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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Majestätisches aus. Lederne Wickel umgaben seine Arme, ein goldglänzender Harnisch zierte Brust und Rücken, während der Waffenrock aus mit Eisenkanten verstärkten Lederstreifen den Unterleib schützte.
    Das Schwert in seiner Hand glitzerte unheilvoll, als er aufrecht hinter Jonar auf dem Podest landete, den Toten herumwälzte und ihn der Kette sowie des Opferdolches beraubte. Mit einer Behändigkeit, die Rorn diesem unförmigen Wesen überhaupt nicht zugetraut hätte, streifte es sich die mit goldenen Gliedern aneinandergeschmiedeten Steine über den Kopf und schob sich die blutverschmierte Klinge des neu geschaffenen Machtsteins achtlos hinter den Leibgurt.
    »Kniet nieder, elende Nacktaffen«, forderte er in einem Tonfall, dem deutlich anzumerken war, dass seine Stimmbänder erstmals menschliche Worte formten. »Huldigt Eonis, dem Herrscher über ganz Simwae, der euch die Ehre einräumt, für das große Volk der Leu zu sterben.«
    Trotz dieser Todesandrohung gehorchten die Pilger dem Befehl. Die Blutjade, die am Hals und im Gürtel des Greifen pulsierte, ließ ihnen keine andere Wahl. In den Bann geschlagen machte es für sie keinen Unterschied, ob sie ihre Anweisungen von einem Menschen oder einem Dämonen aus längst vergangenen Zeiten erhielten.
    Mit ausgebreiteten Fellschwingen segelte Eonis von der Empore herab. Erst knapp über den Köpfen der Pilger riss er die schweren Stiefel abrupt nach unten und landete mitten unter ihnen. Noch ehe er landete, beschrieb sein Schwert den ersten silbernen Halbkreis, dem der Hinterkopf eines vierschrötigen Mannes zum Opfer fiel. Oberhalb der Ohren rasierte die Klinge entlang und trat an der Nasenwurzel wieder aus. In einer Flut aus Blut und Hirn stürzte der Mann zu Boden.
    Eonis würdigte ihn keines weiteren Blickes, sondern war schon dabei, eine Frau zu köpfen und einem weiteren Mann den Brustkorb zu öffnen. Schreie gellten auf, manchem fuhr das blutige Geschehen so in die Glieder, dass er aufsprang und davonlief. Die meisten Pilger blieben allerdings gehorsam sitzen, bereit, den Tod zu empfangen, wie ihnen befohlen war.
    Wie Lämmer auf der Schlachtbank , dachte Rorn, der Grimmschnitter längst gezogen hatte. Wegen der allseits wirkenden Magie glühte die Klinge blau auf.
    »Ein Blutbad!«, keuchte Venea neben ihm. »Er will so viele Pilger wie möglich opfern, um die Blutjade mit neuen Leben aufzuladen. Nur so kann er weitere Greifen in diese Welt holen. Sieh doch nur!« Bei den letzten Worten deutete sie auf den Regenbogen, der sich hinter der Empore wölbte. »Er wächst an, und die Luft unter ihm beginnt zu flimmern.«
    Sie hatte Recht. Mit jedem Pilger, der unter dem Schwert des Greifen starb, wuchs die Macht der Blutsteinkette an. Die Seele eines Magiers lud die Jade zwar stärker auf, doch die Masse der Pilger wog diesen Nachteil schnell wieder auf. Abgeschlagene Arme wirbelten durch die Luft, Eingeweide quollen zwischen verzweifelt auf den Leib gepressten Händen hervor. Das Marmorpflaster zu Füßen der Bestie verwandelte sich in eine schmierige Rutschbahn, trotzdem schlug er sich weiter unermüdlich durch die Reihen der wehrlosen Gläubigen.
    Rorn hielt es nicht mehr aus.
    All seine Muskeln spannten sich an zum Sprung, während er Grimmschnitter nach oben schwang.
    »Warte!«, hielt ihn Venea zurück. »Ich versuche lieber, ihn mit Hilfe der Schattenjade …«
    »Nein!«, verbot er ihr scharf. »Gegen die Mächte, über die dieses Scheusal gebietet, kommst du mit deinen Schlangenarmbändern nicht an. Lass mich nur machen, und bring lieber Hadiks Blutjade in Sicherheit. Wenn sich Eonis die auch noch einverleibt, stößt er das Tor in die Vergangenheit auf!«
    Mit einem großen Satz über die vor ihm knienden Pilger hinwegsetzend brachte Rorn sich ganz nahe an den in wilder Raserei wütenden Greifen heran. Das bluttriefende Löwenschwert zuckte gerade auf eine junge Frau nieder, die zwei kleine Kinder an ihre Brust presste, als Grimmschnitter nach vorne stieß.
    Stahl prallte auf Stahl, kurz bevor Eonis der Unglücklichen die Stirn zu spalten vermochte. Die Funken, die dabei aufstoben, gingen in ihrem roten Haar nieder, ansonsten blieb sie unverletzt. Und das, obwohl Grimmschnitters Breitseite beinahe ihre Augenbrauen berührte hatte.
    Zunächst schien Eonis verblüfft über die Einmischung, aber als er sah, wer ihm da gegenüberstand, hellten sich seine halbmenschlichen Züge auf. »Der Bannstreiter!«, freute er sich. »Dann ist auch Hadiks Blutjade

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