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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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nichts dagegen gehabt, Perac im bewusstlosen Zustand zu opfern, denn nun musste sie sich sputen, bevor er ihr noch gefährlich werden konnte.
    Entschlossen hob sie die schattenumwölkte Jadekugel an und zwang dem Artefakt ihren Willen auf. Noch im selben Atemzug lösten sich zwei Blitze aus der gewölbten Oberfläche, schossen nebeneinander durch die Luft und bohrten sich in Peracs Augen. Die gaffende Menge, die einen sauberen Schnitt durch die Kehle erwartet hatte, stöhnte vor Überraschung auf. Doch niemand war verblüffter als Perac, der den Rücken vor Schmerz durchbog.
    Feine Rauchfäden quollen aus seinen Ohren, während sich die beiden Entladungen tief in seinen Verstand fraßen und sein magisches Talent gierig aufsogen. Den beiden wild zuckenden Lichtstrahlen war nichts von einem Austausch anzumerken, doch die roten Schleier, die plötzlich die Schattenjade durchzogen, zeigten den Machtzuwachs der Kugel deutlich an.
    Hatra lachte triumphierend auf, weil ihr Ritual wie vorgesehen glückte. Perac spürte hingegen einen Schmerz, wie er ihn in seinem an Entbehrungen nicht gerade armen Leben noch nicht kennen gelernt hatte. Sein Oberkörper wand und schüttelte sich unkontrolliert, während er mit solcher Inbrunst aufschrie, dass seine Lippen trotz der Naht auseinandersprangen. Dort, wo eben noch der Zwirn gesessen hatte, klafften nun blutige Spalten. Feiner, roter Sprühregen schoss unter den Blitzen entlang, die sein Gehirn weichkochten. Immer neue Schreie verließen seine wunde Kehle, bis ihm auch das letzte bisschen Verstand genommen war.
    Die beiden Blitze verblassten langsam und lösten sich schließlich gänzlich auf, als es nichts mehr zu holen gab. Zurück blieben zwei verkohlte Augenhöhlen, die einen Blick auf einen gänzlich ausgebrannten Schädel erlaubten. Dichter, nach verbranntem Fleisch stinkender Qualm stieg aus dem leeren Inneren auf, während der äußerlich unversehrt wirkende Körper langsam zur Seite sackte.
    Ein letzter Blutschwall strömte aus dem zerschnittenen Mund hervor, als der tote Greis auf dem Podest aufschlug. Großmeister Perac – er existierte nicht mehr. Die ihm einst innewohnende Macht ruhte nun in der Jadekugel.
    Fasziniert beobachtete Hatra die roten Schwaden, die fast alles Schwarz von der polierten Oberfläche verdrängt hatten. Nie zuvor hatte die Hexe solch geballte Macht in Händen gehalten.
    »Was ist?«, rief Eonis ungeduldig von seinem Platz aus herüber. »Ist das Ritual geglückt? Kannst du die uns versprochenen Zauber ausführen?«
    Hatra ließ ihre Blicke über die immer noch zutiefst schockierte Menge wandern, bevor sie zu dem Regenbogen aufsah, der sich direkt über Myandor wölbte.
    Das größte wohl denkbare Portal, das Simwae je gesehen hatte. Nicht aus Stein und nicht von Dauer, aber dank der Blutjade nicht weniger wirkungsvoll. Sie wusste, dass ihr Zauber glücken würde, noch ehe sie ihn in Gedanken formulierte.
    »Komm her und sieh selbst!«, rief sie dem Monarchen zu, denn sie wollte ihn gerne als ersten Leu fallen sehen.
    Eonis, der sich etwas ganz anderes erhoffte, stieg erfreut in die Lüfte. Mit Schwert und Schwingenschild angetan flog er über den Platz. Die anderen Greifen ließen ihm bereitwillig den Vortritt, obwohl auch sie danach lechzten, ihre Schwingen zu verlieren. Eine scharfe Brise, die plötzlich zwischen den Häusern hindurchfegte, trug den Monarchen wieder ein gutes Stück zurück. Verwirrt starrten alle Leu auf Hatra, die sich plötzlich im Zentrum eines kleinen Luftwirbels befand.
    Ihr langes Haar flatterte hoch über ihrem Kopf, während sie die Blutjade in ihren Händen hielt. Dunkelrote Entladungen züngelten halbkreisförmig davon. Sich fortlaufend verästelnd strebten sie höher und höher durch die Luft, bis sie die farbigen Bahnen des Regenbogens erreichten. Im gleichen Herzschlag, da die fließende Energie ein Portal erschuf, spürte sie das offene Tor am anderen Ende der Sternenlinie.
    KhorAh-Tep, mit dem Hatra in der letzten Nacht einen Pakt geschlossen hatte, hielt also Wort. Er und die Seinen standen unter dem letzten Portal zum Überraschungsangriff bereit. Von ihrer Zuflucht hinter der großen Mauer bis nach Myandor war es auf diese Weise nur ein Katzensprung. Hatra fühlte ihre Ankunft, als sie die andere Seite des Tores betraten.
    Die Luft über der Stadt begann zu flirren.
    Erschrocken starrte die Bevölkerung in die Höhe, doch noch ehe sie begriff, dass es sich bei den Silhouetten, die wie aus dem Nichts Gestalt

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