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Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Titel: Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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übriggeblieben ist. Zheziri reichte vor fünfhundert Jahren nördlich bis zum Meer – bis die Anarchovegetarier gekommen sind. Jetzt ist es klein. Es gibt noch eine zweite Zheziri-Station, aber vorher durchquert die Strecke einen Zipfel des AV-Gebiets.«
    Oubou setzte sich auf und zwinkerte. »Und haben die hier denn keine historischen Aversionen? Immerhin heißt das doch, daß die AVs ihnen ihr Land genommen und ihre Vorfahren umgebracht haben.«
    Dante nickte. »Das heißt es. Aber sie haben beschlossen, die Vergangenheit nicht anzutasten. Das Hochtal hat sich damals unter den Schutz der Königin von Kelgarla gestellt. Als das Commonwealth eingriff und die gewaltsame Expan sion der Avs stoppte, waren die Zhezirishil fast ausgestor ben. Seitdem gibt es im Tal eine seltsame Entwicklung, für die niemand einen Grund weiß. Nur jedes zwanzigste Kind ist ein Junge. Dadurch haben sich sehr komplizierte Strukturen gebildet. Und natürlich sind männliche Besucher willkommen, auch wenn sie aus Gashiri stammen.«
     
    Am Nachmittag durchfuhren sie eine leere Station. Auch dieses Gebiet unterstand nominell der Königin. Dante wußte keine Erklärung für das Fehlen der Hüter.
    Am Abend – sie hatten bis hierhin etwa 500 Kilometer zurückgelegt – erreichten sie die einzige Station, die auf dem Territorium von Gashiri lag, im äußersten Süden der AV-Union. Die Besatzung bestand aus sieben Leuten – vier Frauen und drei Männern. Eine mürrische Frau unbestimmbaren Alters hatte das Kommando und wies den drei Reisenden unbequeme Kojen an. Auch das Nachtmahl war bescheiden. Zu ihrem Bedauern konnten sie die Reise nicht sogleich fortsetzen; die Wagen verfügten zwar über Bremseinrichtungen, damit die Insassen bei Zwischenfällen anhalten konnten, aber nachts war nicht zu sehen, ob sich zum Beispiel eine Herde wilder P’aodhus auf den Steinbändern herumtrieb.
    Am Morgen gab es ein fürstliches Frühstück, das die Kommandantin vom Vorabend auf Geheiß einer alten Frau, die an diesem Tag Haupthüter der Station war, anfertigen mußte.
    Weiter. Die Landschaft änderte sich von Stunde zu Stun de. Sie fuhren durch ausgedehntes Buschland, überquerten auf weitgeschwungenen Steinbrücken phantastische Schluchten, glitten über karge Hochflächen, passierten ungeheure Bergfestungen (in denen kriegerische Greise saßen und den Feind im Norden beobachteten); am Morgen des vierten Reiseta ges verließen sie die gastlichen Höhlen zwergwüchsiger Murs hil, die den Sand als letztmögliche Verfeinerung der göttlichen Berge anbeteten, und erreichten abends Pfahldörfer in einem Hochmoor, wo die wenigen Bewohner sich mit Sumpfgasen berauschten und Krötenlaich aßen. Am fünften Tag passierten sie durch tief eingekerbte Pässe eine Bergkette, die den Himmel stützte, und gelangten in eine rote Wüste aus Eisensand; danach kamen sie in einen unendlichen Farnwald. Am elften Tag durchquerten sie fruchtbare Hochebenen voller Getreide, Dörfer und Bäche, und am zwölften erreichten sie die letzte Bergkette vor dem Hang der Westküste. Von der Plattform der Station aus sahen sie fern die Sonne über einer glitzernden Fläche untergehen.

 
8. Kapitel
     
    Sie hatte kaum geschlafen. Seit eineinhalb Jahren hielt sie sich in Gashiri auf. Sie hatte als Hafenkellnerin gearbeitet, als Packerin einer Transportkommune, Aufseherin einer Flußgaleere, Schreibkraft in einer Kooperative. Sie hatte die AV-Kost heruntergewürgt und sich daran gewöhnt, sie hatte sich an den politischen und sexuellen Riten beteiligt, soweit es unvermeidbar war. Nun war sie erstmals absolut allein. Sie lag am Rand eines Laubwaldes im zentralen Hochland von Gashiri und wartete auf die Morgendämmerung. Sie dachte an Barakudas Ausführungen über die zeitlichen Grenzen des Agenteneinsatzes auf Shilgat – »Gebräuche der Umgebung, an die man sich anpassen muß, führen mit der Zeit und der Gewöhnung zu einer inneren Anpassung; was anfangs Maske ist, wird später Teil des eigenen Wesens. Das ist der spätestmögliche Zeitpunkt, zu dem ein Agent ausgetauscht werden muß.« Mit Entsetzen begriff sie, daß dieser Zeitpunkt für sie längst gekommen war. Es hatte ihr nichts ausgemacht, in den diversen Kommunen zu leben, sich wie eine Anarchovegetarierin zu benehmen und dabei mit Gedanken zu spielen, die Gashiri völlig fremd waren. Sie erin nerte sich an die Nacht am Fluß, als sie Tontarg getötet hat te; an ihre Überlegungen anhand der springenden Fische, an die Gedanken

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