Barins Dreieck
aber plötzlich absolut nicht mehr unter den Teppich kehren ließ. Ein krankes Haustier.
Ich trank an diesem Abend, bis ich reichlich betrunken war. Ging aus der letzten Bar auch noch mit einer dunkelhäutigen, sehr anziehenden Frau, aber als wir vor ihrer Tür standen, bekam ich kalte Füße und verließ sie wortlos. Ich eilte durch die regennassen Straßen nach Hause, und ich erinnere mich, dass ich noch hörte, wie sie ein Fenster öffnete und etwas ziemlich Unanständiges hinter mir herschrie.
Es lässt sich nicht leugnen, dass ich sie gut verstehen konnte.
Die letzten Tage habe ich nicht besonders früh aufstehen können, was wohl in erster Linie daran liegt, dass ich bis in den frühen Morgen noch auf bin und schreibe. Drei Nächte nacheinander hing ein Vollmond über der Bucht und malte eine Silberstraße ins Wasser. Es sieht fast beklemmend aus. Ein beschwipster Schmierfink, kommt mir in den Sinn, der die Schöpfung nach einem grellen, geschmacklosen Teenagerheft malt.
Keinerlei Subtilität.
Aber am Strand brennt hier und da des Nachts ein Feuer, ich nehme an, dass die Jugendlichen, die drum herum sitzen, singen und geharzten Wein trinken, sich nicht besonders von der Wirklichkeit geplagt fühlen. Die meisten sind nackt, wie dem auch sei, und gestern Nacht, gerade als ich ins Bett gehen wollte, konnte ich beobachten, wie sich zwei von ihnen direkt unter meinem Balkon paarten.
Es geschah still und innerlich, das Mädchen saß auf dem Jungen und ritt ihn im Mondschein, und es fiel mir schwer, das Bild von der Netzhaut zu verbannen, als ich mich ins Bett legte und versuchte einzuschlafen. Wahrscheinlich verhält es sich so, dass ich nichts dagegen hätte, eine Frau im Mondlicht am Sandstrand zu lieben, oh nein.
Zum Teufel mit den Subtilitäten, kommt mir in den Sinn.
E inmal, nur ein einziges Mal, kehrte ich zurück nach Graues.
Aber nicht direkt nach Graues, ich blieb in Wörmlingen, dem Ort auf der anderen Seite des Passes, wohin ich an dem bewussten Tag gefahren und von wo aus ich Ansichtskarten geschrieben hatte und wo möglicherweise der Geliebte meiner Frau abgestiegen war.
Eine ganze Woche lang wohnte ich im Albergo Hans, und erst am vorletzten Tag fuhr ich noch einmal die gewundene Straße den Berg hinauf. Es war Mitte Mai, unten im Tal standen die Obstbäume in voller Blüte, weiter oben lag immer noch dichter Schnee. Die Passstraße war erst vor wenigen Wochen geöffnet worden.
Ein Jahr und neun Monate waren vergangen. Ich fuhr an dem bis zum Rand gefüllten Reservoir vorbei, ohne anzuhalten, weiter hinauf bis zu dem kleinen Parkplatz. Stieg aus und schaute über das Land. Nichts hatte sich verändert. Erst nach einer ganzen Weile war ich in der Lage, den Blick über den Abgrund zu senken und ihn auf der grünen Wasseroberfläche ruhen zu lassen. Vollkommen bewegungslos lag sie dort unter mir, es war ein klarer Tag, aber ich erinnere mich, dass die Sonne noch keine Glitzerpunkte warf und auch kein leichter Wind auch nur die geringste Kräuselung verursachte.
Ich ließ den Wagen stehen und ging die Straße weiter zu Fuß hinunter. Nach einer Weile hatte ich die scharfe Rechtskurve erreicht, ich ging langsamer und auf die linke Seite hinüber. Ich sah es bereits aus einiger Entfernung. Schnee und Eis hatten zwei Winter lang gearbeitet und ausgewaschen, aber hier klaffte ein Loch in der niedrigen Mauer aus Fels und Beton. Nicht groß und nicht ganz bis auf die Fahrbahn hinunter, aber ein Spalt – ein gezacktes V-Zeichen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, schaffte es aber nicht. Stattdessen überfielen mich ein Gefühl der Erschöpfung und eine starke Übelkeit. Ich erbrach mich am Straßenrand zur Bergseite hin und machte mich dann augenblicklich daran, wieder hinauf zu meinem Auto zu steigen.
Anschließend fuhr ich hinunter, langsam und mit einem starken Gefühl der Verzweiflung. Am nächsten Tag verließ ich die Gegend für alle Zeit.
Vielleicht war es ja meine Absicht gewesen, auch Frau Handska aufzusuchen, vielleicht auch ein paar Worte mit Polizeimeister Ahrenmeyer zu wechseln, aber wie gesagt, ich kam nie wieder über den Berg.
Das Büro lag in der Apollolaan und war offenbar von einer Prachtwohnung in dem großen Jugendstilhaus abgetrennt worden. Ich klingelte, die Tür wurde von einem blassen jungen Mann in schwarzem Anzug und Polohemd geöffnet. Sein Gesicht war scharf geschnitten, sah etwas jüdisch aus, die Augen tief und nachdenklich. Ich stellte mich
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