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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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schließlich die Flügel der Todgeweihten einfach den Leu angehext.
    Aber … das stimmt doch gar nicht! Eonis spürte, wie ihm heiß und kalt zugleich wurde. In Wirklichkeit haben wir die geschnäbelten Fürsten hinters Licht geführt, das weiß ich genau!
    Wider besseres Wissen erinnerte er sich gleich darauf der heißen Tränen, die er für Razar und die anderen waidwunden Gryff vergossen hatte, und der wilden Freude darüber, die hinterlistigen Zyklopen in ihrem Namen niedermachen zu dürfen.
    Seltsam . Diese falschen Erinnerungen, die immer neue Bilder zu Tage förderten, fühlten sich vollkommen echt an. Beinahe noch echter als die Wahrheit, die ihm so gut bekannt war! Verstört schüttelte Eonis den Kopf, um endlich das Lügengespinst abzuschütteln, das seine Erinnerung zu umgarnen drohte.
    Überlagerten die falschen Bilder erst einmal die echten, war es möglicherweise für immer zu spät! Erst, als sein umherirrender Blick den von Hatra kreuzte, ging ihm auf, dass Peracs Zauber diesmal viel feiner und hintersinniger wirkte als bei der brachialen Verwandlung in einen Greifen.
    Die salbungsvollen Worte, die der Großmeister sprach, enthielten pures Gift. Es waren Machtworte , die sich in den Köpfen der Zuhörer festsetzten und dort ein Eigenleben entwickelten, das die Gedanken und Gefühle ihrer Opfer rasch beeinflusste. Ja, die sogar imstande waren, die Erinnerung an selbst Erlebtes zu verfälschen!
    Sogar einige Gardisten aus Eonis’ Leibgarde weinten vor Ergriffenheit, als sie an die toten Gryff zurückdachten, die ihnen angeblich so gute Freunde gewesen waren. Um wie vieles einfacher musste es da sein, die tumben Trutzadler zu belügen?
    Hatra schenkte Eonis ein belustigtes Lächeln, in dem er auch eine Spur von Verheißung zu entdecken glaubte. Oder bildete er sich das unter dem Einfluss der Zyklopentränen nur ein?
    Der König wusste es nicht.
    Doch eins stand für ihn fest. Dieser elende Schlangenpriester war noch weitaus gefährlicher, als er geahnt hatte. Wahrlich, das Volk der Leu musste den Tag fürchten, an dem Peracs gespaltene Schlangenzunge versuchen würde, auch sie zu willenlosen Sklaven zu machen …

8. Tumult im Turm
    Aus dem Schatten einer Ulme heraus beobachtete Rorn, wie Veneas Gestalt langsam durchscheinend und schließlich gänzlich unsichtbar wurde. Dem Rascheln am Efeuspalier nach zu urteilen schwebte sie anschließend senkrecht die Südmauer hinauf.
    Verglichen mit anderen Magiern, die schon seinen Weg gekreuzt hatten, bewegten sich die Schattenschwestern auf der Stufe mäßig begabter Adepten. Indem sie ihre Kräfte bündelten, vermochten sie doch das eine oder andere Hindernis zu überwinden. Tabeth und Bree – es war nicht schwer gewesen, ihre Namen in Erfahrung zu bringen – schien es darüber hinaus an der Erfahrung zu fehlen, die Venea vorzuweisen hatte. Wer auch immer die Schattenmutter war, die der Schwesternschaft vorstand, sie scheute sich nicht, Novizinnen die Arbeit von erfahrenen Hexen erledigen zu lassen.
    Noch während Rorn überlegte, ob dies auf Verzweiflung oder kalte Berechnung schließen ließ, bröckelte oben am Fenster feiner Putz in die Tiefe. Bei Veneas Einbruch schien nicht alles wie geplant zu laufen. Tabeth und Bree schrien vor Schreck leise auf.
    Rorns Herzschlag beschleunigte sich.
    War die Hexe etwa auf ein Siegel gestoßen, das sie zum Fenster hinausbeförderte? So gerne er das Weibsstück auch übers Knie gelegt hätte, so wollte er es doch nicht mit zerschmetterten Gliedern auf dem Boden sehen.
    Der befürchtete Aufschlag, auf den er sich innerlich eingestellt hatte, blieb zum Glück aus. Stattdessen erklang ein leises Poltern jenseits des Fensters, das die draußen verbliebenen Schattenschwestern aufatmen ließ.
    Venea war noch einmal mit dem Leben davongekommen.
    Fest in ihre Mäntel gehüllt blieben Tabeth und Bree am Fuße des Turms hocken. Rorn brauchte nicht einmal einen Zweig zur Seite schieben, um die beiden im Auge zu behalten. Das gleiche Strauchwerk, das sich sonst nach jedem lebenden Besucher verzehrte, hielt so weit wie möglich Abstand zu ihm. Einen Vorteil musste es ja haben, dass das Blut, das durch seine Adern floss, verdorben war.
    Grimmschnitter spielte hingegen fast verrückt.
    Angesichts des lebenden Gartens erzitterte er so stark, dass Rorn den Schwertgriff festhalten musste, um ein Klappern der Waffe zu verhindern. Die Klinge hätte sich nur zu gerne in das umliegende Holz gefressen, um sich die darin verborgene Magie

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