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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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einen Todesfall. Wir haben allen Anlass dazu, ein Verbrechen zu vermuten. Totschlag oder Mord ... René Singh, sagt Ihnen der Name etwas?«
    Ich schluckte.
    »Herr Singh wurde heute Morgen tot vor dem Hotel gefunden. . . vor eineinhalb Stunden, um genau zu sein ... sein Körper zerschmettert. Haben Sie dazu etwas zu sagen?«
    »Nein ...«
    Es entstand eine Pause. Sie betrachteten mich jeweils von ihrem Platz aus. Der Dünne trommelte weiter mit den Fingern. Der Grobe sog die Unterlippe ein und zog die Augenbrauen hoch.
    Ich schwieg.
    »Sie haben den gestrigen Abend zusammen mit Herrn Singh verbracht. Ist das richtig?«
    »Ja, aber ...«
    »Sie sind auch noch mit ihm auf sein Zimmer gegangen.«
    »Nein, ich ...«
    »Sie haben Ihre Schuhe dort vergessen ...«
    ». . . Sie haben sich unter falschem Namen im Hotel eingeschrieben, und Sie können sich nicht ausweisen!«, vervollständigte der Grobe.
    Wieder wurde es still. Nur das leise Vibrieren einer Wasserleitung war zu hören, und daneben natürlich mein emsig pochendes Blut. Der Dünne stand auf.
    »Mein Name ist Mort«, sagte er. »Kriminalkommissar Mort. Es ist meine Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass Sie unter Verdacht stehen, René Singh getötet zu haben, und dass alles, was Sie sagen, gegen Sie verwendet werden kann.«
    Ich schluckte erneut und schaute aus dem Fenster. Der Regen war spärlicher geworden, hing aber immer noch wie ein feuchter Schleier über dem Markt. Zwar war die Morgendämmerung zu spüren, aber der Haupteindruck bestand doch aus Dunkelheit und Verlassenheit.
    Und einer gewissen Verwunderung darüber, dass ich keinerlei Verwunderung empfand.

    12

    Unschuldig verdächtigt Eine Episode aus der Kindheit des Schreibers

    Ich möchte Ihnen jetzt von einem wichtigen Ereignis in meiner Kindheit berichten. Der Grund dafür ist, dass ich glaube, dass ein kleiner psychologischer Blickwinkel nötig ist. Ich habe ja keine Ahnung davon, wie leicht es Ihnen fällt, den Zusammenhang zu erkennen. Wie schnell Sie die Fäden von dem einen Zustand zum anderen ziehen können. Wissen Sie zum Beispiel, was mit einem Text zwischen den Zeilen gemeint ist?
    Ich bin geboren und aufgewachsen in Lingby an der Küste. Mein Vater und meine Mutter gingen in die Neue Kirche und wussten sehr bald, dass die Welt aufs Beste bestellt war, und auch, dass natürlich alles letztendlich in Gottes Händen ruhte. Mein Gerechtigkeitssinn war aufs Prächtigste entwickelt, das Gute bekam seine Belohnung, das Böse seine Strafe. Dass so etwas wie Ungerechtigkeit überhaupt existieren konnte, hielt ich nicht nur für unwahrscheinlich, sondern sogar für unmöglich. Zumindest in unserem Teil der Welt. Unter unserem Gott. Unschuldig verdächtigt zu werden beispielsweise ... falsch angeklagt zu werden für etwas, das man nicht getan hatte, konnte eigentlich nur mit einem fast seligen Zustand verglichen werden. Da doch die Aufklärung, also der Triumph des Guten, mit Sicherheit unmittelbar hinter der Ecke schon auf der Lauer lag. Früher oder später erhielt die Tugend ihren Lohn. Immer. Das war mein Kinderglaube, und der reichte bis zu einem gewissen Herbsttag in meinem zehnten Lebensjahr. Die Sache war folgende: Mein treuer Freund und Gefährte Rejmus, der Sohn des Schuhmachers, hatte eine Fensterscheibe im Schulgebäude zerbrochen. Sicher war das ein Missgeschick gewesen, aber ich erinnere mich nicht mehr an die genauen Umstände, es gibt da natürlich so einige denkbare Alternativen. Auf jeden Fall bedeutete dieser Verstoß laut geltender Praxis, dass der Täter sich bei unserem Furcht einflößenden Hausmeister Wülldorff einzustellen hatte, in dessen Büro, um das Geschehen zu melden und seine Strafe entgegenzunehmen. Diese konnte variieren von einer einfachen Ohrfeige bis zu zwanzig Schlägen mit dem Rohrstock auf das Gesäß – die Strafenskala war etwas willkürlich, eher abhängig von Wülldorffs jeweiliger Gemütsverfassung als von der Natur des Vergehens selbst. Aber eine Sache war sicher. Ohne Strafe kam niemand davon.
    Mein Freund Rejmus erwies sich nun, genau wie viele andere, als ein Hasenfuß. Als unser freundliches Fräulein Majsen ihn ermahnte, zum Hausmeister zu gehen, brach er in Tränen aus und bat flehentlich, seiner Strafe zu entgehen.
    Aber so etwas konnte natürlich nicht geduldet werden, und Fräulein Majsen griff zum üblichen Ausweg.
    Ein Freund durfte als moralische Stütze und Trost mitgehen. Jakob Daniel vielleicht?
    Ich erinnere mich daran, wie ich

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