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Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Titel: Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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dritte Teil war sie selbst, die alte Toyami, die bei der entsetzten Betrachtung der rebellierenden Teile begriff, daß sie den dritten Teil, den eigentlichen, nicht kannte.

 
9. Kapitel
     
    Abenddämmerung weichte die Farben der grauen Steingebäude mit ihren bunten Fenstern, braunen Balken und grünen Dachschindeln auf. Das Meer pulsierte schwarzblau. Die Bauern der Umgebung räumten ihre Theken ab, packten die Reste von Obst, Gemüse und Getreide mit den Brettern auf Karren. P’aodhus blökten, grunzten und rülpsten. Eine gelblich-braune Mischung aus dem Saft zerquetschter Früchte, Putzwasser und Ausscheidungen, durchsetzt mit Abfall, kroch die Kopfsteinstraße hinab. Barakuda inhalierte den Duft des heißen, mit einem unbekannten Alkohol versetzten Kräutertees. Terence Learoyd beobachtete die Sprünge der Bauern und Bäuerinnen und lauschte ihren Verwünschungen. Weiter oben hatten drei Leute Schläuche gelegt und eine Pumpe mit ausladenden Wipp-Schwengeln in Betrieb genommen. Ein armdicker Wasserstrahl peitschte die Straße, ein Vorhang von Spritzern stieg auf. Vlad Oubou legte die Füße auf das Geländer und nickte beifällig. Unterhalb der Terrasse des Gasthauses hüpften Bauern, späte Kunden und allerlei Passanten, um den Fluten zu entgehen. Zeternde P’aodhus, von den jähen Benetzungen irritiert, setzten sich mit halbbeladenen Karren in Bewegung.
    Mit seinem dampfenden Becher wies Xhadruga auf das Ende der parallel zum Hafen verlaufenden, nordwärts abfallenden Straße.
    »Da sind Gruben«, sagte er.
    Am Ende der Straße standen keine Häuser. Ein dünner Strich schien dort zu verlaufen; dahinter dehnten sich schroffe Küstenfelsen aus.
    Barakuda rümpfte die Nase und betrachtete den dünner und schneller fließenden Brei. Die meisten Leute hatten sich inzwischen in Sicherheit gebracht, die P’aodhus beruhigten sich, und Kinder tobten durch die glitschigen Bäche.
    »In den Gruben«, fuhr Xhadruga fort, »sind Karren und Reformer. Die Reformer schaufeln das, was von oben neben die Karren fällt, auf die Ladeflächen und fahren alles auf die Felder.«
    Learoyd riß seinen Blick vom Panorama los, kratzte sich den roten Schopf und sah den alten Shil fragend an.
    »Ach so«, sagte Xhadruga. Er lächelte. »Reformer – das sind Leute, die gelegentlich glauben, so etwas wie eine Regierung einrichten zu müssen. Wir stecken sie dann in die Gruben oder weisen ihnen andere nützliche Aufgaben zu, bis sie wieder zur Vernunft gekommen sind.«
    Xhadruga war ein weitgereister Händler; seit er in Cadhras Geschäfte gemacht hatte, kannte Barakuda ihn. Seither kannte Xhadruga auch solche bizarren Begriffe wie Regierung.
    Auf der anderen Seite der Straße begann das Gewirr der kleinen und kleinsten Häuser und Gassen der Hafengegend. Von der Terrasse war das Meer gut zu sehen. Das Gasthaus ragte weit über alle anderen Gebäude hinaus.
    Der Hauptort der Bundashil lag im Scheitelpunkt einer halbkreisförmigen Bucht; die Entfernung zwischen den Kaps im Norden und Süden betrug fast 200 km. Beide Kaps waren die Vorsprünge schroffer Gebirge, die das Land der Bundashil nach Norden und Süden von der Welt trennten und sich im Pangotischen Ozean in Inseln fortsetzten. Im Osten stieg der Boden in seltsam regelmäßigen Schichten an – Hügel, Plateau, nächsthöherer Hügelzug, nächstes Plateau. Unmittelbar nördlich von Bu’ndai bildete erstarrter Basalt Flächen, Dome und Schrunde an der Küste. Wo der Basalt endete, begann Schwemmland. An der Grenze zwischen Humus und Basalt hatten die Bundashil den großen Graben der Reinlichkeit gezogen; nach Süden stieg das Land an, so daß die Straßen mühelos abgespült werden konnten.
    Am oberen Ende der großen Nord-Süd-Straße stand der Ratskerker, ein Gebäude aus zweimal mannshohen Basaltsäulen, die mit Abständen von etwa einem Meter aufgerichtet waren. Das Dach bestand aus lockeren Sparren, die ebenfalls große Zwischenräume aufwiesen und weder Wind noch Regen abhalten konnten. In diesem rundum offenen Käfig wurden die ausgelosten Träger der »Entehrenden Bürde des Verhaltens und Verwesens« aber keineswegs gefangengehalten, wie Dante angenommen hatte.
    »Nein, nein«, sagte Xhadruga kopfschüttelnd. »Das wäre denn doch zuviel. Die Einrichtung einer amüsanten Sinnlosigkeit wie Ordnung und Herrschaft sollte nicht so ernst genommen werden, daß Menschen darunter leiden.«
    Barakuda warf ihm einen schrägen Blick zu. »Ich hörte aber«, sagte er, »daß es

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