Barrayar
achtzehn Jahren vorbei war. Aber ich frage mich manchmal, ob er das, was er damals wollte, hätte haben können – Aral behalten –, wenn Aral die sadistische Veranlagung, die am Ende Vorrutyers geistige Gesundheit zerstörte, hätte unter Kontrolle halten können. Es ist, als hätten die beiden sich auf einer unheimlichen Schaukel befunden, wo das Überleben des einen immer die Zerstörung des anderen zur Folge hatte.«
»Eine Betanerin.« Sein Gesichtsausdruck der Verblüffung wich allmählich einem anderen, den Cordelia im stillen ›furchtbare Erkenntnis‹ nannte.
»Ich hätte darauf kommen sollen. Ihr seid immerhin, die Leute, die mit Biotechnik Hermaphroditen hervorgebracht haben …« Er machte eine Pause. »Wie lange kannten Sie Vorrutyer?«
»Ungefähr zwanzig Minuten. Aber das waren sehr intensive zwanzig Minuten.« Sie beschloss, ihn raten zulassen, was, zum Teufel, das bedeutete.
»Ihre … hm … Affäre, wie Sie es nennen, war seinerzeit ein großer geheimer Skandal.«
Sie rümpfte die Nase. »Großer geheimer Skandal? Ist das nicht ein Oxymoron? Wie ›militärische Intelligenz‹ oder ›freundliches Feuer‹. Also ein typischer Barrayarismus, wenn ich es mir recht überlege.«
Vordarians Gesicht zeigte den seltsamsten Ausdruck. Er sah aus, fand sie, genau wie ein Mann, der eine Bombe geworfen hatte, die nur ›fffft‹ machte statt ›BUMM!‹, und der nun zu entscheiden versuchte, ob er seine Hand hineinstecken und auf den Zündmechanismus klopfen sollte, um ihn zu testen.
Dann war sie an der Reihe mit der furchtbaren Erkenntnis. Dieser Mann hat gerade versucht, meine Ehe zu zerstören. Nein – Aral’s Ehe. Sie setzte ein strahlendes, sonniges, unschuldiges Lächeln auf und ihr Gehirn schaltete – endlich! – in den Schnellgang. Vordarian konnte keiner von Vorrutyers alter Kriegspartei sein, ihre Führer hatten alle ihre tödlichen Unfälle erlitten, bevor Ezar sich verabschiedet hatte, und der Rest war zerstreut und hielt sich versteckt. Was wollte er eigentlich? Sie fingerte an einer Blume in ihrem Haar herum und sagte einfältig lächelnd: »Ich hatte mir nicht vorgestellt, dass ich einen vierundvierzigjährigen unberührten Jüngling heiraten würde, Graf Vordarian.«
»Es scheint so.« Er kippte einen weiteren Schluck Wein hinunter. »Ihr Galaktiker seid alle degeneriert … Welche Perversionen toleriert er seinerseits, frage ich mich.« In seinen Augen funkelte plötzlich offene Bosheit. »Wissen Sie, wie Lord Vorkosigans erste Frau starb?«
»Selbstmord. Plasmabogen in den Kopf«, erwiderte sie prompt.
»Es gab das Gerücht, dass er sie ermordet hat. Wegen Ehebruchs. Betanerin, seien Sie auf der Hut.« Sein Lächeln war jetzt ganz bissig geworden.
»Ja, das wusste ich auch. In diesem Fall ein unwahres Gerücht.« Jeder Schein von Freundlichkeit war jetzt von ihrem Gespräch gewichen.
Cordelia hatte das schlimme Gefühl, dass auch alle ihre Beherrschung von ihr wich. Sie lehnte sich vor und dämpfte ihre Stimme. »Wissen Sie, warum Vorrutyer starb?«
Er konnte nicht widerstehen, er neigte sich ihr wissbegierig zu. »Nein …«
»Er versuchte, Aral durch mich zu verwunden. Ich empfand das … ärgerlich. Ich wünsche mir, Sie würden aufhören mit Ihren Versuchen, mich zu ärgern, Graf Vordarian, ich fürchte, Sie könnten nämlich Erfolg haben.« Ihre Stimme wurde noch leiser, fast ein Flüstern: »Sie sollten das auch fürchten.«
Sein anfänglicher herablassender Ton war der Vorsicht gewichen. Er machte eine sanfte, großzügige Geste, die eine Verbeugung des Abschieds zu symbolisieren schien und zog sich zurück. »Mylady.« Während er wegging, schaute er noch einmal über seine Schulter zurück, mit einem zutiefst erschrockenen Blick.
Stirnrunzelnd blickte sie ihm nach. Puh! Was für ein seltsamer Wortwechsel. Was hatte der Mann sich davon erwartet, dass er sie mit diesem uralten Kram behelligte, als handelte es sich darum um eine schockierende Überraschung? Stellte sich Vordarian wirklich vor, sie würde in die Luft gehen und ihren Ehemann zur Rede stellen, was für einen schlechten Geschmack bei der Auswahl seiner Gefährten er vor zwanzig Jahren gehabt hatte? Hätte eine naive junge barrayaranische Braut wohl einen hysterischen Anfall bekommen? Nicht Lady Vorpatril, deren gesellschaftliche Schwärmerei nur eine scharfe Urteilskraft kaschierte, und nicht Prinzessin Kareen, deren Naivität sicher schon vor langer Zeit von dem erfahrenen Sadisten Serg zunichte
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