Barbarossa, Botticelli und die Beatles
religiösen Riten, sondern auch zur Freude in den Mußestunden eingesetzt. Vermutlich haben bereits die Vormenschen vor vielleicht zwei Millionen Jahren zur eigenen Freude gemeinsam musiziert. Die Musik des Volkes wird im Mittelalter bei Festen und dem Werben um Frauen eingesetzt. Bänkelsang, Moritat und Volkslied schaffen musikalische Traditionen. Im 19. Jahrhundert entstehen Vergnügungshallen mit Ausschank und Bühnenprogramm. In Paris heißen sie Vaudeville-Theater und bringen das Chanson hervor, in London sind die Music Halls die ersten Auftrittsorte von später berühmten Komikern wie Charlie Chaplin und Stan Laurel.
Zur Wende zum 20. Jahrhundert entwickelt sich in den USA aus der Verschmelzung afrikanischer Musik und weißer europäischer Musik der Jazz. Rhythmik, Call und Response (ein Sänger singt vor, ein Chor antwortet) kommen aus der afrikanischen Musik, Instrumente, Melodik und Harmonik zu großen Teilen aus der europäischen Musik. Als erster Stil der neuen Musik gilt der New Orleans Jazz. Mit ihm wächst der junge Louis Armstrong auf.
Sein Vater ist Fabrikarbeiter, seine Mutter Putzfrau, die Großeltern waren noch Sklaven. Als Jugendlicher lernt Louis das Kornettspiel und spielt schon früh in verschiedenen Orchestern in New Orleans. 1922 folgt er seinem Mentor und Vaterersatz King Oliver nach Chicago, spielt dort in dessen Combo und entwickelt mit ihm zweistimmige Improvisationen, die als bahnbrechend gelten. Kurz darauf wechselt Armstrong zum Orchester von Fletcher Henderson und zur Trompete.
1925 geht er mit eigenen Bands – Louis Armstrong and his Hot Five und den Hot Seven – ins Studio. Es entstehen Aufnahmen, mit denen Armstrong dem gesamten Jazz neue Wege öffnet. Der Vortrag eines Ensembles wird nun durch den des Solisten erweitert. Armstrong, auch ein herausragender Bühnenkünstler mit einer Ausstrahlung tiefer menschlicher Wärme, wird zudem einer der wichtigsten Sänger des Jazz und der bedeutendste Botschafter dieser Musik. Ab 1932 führen ihn Tourneen nach Europa. Satchmo, so sein Spitzname, eine Verkürzung von satchel mouth (»Taschenmund«), ist Weltstar.
Die jungen Künstler des seit den Vierzigerjahren entstehenden neuen Stils des Bebop, dessen bedeutendster Vertreter Charlie Parker ist und aus dem der Modern Jazz, angeführt von Miles Davis, entstehen wird, lehnen Armstrong als »Onkel Tom« ab. Sie werfen ihm vor, sich den Weißen anzubiedern. Auf seinen musikalischen Fundamenten bauen sie trotzdem alle auf.
Pierre de Coubertin und die olympische Idee
Pierre de Coubertin lebt von 1863 bis 1937
Am 6. April 1896 eröffnet der griechische König Georg I. in Athen vor 60 000 Zuschauern die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit. 295 Männer aus 13 Nationen nehmen teil. Pierre de Coubertin ist am Ziel.
Obwohl er aus alter Adelsfamilie stammt, schlägt er nicht die Offizierslaufbahn ein, sondern studiert an der Pariser Sorbonneund widmet sich der Pädagogik, in der für ihn der Sport eine zentrale Rolle spielt. Anfangs geht es Coubertin noch allein um die mangelnde körperliche Fitness, die in seinen Augen auch zur französischen Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 beigetragen hat. Dann aber kommt er zu der Ansicht, dass Sport wesentlich dazu beiträgt, im Menschen eine Einheit aus Körper, Geist und Seele zu formen.
Die Ausgrabungen deutscher Archäologen in Olympia inspirieren ihn, ab 1880 für eine Wiederbelebung der Olympischen Spiele einzutreten: Frankreich soll den von Deutschen ausgegrabenen Geist der Antike wieder lebendig werden lassen.
1894 gründet er das Internationale Olympische Komitee (IOK) und wird selbst dessen Generalsekretär. »Markt oder Tempel!«, lautet Pierre de Coubertins Maxime für die neuen Olympischen Spiele: »Sportsleute haben zu wählen.« Nur Amateure dürfen teilnehmen, lediglich Fechter bilden eine Ausnahme. Die Aufforderung »Höher, schneller, weiter!« spiegelt auch den Fortschrittsoptimismus der Gesellschaft jener Tage wider. Die Olympischen Spiele sollen eine die Völker in friedlichem Wettkampf verbindende »Athletenreligion« sein. Daher will Coubertin wie einst bei den antiken Spielen das Ruhen der Waffen während der Kriege erreichen. Darüber hinaus führt er neue Disziplinen wie den Marathonlauf und den Modernen Fünfkampf ein. 1913 entwirft Coubertin die Olympischen Ringe als Symbol. Ein Jahr zuvor hat er unter Pseudonym bei den Spielen in Stockholm die Goldmedaille für Literatur gewonnen, in jenen
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