Bannstreiter
annahmen, um Zyklopen handelte, erklang der erste Ton. Tiefe, von mörderischer Kraft beseelte Trompetenstöße jagten vom Himmel herab und schlugen auf die Leu wie mit unsichtbaren Riesenfäusten drein. Das widerliche Geräusch von brechenden Knochen erfüllte den Platz, noch während die Getroffenen umherwirbelten.
Kaum hatten sich ihre Umrisse vollständig gefüllt, legten die Giganten der Lüfte ihre ledernen Schwingen an und fielen im Sturzflug über die verwirrten Leu her. Gnade wurde dabei nicht gewährt, weder für Krieger noch für Frauen oder Kinder. Die Mamuth hatten nicht ihre vielen Kameraden vergessen, die für die Zyklopentränen zu Tode gequält worden waren. Rücksichtslos fegten sie die gaffenden Leu von den Dächern und schüttelten sie selbst im Sturz noch mit Schallwellen durch, sodass schon alle Knochen gebrochen waren, noch ehe sie aufs Pflaster aufschlugen.
Der brutale Angriff, dem alle auf dem Platz schutzlos ausgeliefert waren, löste Panik aus. Rücksichtslos drängend und um sich schlagend versuchte ein jeder, dem Gewühl zu entfliehen und den Schutz der Häuser zu erreichen. Dabei starben fast ebenso viele Leu unter den Stiefeln ihrer Mitbürger wie unter dem Trompetenhall der attackierenden Mamuth.
Einzig die Greifen besaßen die Möglichkeit zur Gegenwehr. Mit blanker Klinge stürzten sie dem Feind entgegen, versuchten den tödlichen Trompetenstößen auszuweichen und in Klingenreichweite zu gelangen.
Hatra würdigte den unerbittlichen Luftkampf keines zweiten Blickes.
Während um sie herum Tod und Vernichtung herrschten, schloss sie die Verbindung zum Zyklopenportal und öffnete dafür einen anderen Durchgang, der in die Welt hinter der Welt führte, zu dem Ort, an dem die Zeit nicht existierte. Hatra kannte diesen Weg, denn sie war ihn schon einmal mit Perac gegangen.
»Hinterlistige Schlange! Was hast du getan?« Den Helm vom Kopf gerissen, die Mähne völlig zerzaust tauchte Eonis über ihr auf. Seine Augen blitzten vor Hass, obwohl er das ganze Ausmaß ihres Verrats noch gar nicht erfasst haben konnte. Sein Wunsch nach Rache war so groß, dass er sich nicht an der Abwehrschlacht beteiligte, sondern lieber seine Klinge gegen Hatra richtete.
»Eigentlich sollte ich dich den Zyklopen überlassen, die dich genauso betrügen werden, wie du uns betrogen hast!«, verschwendete der König seinen Atem mit sinnlosen Drohungen. »Aber lieber will ich dich unter meinen eigenen Händen sterben sehen.«
Nur noch zwei Flügelschläge trennten ihn von der Hexe, die erschrocken feststellte, dass sich kaum noch rote Schlieren auf der Jadekugel abzeichneten. Peracs gesammelte Macht, sie war schon beinahe aufgebraucht. Doch Hatra durfte jetzt nicht versagen. Nicht jetzt, da all ihre Feinde, die sie von ganzem Herzen hasste, an einem einzigen Ort versammelt waren: Eonis, der sie verschmäht, aber auch Kimue, die ihr zusammen mit Perac alle Hoffnungen genommen hatte. Außerdem die letzten Zyklopen, denen der Untergang der Seth zu verdanken war. Sie alle waren Aussatz und sollten für immer in den Abgründen jenseits der Zeit verschwinden.
Obwohl Hatra ein Gefühl unendlicher Müdigkeit verspürte, nahm sie all ihre Kraft zusammen. Die Kugel in ihren Händen fing zu zittern an, als sie endlich den die Sinne verwirrenden Kontakt zu dem sich öffnenden Zeitschlund spürte.
Der Boden unter ihren Füßen begann zu beben.
Es dauerte einen Herzschlag lang, bis sie begriff, dass es allen anderen in der Stadt genauso erging wie ihr. Mörtelstaub wölkte über den in ihren Grundfesten erschütterten Häusern auf und verwehte mit dem Wind. Nur der in der Luft schwebende Eonis, der mit dem Schild voran auf sie zustürzte, achtete nicht auf das, was um ihn herum geschah.
Wollte Hatra nicht unter seinem Stahl zusammensinken, musste sie ihm zuvorkommen. Die Hände waren ihr durch die Kugel gebunden, deshalb versuchte sie, Eonis einen Blitz entgegenzuschleudern. Das war ein Fehler. Die auf das gigantische Regenbogentor ausgerichtete Jade verkraftete keinen zusätzlichen Zauber mehr, zumal auch der letzte blutige Schleier verweht war. Statt Eonis zu attackieren, sprang die Kugel aus Hatras Händen und platzte im gleichen Moment auseinander.
Zu ihrem Glück flogen die Bruchstücke nur in eine Richtung, und zwar in die von ihr abgewandte Richtung. Die Hexe selbst blieb unverletzt, dafür prasselten die Splitter Eonis entgegen. Die meisten Scherben hämmerten mit solcher Wucht gegen den Schwingenschild, dass
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