Barry Trotter und die ueberfluessige Fortsetzung
berauschende Schriftrollen für den Einmalgebrauch, Chipstüten, Nieten vom Elfen-Toto — türmte sich vor den Rädern auf. Hin und wieder hielt der Wagen an, und die Arme verschwanden. Dann tauchte ein körperloser Turnschuh auf und versuchte den Müll aus dem Weg zu kicken. Eine magere Ratte huschte zwischen den Gleisen umher. »Wie kann man nur seinen Hausgeist aussetzen?« murmelte Nigel. Mehr oder weniger unter dem Tarncape seines Vaters verborgen, tätschelte er den Oktopus, der in einer mit Salzwasser gefüllten Tüte an seiner Taille hing. Sein Hausgeist, Chesterfield, antwortete mit einem gutgelaunten Plätschern.
Eins von Peter Potts Spezialkondomen jeder Geschmacksrichtung — »Nur zu Amüsierzwecken« — hatte sich um das rechte Vorderrad gewickelt. Das würde Nigel um keinen Preis berühren, noch nicht mal mit dem Fuß. Er stieß den Wagen mit aller Kraft vorwärts, und das Gummi riß.
Nicht sehr strapazierfähig, aber zum Glück gab es für so etwas ja Zaubersprüche. Nicht dass Nigel welche kannte — jedesmal, wenn Hermeline Barry so lange nervte, bis er einen weiteren Aufklärungsversuch unternahm, war er schwer entsetzt, was sein Sohn schon alles durch Valumarts Zauberer-Kabelkanal ValuVision gelernt hatte.
»Das ist bloß gesunde Neugier«, sagte Nigels Mutter.
»Die hat er offensichtlich von seiner Mutter«, erwiderte Barry. »Erstaunlich, dass er keine Haare auf den Augäpfeln hat.«
Hermeline hatte einen ätzenden Gegenangriff gestartet, der vor allem auf Barrys bewegte sexuelle Vergangenheit abzielte. Mehrere höchst unerfreuliche Minuten später war sie erst halb mit dem Anfangsbuchstaben B durch, als Nigel entnervt von seinem Buch aufschaute und sagte: »Hallo? Ich bin auch noch da.«
»Tut mir leid, Nigel«, sagte Hermeline.
»Ja, entschuldige«, sagte Barry.
»Wusstet ihr, dass Oktopusse so intelligent sind wie Hauskatzen?« Nigel hasste es, wenn seine Eltern über das Leben sprachen, das sie vor ihrer Ehe geführt hatten. Irgendwie wurde ihm dabei ganz anders. Nigel bestand darauf, dass seine Mutter ihm das Gedächtnis verhexte, damit er nicht daran denken musste, wie seine Eltern es miteinander trieben.
Auf dem Bahnsteig wirbelte der Wind ein Poster von einer Nyade mit unglaublicher Oberweite hoch. Trotz seiner Berühmtheit war der Bahnsteig 3,14 total verdreckt, seit das Zauberallerleiministerium den Hogwash Express (mittlerweile in Hogwash Depress umbenannt) privatisiert hatte. Heutzutage war die Fahrt nach Hogwash eine Dantesche Prüfung aus Pannen und Verspätungen, astronomischen Preisen und nach Pisse mit einem Hauch Myrrhe stinkenden Toiletten - und stinklangweilig war sie obendrein. Der Zug fuhr nie pünktlich ab, aber das war den Trotters nur recht — Barry kam auch immer zu spät.
Hogwash war die berühmteste Zauberschule der Welt, und Nigel Trotter ihr berühmtester Neuzugang. Schließlich war er der Erstgeborene von Hermeline Cringer und Barry Trotter. Es würde nicht einfach sein, dem Ruf seiner Familie gerecht zu werden — schließlich kann ein einzelner Mensch in elf Jahren an einer weiterführenden Schule beträchtliches Unheil anrichten, besonders wenn er so außergewöhnliche Zauberkräfte besitzt wie Barry. Nigel hatte all die Geschichten gehört, und ihm lag rein gar nichts daran, mit seinem Vater zu konkurrieren. Wenn es nach ihm ginge, hätte er lieber eine Muddelschule besucht und wäre ganzheitlicher Zahnarzt geworden wie seine Großeltern mütterlicherseits. Aber sein Dad bestand darauf, dass er es zumindest in Hogwash versuchte.
Und so stand er nun neben dem schäbigen Hogwash Depress, von dem bereits die Farbe abblätterte, und schlug sich mit irgendwelchen Präservativen herum. Als er auch noch einen toten Gnom überrollte, geriet der Gepäckwagen ins Schlingern. Der Hausgeist seines Vaters, Hertha, krächzte bei jeder Erschütterung übellaunig.
»KROAARK«, machte die nikotinfleckige Schnee-Eule, begleitet von einem dumpfen Brummen. Nach jahrelangem Rauchen hatte sie sich einem Luftröhrenschnitt unterziehen müssen und konnte sich nun nur noch durch ein Kehlkopfmikrofon äußern.
Nigel kutschierte den Hausgeist seines Vaters keineswegs freiwillig durch die Gegend. An diesem Wochenende begann nicht nur das neue Schuljahr, sondern es fand auch das Ehemaligentreffen statt, weswegen seine Mum und sein Dad ihn begleiteten. (Fiona, den kleinen Wirbelwind, hatten sie zum Glück Oma und Opa Cringer aufs Auge gedrückt.) Seine Eltern waren Nigel
Weitere Kostenlose Bücher