Baphomets Bibel
Blanc?«
»Von wem sonst?«
»Kannten Sie ihn gut.«
»Nein, John, nein. Mehr seine Schwester. Wir haben uns öfter getroffen und Gespräche geführt. Über Gott und die Welt. Das ist auch alles wunderbar gewesen, aber dann kam der Hammer. So locker möchte ich es mal ausdrücken.«
»Was passierte?«
Jaques griff zu seiner Tasse. Als er sie anhob, zitterte seine Hand leicht. »Es traf mich wie ein Schlag aus heiterem Himmel. Die konnte die Verwandlung des Mannes nicht nach vollziehen, ich bleibe jetzt neutral, als er davon sprach, dass er die Firma hasste. Ja, er hasste die Institution, der er jahrelang treu gedient hat. Das war für mich unbegreifbar.«
»Warum tat er das?«
Der Pfarrer hob die Schultern. »Fragen Sie mich das nicht so direkt. Seine Schwester hat es mir erzählt. Er hat sich all die Jahre lang unterdrückt gefühlt. Nicht verstanden von seinen Vorgesetzten, die allesamt seiner Meinung nach auf einem sehr hohen Ross saßen. Zudem unterbezahlt, was ich sogar verstehen kann. Aber er hat nie ein Wort gesagt und sich nie beschwert. Das meinte auch seine Schwester.«
»Und jetzt will er zuschlagen und sich rächen. Ist das so?«
Jaques wiegte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob der Begriff Rache unbedingt passt. Aber er hat sich in all den Jahren ein geheimes Wissen angeeignet. So bin ich davon überzeugt, dass er genau weiß, wo das Buch versteckt ist.«
»Wissen Sie es auch?«
Nahezu treuherzig schaute mich der Pfarrer an. »Nein, John, das weiß ich nicht.«
»Aber Sie wissen, dass es existiert.«
Er hob den rechten Zeigefinger. »Sagen wir es anders. Ich gehe mal davon aus, dass es das Buch gibt.«
Ich schlug die Beine übereinander und sagte: »So weit, so gut. Nur will mir nicht in den Kopf, dass ein Küster mehr weiß als Sie und Ihre anderen Kollegen.«
»Wir haben uns aus bestimmten Gründen nicht darum gekümmert. Es ist besser, wenn man gewisse Dinge nicht anrührt. So hat Ives Blanc eben nicht gedacht.«
»Ja, verstehe«, murmelte ich und hob danach wieder meine Stimme. »Es ist ja ein Buch, Jaques, und wir befinden uns hier in einer Bücherei. Könnte es nicht sein, dass es hier versteckt ist?«
»Nein!«
»Sicher?«
Er warf seinen Kopf nach hinten und lachte. »Ich bin mir sehr sicher. Ich kenne hier jedes einzelne Buch. Und auch die, die in der Werkstatt liegen und noch bearbeitet werden. Sie können sich darauf verlassen, dass sich diese verfluchte Bibel nicht hier befindet. Man hat sie damals woanders verborgen.«
»Und wo könnte das sein? Haben Sie eine Vermutung?«
Er dachte nicht lange nach. »Eingemauert unter der Erde. Das ist der sicherste Platz.«
»Stimmt. Nur wenn man es bergen will, wird das ohne Aufsehen nicht abgehen. Man braucht Geräte, um den Boden aufzubrechen. Möglicherweise in der Kathedrale. Ich bezweifle, dass man sich das leisten kann. Sollte die Baphomet-Bibel tatsächlich in der Erde verborgen liegen, dann müsste es auch einen normaleren Weg geben, um an sie heranzukommen. Durch einen geheimen Gang, zum Beispiel.«
»Nicht schlecht gedacht.«
»Gibt es den hier?«
Der Geistliche überlegte und krauste dabei seine Stirn. »Ja, es gibt eine Welt unter der Kirche. Sie ist auch zur Besichtigung freigegeben. Nur eben nicht alles.«
»Aha.«
»Nein, nein, John, nicht so schnell. Der Teil, der nicht besichtigt werden kann, dient als Lager und Werkstatt. Er ist eine Filiale der Dombauhütte.«
»Was halten Sie von geheimen Gängen?«
Jaques senkte den Blick. »Nicht viel, aber es könnte sein.« Er schaute mich an. »Kennen Sie die Geschichte der Kathedrale?«
»So einigermaßen. Ich weiß, dass sie früher öfter abgebrannt ist. Und ganz früher hat es an dieser Stelle wohl eine heidnische Kultstätte gegeben. Seltsamerweise mit einer Frau nebst Kind. Das ist schon sehr ungewöhnlich.«
Jaques gab mir Recht. »Diese Kirche hat eben viele Menschen angezogen. Gläubige und weniger gläubige. Ich kann Ihnen noch mal versichern, dass ich nicht in der Lage bin, Sie zum Versteck des Buches zu führen. Das ist mir drei Nummern zu hoch.«
Ich glaubte ihm. Es gab keinen Grund für ihn, mich anzulügen. Hier hatte ihn ein Küster überspielt. Ein Mensch, der über Jahre hinweg unter Frustrationen gelitten hatte und immer einem Ziel nachgelaufen war, das er letztendlich auch gefunden hatte. Nicht die obere Etage in der Hierarchie, sondern eine von denen im Dunkeln, die man, laut Brecht, ja nicht unbedingt sieht.
Jaques machte auf mich einen sehr
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