Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir
Shilgat zu bleiben, wird es später sehr schwer werden, anderswo etwas Neues zu finden.«
Sie seufzte. »Ja, ich weiß. Danke für das Vermissen. Aber meinst du, nach der Zeit hier und all den Krisen und Erlebnissen hätte ich Lust, noch mal irgendwo als kapitá Garnisonsdienst zu tun?«
Barakuda beugte sich vor und sah ihr in die Augen. »Hör zu. Du hast mehr als zwei Jahre Sonderdienst hinter dir und mindestens ein Bein in der Commonwealth-Abwehr. Nach den Vorfällen und der Extremsituation auf Shilgat geht es bestimmt für alle eine Stufe treppauf. Und du hast gute Ar beit geleistet. Mit ein bißchen Glück kommst du als Majorin der Abwehr in ein Sektor-HQ, vielleicht sogar nach Atenoa. Karriere, Versetzungen, andere Welten, auf denen mehr los ist als hier. In zehn Jahren bist du praetora .«
Sie nickte. »Ich weiß. Vielleicht hast du recht. Dank der AVs kann ich ja sowieso keine Kinder kriegen, also ist Karriere das Sinnvollste. Trotzdem … Shilgat ist, tja, was?«
»Shilgat ist Shilgat.«
Sie lachte. »Weise gesprochen. – Außerdem ist mein Problem lösbar. Überhaupt das Problem der Garnison und der anderen, die für das Gouvernement gearbeitet haben. Mir tun bloß die armen Kollegen vom Territorium leid.«
Die bisherigen Angestellten und Beamten des Gouvernements unterstanden letzten Endes dem Sekretariat für Dominien und Protektorate auf Gaia und mußten übernommen werden; die Administration des Commonwealth mußte entsprechende Stellen für sie finden, und die Milchstraße bot genügend Einsatzmöglichkeiten. Das Autonome Territorium des Isthmus war jedoch keine Commonwealth-Einrichtung gewesen.
»Allein die Gendarmerie«, sagte Sarela. »Das Kommissariat wird bestimmt eine kleine Polizeitruppe aufstellen, aber was wird mit all den anderen?«
»Ataratz bastelt an Plänen. Ich weiß aber nicht, wie weit er damit ist.«
Der alte Präfekt der Gendarmerie war im Isthmus geboren und würde bleiben. Aber nicht alle, die bisher für die Administration des Territoriums gearbeitet hatten, konnten auf Subsistenzlandwirtschaft oder Fischerei umsteigen.
»Wir brauchen möglichst schnell Klarheit«, sagte Dante nachdenklich. »Klarheit über die genauen Befugnisse und Statuten des Kommissariats und die weitere Entwicklung. Und nach dem Ende der Quarantäne brauchen wir einen gewaltigen Touristenschub und einen furchtbaren Wirt schaftsaufschwung. Oder genug Fatalismus und Einfallsreichtum, um mit dem totalen Zusammenbruch und Neubeginn unter unbekannten Umständen fertig zu werden.«
Sarela ging zurück zu ihrem Büro im Tower des Raumhafens, der seit fast zwei Jahren nur noch als Kommunikationszentrale diente. Dante begab sich zur Commonwealth-Bank, wo er ein längeres Gespräch mit dem deficit manager führte.
Auch dies war eine neue Einrichtung, verkörpert durch einen Subdirektor. Das Protektorat hatte sich immer selbst finanziert – das Autonome Territorium durch Steuern (10% auf Waren, Dienstleistungen, Einkünfte im Isthmus), das Gouvernement durch Zölle (10% des Warenwerts aller Gü ter, die den Raumhafen passierten). Überschüsse des Gouver nements wurden, abgesehen von festgesetzten Budgetreser ven, nach Gaia abgeführt; der von Gouvernement, Territorium und Bank gemeinsam unterhaltene Finanzstab setzte die Geldmenge fest. Da das Protektorat keine eigene Münzprägung besaß und Banknoten des Commonwealth von den Shil nicht akzeptiert wurden, waren Obols, Drachmen und Talente im Gegenwert der Exportüberschüsse aus dem Commonwealth nach Shilgat gebracht worden – Münzen. Export fand nicht mehr statt, Import ebensowenig; seit fast zwei Jahren war der interstellare Handel von und nach Shilgat ein kaum noch überschaubares Spiel gewissermaßen im luftleeren Raum: Vereinbarungen per Hyperfunk, Bereitstellungsgarantien von Herstellern, die im Hinblick auf den Tag X auf Halde produzierten, Abnahmeverpflichtungen, Vorauszahlungen auf unzugängliche Konten, Umbuchungen imaginärer Beträge … Problematisch dabei war, daß reale Warenwerte ebenso existierten (da produziert wurde) wie reale Geldwerte, daß aber zwischen beiden keine realen Beziehungen hergestellt werden konnten. Das Bruttoprodukt des Protektorats betrug nach Firmenzusammenbrüchen, dem Ende des Tourismus und der Suspendierung des interstellaren Realhandels noch etwa 30% dessen, was vor der Gashiri-Krise langjähriger Durchschnitt gewesen war; gleichzeitig hatten Verschiebungen im planetaren Handel (so bezogen z. B. die
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