Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
abzielte. Er lachte höhnisch auf.
»Stirb!« Die Waffe sauste herab.
Linara warf sich zur Seite und schaffte es in letzter Sekunde, dem tödlichen Hieb zu entkommen. Die Keule krachte auf den Boden und hinterließ eine Kerbe in den Holzdielen. Linara sprang auf die Füße und wirbelte zu ihrem Gegner herum. Licht flammte auf und ein weiterer Blitzstrahl schoss auf sie zu und fuhr durch ihren Körper. Die Wucht des Energiestoßes schmetterte sie zurück und gegen einen Schrank. Vorratskrüge gerieten ins Wanken, kollerten über die Regalbretter und zerschellten rings um die Elfe am Boden.
Das Lachen des Ogers dröhnte wie ein Donnerschlag in Linaras Kopf. Ihre Muskeln zuckten unter der magischen Elektrizität. Unter Aufbringung all ihrer Willenskraft zwang sie ihren Körper wieder unter Kontrolle. Wie viele dieser Attacken würde sie noch überleben? Die Kräfte des Ogers überstiegen die ihren bei Weitem. Seinen magischen Angriffen war sie schutzlos ausgesetzt.
Sirvathek fletschte seine verfaulten Zähne zu einem siegessicheren Grinsen und holte erneut mit der Keule aus. Diesmal würde die Elfe, die da so hilflos vor ihm auf dem Boden lag und ihn aus vor Angst weit aufgerissenen Augen anstarrte, nicht entkommen können. Diesmal würde er ihre Knochen zerschmettern. Gerade wollte er seine Waffe auf die zerbrechliche Gestalt niedersausen lassen, als ein Scheppern und wilde Kreischlaute von der anderen Seite des Raumes ihn innehalten ließen.
Irritiert blickte Sirvathek auf. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Er hasste es, gestört zu werden, wenn er im Begriff war, sich an der Todesangst seiner Opfer zu laben. Den Übeltäter würde er gebührend dafür bestrafen. Später, wenn er mit der Elfe fertig war.
Doch dazu sollte er nicht mehr kommen. Das Zögern des Ogers war mehr, als Linara brauchte, um wieder Kontrolle über die Situation zu erlangen. Sobald Sirvathek sie aus den Augen gelassen hatte, stieß sie sich mit dem einen Fuß vom Boden ab, nur um ihrem Gegner den anderen nach oben zwischen die Beine zu treten. Dann kehrte sie ihren Schwung um und warf sich in einer Rolle nach vorne, zwischen den baumstammdicken Schenkeln des Schamanen hindurch. Leichtfüßig sprang sie hinter seinem Rücken auf, während der Oger stöhnend auf die Knie sank.
Linara nahm sich einen Augenblick Zeit durchzuatmen und sah sich suchend um. Ihr Blick blieb an dem Regal haften, an dem sie sich kurz zuvor gestoßen hatte. Es wirkte wuchtig, ja beinahe bedrohlich ... massiv genug, um ... Der Anflug eines Lächelns umspielte Linaras Lippen.
Kurz entschlossen schoss die Elfe an dem Schrank hoch und kletterte bis hinauf zur Decke. Dort angekommen, stieß sie sich kräftig von der Wand ab, sodass das Regal aus dem Gleichgewicht gebracht wurde und kippte.
Eilig sprang sie von ihrem Hochsitz und rollte sich ab, um rechtzeitig aus der Falllinie zu gelangen. Hinter ihr krachte der Schrank zu Boden und begrub Sirvathek unter massiven Brettern und Bergen von Krügen, Büchern und okkulten Artefakten.
Linara zerrte ihr Schwert unter einem dicken Wälzer – einer Abhandlung über das Liebesleben von Pfeilgiftfröschen – hervor und kletterte zu der Spitze des Schutthaufens. Jederzeit auf einen Überraschungsangriff gefasst, begann sie den Berg abzutragen.
Doch sobald sie den kahlen Schädel des Schamanen freigelegt hatte, wusste sie, dass ihre Vorsicht nicht mehr vonnöten war. War der Kopf des Ogers zuvor bereits äußerst unförmig gewesen, so glich er jetzt einem Fußball, der jahrelang in praller Sonne gelegen hatte. Einen kurzen Moment spielte Linara mit dem Gedanken, den roten Edelstein auf seiner Stirn für Sindra mitzunehmen. Doch, bei aller Freundschaft für den Halbling! Allein die Vorstellung eines derartig blutigen Geschenkes ging über alles hinaus, was Linaras Magen verkraftete.
Imares stand mit dem Rücken eng an die Wand gepresst. Das Schwert hielt er verkrampft mit beiden Händen umklammert. Immerwährend murmelnd, sagte er sich Parade und Konterschläge vor, die Atharis ihm beigebracht hatte, um sich zu einem gleichmäßigen Rhythmus zu zwingen. Er focht um sein Leben. Das war ihm bewusst. Ein einziger Fehler, eine einzige Lücke in seiner schwächlichen Verteidigung, und er würde durchbohrt, aufgeschlitzt. Panik drohte Imares zu übermannen. Am liebsten hätte er sein Schwert von sich geschleudert und wäre schreiend davongelaufen. Doch er konnte nicht! Sein Gegner hatte ihn in die Enge
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