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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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Später rief Señor Aldaya die Polizei, und mit Hilfe seiner Freunde im Rathaus ließ er mich ins Irrenhaus Horta einweisen, indem er anführte, niemand kenne mich und ich sei eine Verrückte, die seiner Familie nachstelle. Zwei Jahre war ich wie ein Tier dort eingesperrt. Als ich herauskam, ging ich als erstes zum Haus in der Avenida del Tibidabo, um Penélope zu sehen.«
    »Und, haben Sie sie gesehen?« fragte Fermín.
»Das Haus war verriegelt und zum Verkauf ausgeschrieben. Es lebte keiner mehr dort. Man sagte mir, die Aldayas seien nach Argentinien ausgewandert. Ich habe an die mir angegebene Adresse geschrieben, aber die Briefe sind ungeöffnet zurückgekommen …«
»Was ist aus Penélope geworden? Wissen Sie das?« Jacinta schüttelte den Kopf und sank in den Stuhl zurück.
»Ich habe sie nie wiedergesehen.«
    Sie wimmerte und heulte Rotz und Wasser. Fermín nahm sie in die Arme und wiegte sie. Jacinta Coronados Körper war auf die Größe eines kleinen Mädchens geschrumpft, so daß Fermín neben ihr als Riese erschien. Tausend Fragen brodelten in meinem Kopf, aber mein Freund bedeutete mir unmißverständlich, das Gespräch sei zu Ende. Ich sah, wie er das schmutzige, kalte Loch betrachtete, in dem Jacinta Coronado ihre letzten Stunden verlebte.
    »Los, Daniel. Wir brechen auf. Gehen Sie schon mal vor.«
    Während ich mich entfernte, wandte ich mich einen Augenblick um und sah, daß Fermín vor der Greisin niederkniete und sie auf die Stirn küßte. Sie lächelte zahnlos.
    »Sagen Sie, Jacinta«, hörte ich ihn sagen, »Sie mögen doch Lutschbonbons, nicht wahr?«
    Auf unserem Irrweg zum Ausgang begegneten wir dem echten Vertreter des Bestattungsamtes und zwei affenhaft aussehenden Gehilfen, die mit einem Pinienholzsarg, Schnur und mehreren alten Laken zweifelhafter Anwendung daherkamen. Die drei verströmten einen unseligen Geruch nach Formol und billigstem Kölnisch Wasser, hatten eine durchscheinende Hautfarbe und zeigten ein lendenlahmes Lächeln. Fermín deutete bloß auf die Zelle, wo der Verstorbene harrte, und segnete das Trio, das mit zustimmendem Nicken antwortete und sich respektvoll bekreuzigte.
    »Gehet hin in Frieden«, murmelte Fermín und zog mich zum Ausgang, wo uns eine Nonne mit einer Ölfunzel und vorwurfsvollem Leichenblick verabschiedete.
    Als wir draußen waren, erschien mir der triste Hohlweg aus Stein und Schatten, der die Calle Montcada war, geradezu als Tal des Glanzes und der Hoffnung. Fermín neben mir atmete tief und erleichtert auf. Die Geschichte, die uns Jacinta erzählt hatte, lastete in unserem Bewußtsein schwerer, als wir uns eingestehen mochten.
    »Hören Sie, Daniel, wie wäre es, wenn wir uns im Xampanyet da vorn einige Schinkenkroketten und ein paar Gläschen Sekt zu Gemüte führten?«
    »Da hätte ich ehrlich nichts dagegen.«
»Sind Sie denn heute nicht mit Ihrem Mädchen verabredet?«
»Morgen.«
»Ah, Sie Schelm. Sie lassen sich bitten, was? Wie lernfähig wir doch sind …«
    Wir hatten noch keine zehn Schritte in Richtung der lauten Schenke ein paar Häuser weiter unten getan, als sich drei geisterhafte Gestalten aus dem Schatten lösten und auf uns zukamen. Zwei von ihnen postierten sich hinter uns, so nahe, daß ich ihren Atem im Nacken spüren konnte. Der dritte, kleiner, aber unendlich viel unheimlicher, verstellte uns den Weg. Er trug den gleichen Mantel, und sein öliges Grinsen schien ihm vor Vergnügen aus den Mundwinkeln zu quellen.
    »Na, da schau her, wen haben wir denn da? Das ist doch mein alter Freund, der Mann mit den tausend Gesichtern«, sagte Inspektor Fumero.
    Angesichts dieser Erscheinung gerann Fermíns Geschwätzigkeit zu einem erstickten Ächzen. Inzwischen hatten uns die beiden Kerle schon am Nacken und am rechten Handgelenk gepackt, um uns jederzeit beim geringsten Anzeichen einer Bewegung den Arm umdrehen zu können.
    »Deinem überraschten Gesicht sehe ich an, daß du gedacht hast, ich hätte deine Spur längst verloren, was? Du hast doch wohl nicht angenommen, ein Stück dürre Scheiße wie du kommt so mir nichts, dir nichts aus der Gosse raus und kann als ehrbarer Bürger auftreten, oder? Du bist zwar verrückt, aber so sehr auch wieder nicht. Außerdem höre ich, daß du deine Nase, die in deinem Fall aus vielen Nasen besteht, in einen Haufen Dinge steckst, die dich einen feuchten Staub angehen. Schlechtes Zeichen … Was hast du da mit den Nönnchen für eine Mauschelei? Vernaschst du etwa eine von ihnen? Was nehmen die denn

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