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Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht

Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht

Titel: Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constance Banyon
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auf mich.“
    Arabella betupfte sich mit einem Spitzentaschentuch die Augen, wie sie es auf der Bühne oft bis zur Vollkommenheit ausspielte. Damit hatte sie auch stets die angestrebte Wirkung auf ahnungslose Herren ihrer Umgebung höchst zufriedenstellend erprobt.
    „Nicht doch, die Schuld trägt hier bloß der Tod, der Royal die Eltern raubte. Sie hat so sehr gelitten, die Ärmste.“ Unter halbgesenkten Lidern schaute sie zu Damon Routhland auf. „Lassen Sie nicht zu, daß das Kind noch mehr Leid ertragen muß.“
    Er klatschte in die Hände und verneigte sich. „Bravo, Arabella, eine ausgezeichnete Vorstellung. Nun begreife ich auch, daß Sie in Paris solche Triumphe beim Theater feiern und alle Ihnen zu Füßen liegen. Dennoch sollte ich Sie nicht darüber im unklaren lassen, daß ich Voltaire gelesen habe und Ihren Monolog aus der Artemise kenne.“
    Arabella warf den Kopf verächtlich in den Nacken. „Wie hätte ich voraussetzen können, daß Sie in der französischen Bühnenliteratur bewandert sind? Man erwartet nicht, daß hier in den Kolonien Voltaire im Original verstanden wird.“
    „Vielleicht hätte ich vorausschicken müssen, daß meine Mutter nicht nur Französin, sondern auch eine leidenschaftliche Anhängerin guten Theaters war. Von Kindheit an bin ich deshalb mit den großen Dichtern Frankreichs vertraut. Vieles kann ich Ihnen Zeile für Zeile aus den bedeutendsten Werken zitieren.“
    Arabella sprang unvermittelt auf und trat ganz dicht an Damon Routhland heran. „Ich gebe zu, daß ich alles tun würde, was in meiner Macht steht und ich für nötig halten könnte, um Sie umzustimmen. Aber ich liebe meine Nichte aufrichtig und wünsche mir nichts sehnlicher, als sie mit nach Paris und zu mir zu nehmen.“
    „Das glaube ich Ihnen, Arabella.“
    Sie legte ihm die Hand auf den Arm und sah ernst zu Damon auf. „Ich bitte Sie, Damon, vergessen Sie, was zwischen uns gewesen ist, und geben Sie mir Royal. Ihnen bedeutet sie nichts. Sie kennen sie ja nicht einmal richtig.“
    Nachdenklich betrachtete er die schmale Hand in dem modischen Handschuh. „Wenn Sie meinen, ich hätte das Sorgerecht über Royal Bradford nur übernommen, um mich damit an Ihnen zu rächen, so täuschen Sie sich, Arabella.“ Er schob sie von sich und trat einen Schritt zurück. „Ich gebe zu, daß ich aus Neugierde bei der Testamentseröffnung anwesend war. Und ich leugne auch nicht, daß es eine Zeit gab, in der ich mir wünschte, Sie leiden zu sehen. Aber das alles zählt heute nicht mehr. Ob Sie mir glauben oder nicht, Arabella, reines Erbarmen für ein trauriges kleines Mädchen bestimmte meine Handlungsweise und machte mich zum Vormund Ihrer Nichte.“
    „Ich hätte mir nicht träumen lassen, daß ein Mann so empfinden könnte. Damals freilich hätte ich das eher verstanden, aber nun?“
    „Wieweit sind Sie mit der finanziellen Lage Ihres verstorbenen Bruders vertraut, Miss Bradford?“
    „So gut wie nicht“, gab sie zu. „Douglas und ich … seit ich meinen eigenen Weg einschlug … nun, Sie haben gehört, was über mich in dem Testament geschrieben steht. Ich war keineswegs überrascht, daß er weder mir noch unserem Cousin Victor die Vormundschaft übertragen wollte. Aber warum hat er Sie gewählt, Damon, ausgerechnet Sie?“
    „Ich verstehe. Sie haben die Gerüchte gehört, den Klatsch.“
    „Jeder weiß, daß Sie ein hinreißender Salonlöwe sind, der alle Frauenherzen schneller schlagen läßt.“ Der Ausdruck ihres Gesichtes verdüsterte sich. „Ich halte einen solchen Ruf nicht gerade für eine Empfehlung, Ihnen ein unschuldiges kleines Mädchen anzuvertrauen.“
    „Seien Sie im Fall Ihrer Nichte ganz unbesorgt. Sie wird in allernächster Zeit nach England reisen, und ich werde kaum persönlichen Kontakt zu ihr haben. Ich beabsichtige keineswegs, Royal zu verführen. Wie Sie wissen, habe ich eine Schwäche für reifere Frauen.“
    Arabella überhörte die Anspielung. „Wenn Sie mir das Kind schon nicht lassen wollen, so werden Sie doch nichts dagegen haben, daß ich Royal hin und wieder in London besuche, oder etwa doch?“
    „Sie können Sie natürlich sehen, aber ich verbiete Ihnen, das Mädchen aus der Schule wegzuholen.“
    „Was sind Ihre Pläne für Royal?“ Arabella Bradford atmete gepreßt.
    „Ich halte mich in allem an den Letzten Willen Ihres Bruders. Deshalb habe ich an die Vorsteherin der Fulham School geschrieben, man möge Royal Bradford dort aufnehmen. Die Antwort steht noch aus.

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