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Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht

Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht

Titel: Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constance Banyon
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segelt doch nicht zu den Kolonien, um in diesem unseligen Krieg zu kämpfen? Das ist es nicht? Sag mir, daß es nicht so ist, Alissa.“
    „Doch, er reist in die Kolonien“, räumte die junge Lady ein. „Aber nicht, um drüben in die Kämpfe einzugreifen. Als zukünftiger Duke of Chiswick kann er nicht in die Armee eintreten. Man schickt Preston in diplomatischer Mission hinüber. Das ist alles, was ich weiß.“ Obwohl Lady Alissa selbst ziemlich besorgt über diesen Auftrag des Bruders war, gelang es ihr, tröstend zu sprechen. „Meine Mutter meint, Frauen sollten sich nicht den Kopfüber Kriege und dergleichen zerbrechen. Wir werden uns eben vorstellen, Preston wäre auf irgendeine längere Reise gegangen.“ Sie lächelte, es wirkte nicht sehr überzeugend. „Ich für meinen Teil werde es jedenfalls so halten.“
    Royal fand keine Worte. Noch war der Schmerz viel zu neu, der sie quälte, nämlich Preston nicht mehr wiederzusehen.
    „Oh, ich hätte es beinahe vergessen“, rief da Lady Alissa. „Heute abend kam ein Brief für dich. Ich habe deiner Zofe befohlen, ihn dir an den Spiegel zu stecken. Hast du das Schreiben bekommen?“
    Royal glitt aus dem Bett und eilte zur Frisierkommode. Sie erkannte sofort die Schrift des Sekretärs auf dem Umschlag und wog den Brief unschlüssig in der Hand.
    „John Bartholomew“, sagte sie zögernd, „der Sekretär meines Vormundes.“
    „Dann lasse ich dich jetzt allein.“ Lady Alissa erhob sich und umarmte Royal herzlich. „Ich hoffe, du weißt, wie gern ich dich habe. Preston kann selbst zusehen, daß ihm keiner etwas Böses tut, aber ich möchte nicht, daß dir einer ein Leid zufügt. Niemand soll dich verletzen, Royal.“ Damit schlüpfte Alissa hinaus und zog die Tür lautlos hinter sich ins Schloß.
    Royal sah der Freundin nach, öffnete dann mit bebenden Händen den Brief und las:
    Liebe Miss Bradford,
    Ihre Studienzeit in London nähert sich dem Ende, und im Auftrag von Mr. Routhland habe ich Mr. Webber angewiesen, die Rückreise für Sie zu veranlassen.
    Mr. Routhland läßt Ihnen durch mich versichern, er verpfände Ihnen sein Wort, daß Sie keinerlei Besorgnis wegen des Kriegszustandes zu haben brauchen. Es wird jede Vorkehrung getroffen werden, Ihnen eine gesicherte und angenehme Überfahrt zu gewährleisten. Sobald alles erledigt ist, wird man Sie benachrichtigen …
    Royal starrte auf das Briefblatt, ohne noch etwas zu sehen. Nun war also der Tag gekommen, auf den sie so lange gewartet hatte. Und sie sehnte sich keineswegs mehr nach Savannah zurück. Sie fragte sich, ob denn Damon Routhlands Einfluß wirklich so groß wäre, daß er einfach über den Ozean herüber, über alle Schranken dieses Krieges hinweg die Heimkehr seines Mündels befehlen konnte. Sie warf das Schreiben auf den Toilettentisch. Nein. Sie würde nicht nach Georgia reisen. Sie war nicht mehr dasselbe Mädchen, das vor vier Jahren so ungern englischen Boden betreten hatte. Und sie empfand keinerlei Wohlwollen für Aufrührer. Hier wollte sie leben und nicht mehr dort drüben.
    Sie ließ sich auf das Bett fallen, fest entschlossen, Mr. Bartholomew eine Absage zu erteilen. Damon Routhland konnte sie nicht zwingen, die neugewonnene Heimat zu verlassen. Aufschluchzend preßte Royal das Gesicht in die Kissen. Ihr schwirrte der Kopf, so daß sie die Fingerspitzen gegen die pochenden Schläfen drückte, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Der Gedanke an Damon Routhland übte einmal mehr eine beruhigende Wirkung auf ihr aufgewühltes Gemüt aus.
    Royal sah im Geiste den Blick der goldbraunen Augen auf sich gerichtet, verständnisvoll und gütig wie damals, als er ihr versprochen hatte, sich um sie zu kümmern. Genau das hatte auch Preston getan.
    Plötzlich hörte sie die dunkle Stimme Damon Routhlands. Beim Abschied hatte er auf ihre Frage, ob er sich auch immer an sie erinnern würde, ganz ernst geantwortet: „Ich habe mir Ihre Züge ganz fest eingeprägt. Jetzt stehen sie mir ins Gedächtnis geschrieben.“
    „Versprochen“, hatte sie eindringlich verlangt, und er hatte genickt.
    „Versprochen.“
    Was sollte sie bloß tun? Wo war sie wirklich zu Hause? Wohin gehörte sie? Und gab es überhaupt einen Menschen, zu dem sie jemals gehören würde?
     
    *
     
    Liebster Papa,
    nie in meinem ganzen Leben bin ich so verwirrt gewesen wie heute. Ich wollte, ich hätte Deine Erfahrung. Wohin das Schicksal mich wohl noch verschlagen wird, weiß ich nicht, nur, daß ich an diesem Morgen Preston

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