. Der kugelförmige Schatten, der sich dabei im Inneren abzeichnete, ließ Alvin und Bornus stutzen.
    Aber, das war doch …
    Ja, kein Zweifel. Das musste ein taubeneigroßer Stein aus Schattenjade sein, so wie ihn einst ihr Aar, der höchste aller iskandischen Priester, offen in seinem Machtstab getragen hatte. Die beiden Krieger wechselten einen kurzen Seitenblick, bei dem beide erkannten, dass ihnen gerade der gleiche Gedanke durch den Kopf ging: Gut, dass Rorn nichts davon weiß!
    Und gut, dass die Alte den Stein verborgen trug, sonst hätte er nur unnötige Begehrlichkeiten geweckt. Die wenigsten Magier waren klug genug, ihren Besitzerstolz zu unterdrücken, aber Hatra hatte das Alter wohl die Weisheit gegeben, ihre Kräfte für die wichtigen Auseinandersetzungen aufzusparen.
    Die Flammen auf dem oberen Stockende spalteten sich indessen auf, kippten zur Seite und krochen mit ihren zuckenden Spitzen aufeinander zu, bis sie sich alle zu einem knisternden Netz vereinten, das sich augenblicklich von dem Holz löste und auf das leblose Gesicht des Monarchen übersprang.
    Einer zuckenden Maske gleich breitete sich das Geflecht von Schläfe zu Schläfe aus und schlug bis über die Nase herab, bevor es in die Haut eindrang. Wie Wasser von einem Schwamm, so wurde die knisternde Magie von dem Gesicht aufgesogen.
    Ein Moment der Stille folgte.
    Hatra sprach kein einziges Wort, geschweige denn irgendwelche Zaubersprüche, sondern beobachtete nur interessiert, was ihre Magie bewirkte. Ein zufriedenes Kichern verließ ihre Kehle, als sich die königliche Stirn zu wölben begann. Irgendetwas kroch unter der Haut entlang, etwas, das kurz darauf aus dem rechten Nasenloch quoll. Ein pechschwarzer, sich windender Wurm, kaum dicker als ein Wollfaden, aber gut zwei Fingerglieder lang.
    Im gleichen Moment, da er auf die Brust des Monarchen fiel, zuckte Hatras Stecken vor. Ein lautes Knistern erklang, das in einem widerlichen Zischen endete. Plötzlich lag ein stechender, an Fäulnis erinnernder Geruch in der Luft, der genauso schnell verwehte, wie er entstanden war.
    Als Hatra sich

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