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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Farbton ihres Fells harmonierten.
    All jene, die gemeinsam mit ihnen verwandelt worden waren, wirkten ebenso wohlauf. Die am Boden verbliebenen Leu stießen dagegen Rufe höchster Überraschung aus.
    »Seht nur, mit welch großer Macht wir die Zyklopen überwinden werden«, pries Perac seinen Zauber an. »Die Gryff mussten sterben, denn für jeden Gewinn an Kraft bedarf es eines Verlustes im ewigen Gleichgewicht. Doch die Schwingen, die den auserwählten Leu verliehen wurden, sind kräftig genug, um zu den Türmen der Riesen aufzusteigen. Eurem Volk steht nun eine Garde von Greifen zur Verfügung, die sich mit jedem Gegner messen kann.«
    »Greifen?« Eonis sank ein Stück in die Tiefe, um sicherzustellen, dass er richtig gehört hatte. »Was hat diese Bezeichnung zu bedeuten?«
    »Dass diese Schar von Auserwählten in sich das Beste zweier Völker vereint«, verkündete Perac mit solcher Leidenschaft, als hätte er bloß auf die Frage gewartet. »Die Kraft des Löwen und die Flügel des Adlers in einer Gestalt vereint – Geschöpfe dieser Art nannte man zu meiner Zeit Greifen. Und wahrhaftig, Ihr dort oben habt Euch diesen Ehrennamen ebenfalls verdient.«
    Eonis schätzte es nicht sonderlich, wenn die Leu mit ihren tierischen Vorfahren verglichen wurden, doch der Stolz, der ihn bei Peracs Worten durchfloss, überwog seinen Missmut bei weitem. Greifen! Dieses Wort besaß einen wirklich guten Klang.
    Plötzlich war er vollkommen sicher, dass sein Volk im Krieg gegen die Zyklopen siegen musste.

4. Der Tod des Hexenmeisters
    Vorsichtig setzte Rorn einen Fuß vor den anderen, trotzdem knirschte es bei jedem zweiten Schritt. Was da genau unter seinen Sohlen knackte oder zerplatzte, ließ sich nicht richtig ausmachen. Der vor ihm liegende Korridor war auf ganzer Länge mit einem bunten Durcheinander aus Scherben, Bruchstücken und zerfetzten Stoffen übersät. Eine schwere Eichentruhe lag ebenso in Trümmern wie ihr bis zur Unkenntlichkeit verwüsteter Inhalt. Selbst eiserne Zangen, Gestelle und andere Metallgegenstände lagen verbogen in den Ecken herum.
    Ein Ort der totalen Zerstörung – anders ließ sich das aus schwerem Sandstein errichtete Gebäude nicht bezeichnen. Von draußen hatte noch alles einigermaßen normal ausgesehen, nur die geborstene Tür und die zerschlagenen Fensterscheiben waren Rorn bereits vom Sattel aus aufgefallen.
    Rund um das große Anwesen lagen Glassplitter im Gras verstreut. Was auch immer hier im Haus gewütet hatte, war nicht brutal von außen eingedrungen, sondern hatte seinen Weg von innen heraus ins Freie genommen.
    Leider gab es keine Nachbarn, die etwas gesehen haben mochten. Magnus Jonar schätzte die Einsamkeit, deshalb lebte er weit abgeschieden auf einer von hohen Bäumen umsäumten Lichtung.
    Möglicherweise war ihm genau das zum Verhängnis geworden.
    Das, oder eine zu riskante Beschwörung.
    Ab und zu hielt Rorn inne und lauschte atemlos in den leeren Flur hinein. Vergeblich. Um ihn herum wirkte alles wie ausgestorben. Nicht mal ein paar Ratten huschten umher. Nichts. Nur völlige Stille, die einzig und allein von seinem eigenen Herzschlag durchbrochen wurde.
    Auch Grimmschnitter regte sich nicht.
    Die Bannkreise, die Orte wie diesen für gewöhnlich vor ungebetenen Gästen schützten, hatten jegliche Wirkung verloren. Nicht mal ein Hauch von Macht hing noch in der Luft, beinahe so, als hätte zwischen diesen Wänden niemals ein Magnus gelebt oder gewirkt.
    Feiner Staub rieselte von der Decke. Das massive Gebäude war bis in seine Grundfesten erschüttert worden. Die Tür am Ende des Flures existierte nicht mehr. Nur eine Hand-breit zersplitterten Holzes hing noch an den gusseisernen Angeln.
    Hinter dem offenen Durchgang zeichnete sich ein großer Raum ab, in dem die Verwüstung so schlimm war, dass sich die Trümmer darin stapelten. Mixturen aus zerschlagenen Tiegeln und Phiolen hatten überall Spritzer und Pfützen hinterlassen. Dies musste der Zeremonienraum sein.
    Vor der Türschwelle breitete sich etwas aus, das einem grauen Fleck ähnelte. Einige darin versunkene Fliegen warnten Rorn davor, versehentlich hineinzutreten. Geräuschlos zog er blank und tippte mit Grimmschnitter in die feucht glänzende Masse. Als er die Klingenspitze anhob, zog sie klebrige Fäden mit sich. Es kostete ihn einige Mühe, die gallertartige Substanz am Türrahmen abzustreifen.
    Durch ein Loch im Dach strahlte eine breite Lichtbahn in den zwei Stockwerke durchmessenden Raum herab. Myriaden

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