Barrayar
er – um Gottes willen! – gestorben war, war belegt. Ein abgeschirmtes Licht, zu einem gelben Glühen gedämpft, warf Licht und Schatten über zwei nackte schlafende Gestalten. Selbst aus dieser perspektivisch verzerrten Sicht erkannte Cordelia sofort das Tellergesicht und den Schnurrbart von Vidal Vordarian. Er lag ausgebreitet über vier Fünfteln des Bettes, sein schwerer Arm lag besitzergreifend auf Prinzessin Kareen. Ihr schwarzes Haar floss über das Kissen. Sie schlief zu einer kleinen, festen Kugel zusammengerollt in der oberen Ecke des Bettes, mit dem Gesicht nach außen und den weißen Armen vor der Brust zusammengezogen, und es sah fast so aus, als würde sie im nächsten Augenblick aus dem Bett fallen.
Nun gut, wir haben Kareen erreicht. Aber die Sache hat einen Haken.
Cordelia zitterte in dem Impuls, Vordarian im Schlaf zu erschießen. Aber die Energieentladung würde Alarm auslösen. Solange sie nicht Miles’ Replikator in der Hand hatte, war sie nicht bereit, wegzulaufen. Sie bedeutete mit einer Bewegung Drou, die Geheimtür wieder zu schließen und hauchte »Hinunter!« zu Bothari, der unter ihr wartete. Sie wiederholten ihre anstrengende Kletterei über vier Stockwerke in umgekehrter Richtung. Wieder im Tunnel drehte sich Cordelia um und blickte das Mädchen an, das still weinte.
»Sie hat sich an ihn verkauft«, flüsterte Droushnakovi, und dabei zitterte ihre Stimme vor Kummer und Widerwillen.
»Wenn Sie mir erklären, welche Machtbasis sie Ihrer Vorstellung nach hat, um diesem Mann gerade jetzt zu widerstehen, dann wäre ich interessiert, davon zu hören«, sagte Cordelia schroff. »Was erwarten Sie von ihr? Dass sie sich zum Fenster hinausstürzt, um einem Schicksal zu entgehen, das angeblich schlimmer als der Tod ist? Sie hatte mit Serg ein Schicksal, das schlimmer war als der Tod, und ich glaube, so etwas weckt keine Emotionen mehr in ihr.«
»Aber wenn wir nur eher hierhergekommen wären, dann hätte ich – hätten wir sie vielleicht noch gerettet.«
»Wir könnten es immer noch.«
»Aber sie hat sich an ihn verkauft.«
»Lügen Leute in ihrem Schlaf?«, fragte Cordelia. Auf Drous verwirrten Blick erklärte sie: »Sie sah für mich nicht wie eine Liebende aus. Sie lag da wie eine Gefangene. Ich habe versprochen, wir würden uns für sie einsetzen, und das werden wir auch.« Die Zeit! »Aber wir bemühen uns zuerst um Miles. Versuchen wir den zweiten Ausgang.«
»Wir werden durch mehr überwachte Korridore gehen müssen«, warnte Droushnakovi.
»Das können wir nicht ändern. Wenn wir warten, dann wird dieses Haus aufwachen und wir werden auf noch mehr Leute stoßen.«
»Sie kommen gerade jetzt zum Dienst in die Küchen«, seufzte Droushnakovi. »An manchen Tagen bin ich dort zu Kaffee und heißen Pasteten eingekehrt.«
Aber leider konnte man ein Kommandounternehmen nicht für eine Frühstückspause unterbrechen. Das war es. Loslegen oder nicht loslegen? War es Mut oder Dummheit, was sie vorantrieb? Es konnte nicht Mut sein, ihr war übel vor Furcht, der gleiche heiße saure Ekel, wie sie ihn kurz vor den Kämpfen im Krieg um Escobar empfunden hatte. Die Vertrautheit mit dieser Empfindung half ihr nicht. Wenn ich nicht handle, wird mein Kind sterben. Sie musste einfach ohne Mut auskommen.
»Jetzt«, entschied Cordelia. »Es wird keine bessere Chance geben.«
Wieder die Leiter hinauf. Das zweite Paneel öffnete sich im Privatbüro des alten Kaisers. Zu Cordelias Erleichterung blieb es noch dunkel, unbenutzt und unberührt, seit es nach Ezars Tod im letzten Frühling aufgeräumt und abgesperrt worden war. Das Schaltpult seiner Kommunikationskonsole mit all ihren Sicherheitsvorkehrungen, war abgehängt, der Geheimnisse entleert, tot wie sein Besitzer. Die Fenster waren noch dunkel an diesem trägen Wintermorgen.
Kous Stock stieß gegen Cordelias Knöchel, als sie durch den Raum schritt. Er sah seltsam aus: er war an ihrer Taille zu offensichtlich wie ein Schwert befestigt. Auf einer Kommode befand sich ein breites, altes Tablett mit einer flachen Keramikschale, typisch für die Nippsachen, die überall in der Residenz herumstanden. Cordelia legte den Stock auf das Tablett und hob es feierlich hoch, nach Art einer Dienerin.
Droushnakovi nickte zustimmend. »Tragen Sie es auf halber Höhe zwischen Ihrer Taille und Ihrer Brust«, flüsterte sie, »und halten Sie Ihr Rückgrat gerade, wie man es mir immer gesagt hat.«
Cordelia nickte. Sie schlossen die Wandtäfelung, richteten
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