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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Weißbärtige aus. »Um die Zyklopen zu erzürnen, anstatt sie zu besiegen? Wäre das mein Plan, solltet Ihr mich umgehend aus Simwae verjagen! Aber nein, ich will Euch so stärken, dass Ihr den Riesen auf Augenhöhe begegnen könnt.«
    »Ja! Ja! Ja!«, riefen Gryff und Leu gemeinsam aus.
    Wahrlich, der Alte verstand es, eine Menge zu begeistern. Selbst Eonis fühlte sich mitgerissen. Vermutlich war längst Magie im Spiel, anders war die aufwühlende Wirkung seiner Worte nicht zu erklären.
    »Tod allen Zyklopen!«, gab der Gebieter begeistert vor.
    Und sofort stimmten all seine Untertanen mit ein.
    »Das, was Eonis von mir begehrt, übersteigt selbst meine Kräfte.« Perac lächelte kurz in stillem Triumph, als sich haltlose Enttäuschung in den Gesichtern seiner Zuhörer abzeichnete. Dann fuhr er fort: »Zumindest die Kräfte, die ich auf einen Schlag entfesseln kann, ohne selbst dabei Schaden zu nehmen. Deshalb habe ich meine Macht über fünf Mondwenden hinweg in Beschwörungen gesammelt, um sie heute auf eine Art und Weise zu verwenden, wie es noch nie zuvor möglich war.«
    Bei seinen letzten Worten enthüllte er den Gegenstand in Hatras Händen. Unter dem Tuch, das er mit einem schnellen Ruck fortzog, kam eine schwarzglänzende Kugel in der Größe eines Affenkopfes zum Vorschein.
    »Feinste Schattenjade«, pries er den polierten Stein an. »Einen Machtspeicher dieser Größe findet Ihr kein zweites Mal in Simwae. Seht selbst, wozu er fähig ist.«
    Bei dieser verabredeten Ankündigung spannte Eonis jeden Muskel seines Körpers an, ebenso sein Harem, die auserwählten Fürsten und alle königlichen Gardisten. Nur insgesamt fünfzig Leu waren in das eingeweiht, was gleich folgen sollte.
    Perac und Hatra umfassten die Jadekugel gemeinsam mit ihren Händen. Zischelnde Beschwörungsformeln, die einem Leu die Stimmbänder verdreht hätten, drangen über ihre blutleeren Lippen. Um sie herum wurde es still. Nicht nur die beiden Schlangenmagier, alle Anwesenden im Saal konzentrierten sich auf den bevorstehenden Zauber.
    Zunächst fing die schwarze Kugel an zu glänzen, dann stiegen kleine Lichtbögen von ihr auf. Es war so weit, ihre Magie begann zu wirken. Die dabei freigesetzte Macht war so stark, dass die Welt hinter der bekannten Welt in Bewegung geriet.
    Der Boden unter Myandor erbebte, Sturm kam auf. Von draußen erklang ein lautes Heulen, als der Wind über die Weiße Stadt hinwegfegte. Eonis spürte ein heißes Prickeln im Nacken, das sich rasend schnell über seinen ganzen Rücken ausbreitete. Den Leibgardisten erging es nicht viel besser, doch auch sie litten stumm, während die Gryff unruhig umhertänzelten und schnarrende Laute ausstießen.
    Eine dunkle Macht fuhr zu ihnen in die Halle herein, griff nach ihnen und durchdrang sie. Erste Todesschreie erklangen.
    Der Blutzoll – nun wurde er gezahlt.
    Eonis spürte eine fremde Kraft in sich vor- und zurückfluten. Ein Weben und Wirken, als würden Myriaden scharfer Klingen in sein Fleisch fahren und es in kleinste Stücke zerschneiden, nur um es neu anzuordnen und sogleich wieder zu vernähen. Perac hatte ihn auf dieses Gefühl vorbereitet, darum wusste der Gebieter aller Leu, dass er diesen Schmerz aushalten musste. Er musste die Verwandlung still über sich ergehen lassen, obwohl sein Selbsterhaltungstrieb etwas ganz anderes von ihm verlangte.
    Glühende Qualen füllten seine Welt aus. Plötzlich war da nur noch Schmerz, nur noch brennendes Feuer, das Eonis verzehrte.
    Der Herrscher wusste nicht, wie lange dieser Zustand andauerte, sondern spürte nur, wie er sich seiner Umgebung plötzlich wieder bewusst wurde. Anfangs glaubte er völlig aus dem Gleichgewicht geraten zu sein, denn er fühlte keinen Boden mehr unter den Füßen. Erst als sich sein Blick vollständig geklärt hatte, begriff er, dass er über den Köpfen der versammelten Menge schwebte. Die Gryff krümmten sich dagegen, zu flügellosen Schatten verkohlt, auf dem von Ascheflocken bedeckten Marmor.
    Beim Steppengott mit der Silbermähne, es war gelungen! Das große Blutopfer, das den Leu zu neuer, bisher ungeahnter Macht verhelfen würde. Eonis wusste es, noch ehe er den Schwingenschlag zu seiner Rechten spürte.
    Stolz flammte in ihm auf, als er seine Favoritin sah, die begeistert mit ihren Flügeln schlug und dabei so wirkte, als wäre sie mit ihnen geboren worden. Es waren nicht die rabenschwarzen Schwingen der Gryff, die Kimues Schultern entsprangen, sondern goldgelbe, die perfekt mit dem

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