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Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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sondern bestand aus Felsblöcken, die sich ineinander verkantet hatten. Es bedurfte jedoch eines weit mächtigeren Werkzeugs als eines Schwertes, um Bewegung in diese sicherlich schon seit Jahrzehnten festgefügte Schwere zu bringen. Selbst das sicherlich nicht unbeträchtliche Gewicht des Gottes machte der Brücke nicht das Geringste aus.
    Der Barbar wunderte sich, dass der so gut gepanzerte Gott keinen Schild und keinen Brustharnisch trug. Sein Oberkörper war beinahe höhnisch ungeschützt.
    Dies war eine Art Falle, begriff der Barbar. Wer auf den Oberkörper zielte, wurde vom Gott erwartet. Weil es naheliegend war.
    Er sprang in die Reichweite der Axt. Der Gott wartete nicht nur, sondern machte sogar einen breitbeinigen Halbschritt zurück. Er wollte den Kleineren kommen lassen und ihn so mit einem einzigen Streich austilgen.
    Der Barbar vollführte einen Fintenhieb. Der Gott machte sich ans Parieren.
    Viel zu langsam, zu schwer, zu belastet von Leder und Fell und Umhang und der dem Wind zu viel Fläche bietenden Axt.
    Der Barbar konnte zwei Lücken sehen und entschied sich, die erste, beim Ausholen des Gegners, auszulassen. Sie konnte ebenfalls eine Falle sein. Die zweite Lücke, nachdem die Axt vorbei ins Leere gerauscht war, war aber viel zu schön, um sie nicht zu nutzen. Er stach nicht nach der ungedeckten Seite. Er rammte dem Gegner das Schwert durch die lediglich mit Schlangenleder umwickelte Wade. Die Beine waren nämlich ungleich geschützt, das eine mit Metall, das andere nur mit Leder. Der Barbar entschied sich für das Leder.
    Als er das Schwert wieder herausriss, folgte ihm ein Blutfaden. Der Gegner gab ein Stöhnen von sich. Das Jammern eines Gottes.
    Wieder fintierte der Barbar. Wieder machte sich der Gott daran, einen Schlag mit der Axtstange abzuwehren, der gar nicht kommen würde. Der Barbar durchstach dieselbe Wade noch einmal. Diesmal riss er beim Heraushebeln Sehnen und Muskeln mit.
    Der Gott sackte auf ein Knie. Seine Axt rauschte waagerecht durch die Luft. Der Barbar sprang beidbeinig darüber hinweg. Er griff mit der Linken nach einem der Helmhörner, zog sich daran nach vorne und flankte über den Hingesunkenen. Der Helm, mit einer dünnen Schnur nur unterm Hals gebunden, wurde durch das Gewicht des Barbaren nach hinten gezerrt. Ein Kehlkopf, unrasiert, konnte von den schützenden drei Kinnzacken nicht mehr ausreichend abgedeckt werden. Mit rechts, mit der Schwertklinge schnitt der Barbar dem Gott den Hals durch, so tief, dass die Klinge über die Wirbelsäule schabte. Der Gott gurgelte, als würde er seine Zunge zerkauen. Durch den Helm wurde sein eigener Todesschrei sinnlos auf ihn zurückgeworfen. Die Axt schepperte losgelassen auf die Brücke und blieb dicht am Rand, schon beinahe aus dem Gleichgewicht, liegen. Der Barbar landete, eilte zu ihr hin und sicherte sie, bevor sie abstürzen konnte, während der Gott seinen Hals mit beiden behandschuhten Händen zuzuhalten versuchte. Er atmete Blut und bekam Luft in seinen Blutkreislauf. Das Röcheln glich dem eines greisen Lungenkranken.
    Der Barbar beobachtete den Bereich jenseits der Brücke, ob sich dort etwas rührte, ob das Scheppern der Axt gehört worden war. Er roch noch immer das Fleisch. Es war gewürzt, mit Bergkräutern. Jemand in der Bande verstand sich auf so was.
    Der Gott besudelte sich mit seinem Blut die gesamte Kleidung. Das missfiel dem Barbaren, denn er hatte für die Kleidung noch Verwendung. Also trat er dem kauernden Gott gegen den Rücken, damit dieser nach vorne fiel, mit dem Helm zum Rand der Brücke. Zum Ausbluten war das viel praktischer, und tatsächlich troff es schnell rot über den Rand in die Tiefe. Der Gott wand sich noch immer, stieß pfeifende Geräusche aus, weil auch seine Luftröhre durchtrennt war, und zitterte am ganzen Leib wie ein furchtsames Kind. Das dauerte geraume Zeit, während der sich der Barbar auf der Brücke unvorteilhaft etwaigen Blicken preisgegeben fühlte.
    Dann endete das pfeifende Schlottern. Der Gott war tot. Der Kampf hatte kaum drei Aktionen lang gedauert.
    Der Barbar nahm ihm den Helm ab. Darunter kam nichts weiter zum Vorschein als krauses rotes Haar und ein vor Schmerz und Furcht verzerrtes bäurisches Gesicht. Er wickelte ihm auch die Armumwickelungen ab, löste die Lederriemen über Brust und Rücken, den klobigen Gürtel mit der stilisierten Metallfratze als Schnalle und nahm sich den Umhang. Die Beine mit dem Fell, dem Metall und den vielen Segmenten waren ihm zu

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