Barcelona 01 - Der Schatten des Windes
heute so?«
»Ich respektiere fremde Hintern, Herr Inspektor, vor allem, wenn sie in Klausur leben. Wenn Sie sich befleißigten, dasselbe zu tun, könnten Sie vielleicht eine Stange Geld für Penicillin sparen und hätten zudem einen besseren Stuhlgang.«
Fumero grinste wütend.
»So gefällt’s mir. Schneidig wie ein Kastriermesser. Ich sag’s ja. Wenn alle Gauner wären wie du, dann wäre meine Arbeit ein wahres Fest. Sag mal, wie nennst du dich denn jetzt, du kleiner Scheißer? Gary Cooper? Na los, erzähl mir, wozu du deinen Zinken ins Altenheim Santa Lucía steckst, und dann lass ich dich vielleicht mit ein paar blauen Flecken wieder laufen. Komm, schieß los. Was hat euch hergeführt?«
»Eine Privatangelegenheit. Wir haben eine Angehörige besucht.«
»Ja, deine verdammte Mutter. Paß auf, heute bin ich gut aufgelegt, sonst würd ich dich jetzt aufs Revier mitnehmen und noch mal mit dem Lötkolben behandeln. Na komm, sei ein guter Junge und erzähl dem lieben Inspektor Fumero ehrlich, was ihr verdammt noch mal hier treibt, du und dein Freund. Sei ein bißchen hilfsbereit, zum Teufel, so ersparst du’s mir, diesem verwöhnten Bürschchen da, das du dir als Mäzen angelacht hast, ein neues Gesicht zu verpassen.«
»Wenn Sie ihm auch nur ein Härchen krümmen, dann schwör ich Ihnen, daß …«
»Du jagst mir ja richtig Angst ein, ehrlich. Da hab ich mir doch glatt in die Hosen gemacht.«
Fermín schluckte und schien allen Mut zusammenzukratzen, der ihm noch nicht aus den Poren geströmt war.
»Etwa in das Matrosenhöschen, das Ihnen Ihre ehrwürdige Frau Mutter angezogen hat, die illustre Putze? Wäre zu schade, wo man mir doch erzählt, daß Ihnen das hübsche Modell so fabelhaft gestanden hat.«
Inspektor Fumero wurde blaß, und sein Blick verlor jeden Ausdruck.
»Was hast du da gesagt, du Schwein?«
»Ich habe gesagt, daß Sie offensichtlich den Geschmack und die Grazie von Doña Yvonne Sotoceballos geerbt haben, Dame der feinen Gesellschaft …«
Der erste Faustschlag genügte, um den schmächtigen Fermín zu Boden zu werfen. Er lag noch zusammengestaucht in der Pfütze, als Fumero ihm Fußtritte in Magen, Nieren und Gesicht zu verpassen begann. Vom fünften an zählte ich nicht mehr weiter. Fermín ging die Luft aus, und einen Augenblick später konnte er keinen Finger mehr rühren, um sich vor den Schlägen zu schützen. Die beiden Polizisten hielten mich mit eiserner Hand fest und lachten aus Höflichkeit oder Verpflichtung.
»Halt du dich da raus«, flüsterte mir der eine zu. »Ich habe keine Lust, dir den Arm zu brechen.«
Ich versuchte mich vergeblich aus ihrem Griff zu lösen, und bei diesem Gerangel erhaschte ich einen Blick auf sein Gesicht. Ich erkannte ihn sogleich. Es war der Mann mit dem Mantel und der Zeitung aus der Kneipe an der Plaza de Sarriá vor einigen Tagen, derselbe, der uns im Bus gefolgt war und über Fermíns Witze gelacht hatte.
»Weißt du, was mir in der Welt am meisten auf den Keks geht, sind Leute, die in der Scheiße und der Vergangenheit rumwühlen«, rief Fumero und ging um Fermín herum. »Was vergangen ist, ist vergangen, verstehst du? Und das gilt für dich genauso wie für diesen Dämlack da, deinen Freund. Und du, Junge, paß gut auf und lerne – du bist als nächster dran.«
Ich schaute zu, wie Inspektor Fumero unter dem Licht einer Straßenlampe Fermín mit Fußtritten fertigmachte. Die ganze Zeit über brachte ich den Mund nicht auf. Ich erinnere mich an das dumpfe Geräusch, mit dem die Schläge erbarmungslos auf meinen Freund prasselten. Sie tun mir noch heute weh. Ich konnte nicht anders, als mich, zitternd und feige Tränen vergießend, in den willkommenen Griff der Polizisten zu flüchten.
Als Fumero es satt hatte, ein totes Gewicht zu malträtieren, knöpfte er den Mantel auf, öffnete den Hosenschlitz und urinierte auf Fermín. Mein Freund rührte sich nicht; er war bloß noch ein Bündel alter Kleider in einer Lache. Während Fumero seinen satten, dampfenden Strahl auf ihn abgab, brachte ich noch immer kein Wort heraus. Als er fertig war, knöpfte er den Hosenstall wieder zu und trat keuchend und schwitzend zu mir. Einer der Polizisten reichte ihm ein Taschentuch, mit dem er sich Gesicht und Hals trocknete. Er näherte sich mir bis auf wenige Zentimeter und starrte mich an.
»Du warst diese Tracht Prügel nicht wert, mein Junge. Das ist das Problem deines Freundes – immer steht er auf der falschen Seite. Nächstes Mal mach ich ihn ganz fertig, so
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