Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Titel: Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Dante mußte einige Gedanken zu Ende denken und umschalten; er lehnte sich gegen das Geländer und rauchte langsam eine Zigarette.
    Auf dem Nordufer des Soka verließ ein Karren den Hof der Konservenfabriken, die nur mit halber Kraft arbeiteten. Sie hatten leerstehende Schuppen und Lagerhallen angemie tet, von denen es in Cadhras seit fast zwei Jahren zu viele gab; einen Teil der Produktion mußten sie außerhalb der Stadt lagern. Ohne großes Interesse sah Barakuda, daß der Karren an der ersten Soka-Brücke vorbei geradeaus fuhr, flußaufwärts, vielleicht zum Karawanserail östlich der Stadt, dessen Umschlag wie alles um mehr als die Hälfte nachgelassen hatte, so daß auch dort Lagermöglichkeiten frei geworden waren. Vielleicht auch noch weiter landeinwärts; das fruchtbare Schwemmland zwischen den beiden Flüssen wurde nicht mehr ganz bebaut, und auf einem Stück Brachland hatte man provisorische Hallen errichtet. Dort bereiteten Leute von der Gendarmerie und der A- centuria auch eines von vielen Zeltlagern vor, zur Unterbringung der Auswanderer.
    Als er mit dem Denken fertig war, ging Barakuda zur Brücke, überquerte sie und stieg die steilen Treppen hinauf, die zwischen den Häusern der Nordstadt die Serpentinen der Straße schnitten. Der Platz vor der Territorialverwaltung war mäßig belebt; in den Arkaden-Hotels hatte das Gouvernement einige der vor zwei Jahren auf Shilgat »gestrandeten« Touristen untergebracht, und in zwei ehemaligen Restau rants befanden sich kostenlose Garküchen.
    Vito Ataratz konnte kaum über die Papierstapel auf sei nem Schreibtisch blicken. Der grauhaarige Präfekt der Gendarmerie sah schlecht aus: zu viel Arbeit, zu große Verantwortung, zu wenig Schlaf und zu schwierige Fragen.
    »Ah, Barakuda.« Er legte den Stift weg und deutete auf einen Sessel. »Richtig, wir waren verabredet. Hatte ich völ lig vergessen. Wie spät ist es?« Er bückte auf die antike Standuhr, die vermutlich von Gaia stammte und zwischen den Aktenschränken gegenüber dem Fenster verkümmerte.
    »Sie werden alt, Vito«, sagte Dante. Er setzte sich. »Frü her haben Sie nie was vergessen.«
    Ataratz rieb sich die Augen, stand auf und ging zum Fen ster. Er starrte auf das Binnenmeer, als ob es dort Antworten gäbe. Ohne den Kopf zu drehen, sagte er halblaut: »Das waren auch andere Zeiten, und in einer anderen Stadt. Den Ataratz von vor drei oder vier Jahren kenne ich nicht mehr.«
    Dante schwieg und wartete ab. Ataratz streckte sich und wandte sich um; er stützte sich auf die Lehne des zweiten Besuchersessels. »Warum ich Sie hergebeten habe«, sagte er. »Wir brauchen Ihren Rat und vermutlich Ihre Unterschrift, wenn Sie wollen.«
    »Wer ist wir?«
    Ataratz lächelte matt. »Die Welt. Shilgat. Das Gouvernement. Der Krisenrat. {11} Was Sie wollen.«
    »Worum geht es?«
    Ataratz ging sehr langsam um den Sessel herum und ließ sich hineinfallen. Ein müder alter Mann. »Wir haben endlich neue Anweisungen bekommen, gestern. Hat lang genug gedauert.«
    »Anweisungen welcher Art?«
    »Was die Zukunft angeht, das Kommissariat und so wei ter. Irgendwelche Subalternen in der Lordkanzlei hatten bemerkenswert irrsinnige Einfälle.« Ataratz schüttelte den Kopf, legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander und seufz te. »Sie kennen das ja – laut Vorschrift Soundso Nummer X hat der Posten besetzt zu werden von einer Person, die eine bestimmte Laufbahn in der Administration hinter sich hat. Und alles muß nach Plänen ablaufen, die vielleicht für den Süd pol von Gaia richtig sind, aber keinerlei Beziehung zur Lage auf Shilgat haben.«
    Barakuda nickte. »Ein bürokratischer Grundsatz. Stammt wahrscheinlich aus der Zeit vor Hammurabi. Und wie sehen die neuen Anweisungen aus?«
    Ataratz grinste plötzlich und sah fünf Jahre jünger aus. »Ly… die Gouverneurin hat es zuerst per Hyperfunk auf dem Dienstweg versucht, ohne Ergebnis; dann hat sie ihre Beziehungen eingesetzt. Sie wissen ja, sie gehört zu einer der noblen Familien von Atenoa. Ich glaube, irgendein Ver wandter von ihr hat mit der Lordkanzlerin zusammen stu diert, oder so. Jedenfalls hat sich die Lordkanzlerin persönlich eingeschaltet, und auf einmal geht alles, was vorher streng verboten war. Das Kommissariat wird nicht nach Standardvorschrift Y, sondern nach den Vorschlägen eingerichtet, die wir und die Shil gemacht haben. Mit ein paar Modifikatio nen. Gestern abend hat der Rat getagt.«
    Barakuda holte die Zigaretten aus seiner Brusttasche.

Weitere Kostenlose Bücher