Barbarossa, Botticelli und die Beatles
Nikolai Rimski-Korsakow, der für ihn zu einer Art Vaterfigur wird, ist fasziniert und beeinflusst von dem französischen Komponisten Claude Debussy, dessen Musik mit eng gesetzten Melodienzirkeln die Wahrnehmung und Zerlegung der Zeit einfängt und zwischen Romantik und Moderne schwebt.
Strawinski macht Sergej Diaghilew auf sich aufmerksam. Für dessen avantgardistisches Russisches Ballett in Paris verfasst er ab 1909 mehrere Werke. 1913 wird das Ballett Le sacre du printemps aufgeführt, das mit seiner außergewöhnlichen Rhythmik und Struktur der Klänge als eines der Schlüsselwerke der Musik des 20. Jahrhunderts gilt. Strawinski sagt später: »Ich war das Gefäß, durch das der ‚Sacre’ hindurchging.« Das Publikum ist schockiert. Die Uraufführung in der Pariser Oper, begleitet von Gelächter und Tumult, wird zu einem der größten Skandale der Musikgeschichte.
Während des Ersten Weltkriegs komponiert Strawinski in der Schweiz Die Geschichte vom Soldaten , eines der einflussreichsten Werke des Musiktheaters der Moderne. Strawinski wird zum Weltreisenden und interpretiert als Dirigent seine Werke. Seine Musik, die um keinerlei Publikumsgeschmack buhlt, jedoch um jedes neu zu entdeckende Terrain der Melodie und Rhythmikkämpft, fasziniert die einen und stößt die anderen ab. Er stirbt, seit 1939 in den USA lebend, im hohen Alter von fast 90 Jahren in New York. Bis zuletzt mit allen Genres experimentierend, hat er wie kaum ein anderer die Musik des 20. Jahrhunderts beeinflusst.
Franz Kafka: Entfremdung des Menschen
Franz Kafka lebt von 1883 bis 1924
In einer Nacht schreibt er in acht Stunden die Erzählung Das Urteil . Es ist sein Erweckungserlebnis als Schriftsteller. Doch Franz Kafka wird dem bürgerlichen Beruf treu bleiben und arbeitet als Beamter in einer halbstaatlichen Versicherung. Er lebt in Prag, ist deutschsprachiger Jude, seinen Vater, einen Kaufmann, nimmt er als übermächtig wahr. An ihn schreibt er 1919 den nie abgeschickten Brief an den Vater . Zwei Jahre zuvor ist Kafka an Tuberkulose erkrankt. Als er 1922 vorzeitig pensioniert wird, hat er nur noch zwei Jahre zu leben.
Seinem engsten Freund und Nachlassverwalter Max Brod trägt er zwar auf, alle seine unveröffentlichten Texte zu vernichten, doch dieser widersetzt sich und publiziert das hinterlassene Werk. Berühmt werden neben Erzählungen wie Die Verwandlung und Ein Hungerkünstler vor allem die Romane Das Schloss und Der Prozess .
Als Kafka stirbt, ist er weitgehend unbekannt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wird man auf sein Werk aufmerksam und bald sagt der Engländer kafkaesque , der Deutsche »kafkaesk« und der Italiener kennt die situazione kafkiana . Benannt wird so die von Kafka meisterhaft beschriebene Situation des Einzelnen, der seine Umwelt trotz größter Anstrengungen nicht zu durchschauen vermag und zudem Machtstrukturen und deren Mechanismen, trotz aller Bemühungen, ihnen zu entkommen, hilflos ausgesetzt ist.
Kafkas Szenarien wirken selbstverständlich und realistisch. Seine Wortwahl ist einfach und genau und entwickelt einen eigentümlichen Sog. Im Kopf des Lesers entsteht ein Bild, dass ihn in eine intensive, traumartige Realität versetzt. Die aber wird zu einem Albtraum. Seine klare, nüchterne Sprache packt den Leser zunächst kaum merkbar an der Kehle und drückt sie ihm allmählich zu.
Kafkas Werk zeigt den Menschen allein, ausgesetzt, beziehungslos, gottverlassen. Es hat nicht nur die Literatur, sondern die gesamte Kultur tief greifend beeinflusst und für Elias Canetti das 20. Jahrhundert »am reinsten ausgedrückt«.
Pablo Picasso bringt die moderne Malerei zu den Menschen
Pablo Picasso lebt von 1881 bis 1973
»Ich suche nicht, ich finde.« Diese berühmten Worte Picassos beschreiben den Künstler. Während seines gesamten langen Lebens – er wird fast 92 – findet er unaufhörlich neue Bildsprachen. Picasso steht nahezu bei jeder Stilentwicklung der Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in erster Reihe, nicht nur als Maler, sondern auch als Bildhauer, Keramiker, Grafiker. Für den Dramatiker Heiner Müller war Picasso der letzte Künstler, der noch Hunger hatte: »Danach hatte jeder nur seinen speziellen Appetit.«
Mit sieben Jahren beginnt der kleine Pablo unter Anleitung des Vaters, eines freischaffenden Malers und Kunstlehrers im spanischen Málaga, zu zeichnen und zu malen. Mit neun Jahren vollendet er sein erstes Ölgemälde. Als junger Mann besucht er eine Akademie in Madrid
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