Barry Trotter und die ueberfluessige Fortsetzung
Tresen. Sie hockte sich dahinter, so dass sie gerade über die Marmorplatte hinweglugen konnte, und versuchte abzuschätzen, ob die Bücher bald zur Ruhe kommen würden. Nach ein paar Minuten wurde sie ungeduldig.
»Ach, verdammt!« sagte Hermeline und stürzte sich in den Mahlstrom der Literatur. Eine vorbeizischende Inkunabel verpasste ihr zwar einen häßlichen blauen Fleck, aber es gelang ihr, halbwegs unversehrt aus der Bibliothek zu schlüpfen.
Jetzt, da Barry wieder ein Kind war, aß er gern früh zusammen mit den Schülern zu Abend und ging dann Hex-Box spielen, bis sie ihn rauswarfen. Dann stieg er in Godawfles Grotte hinunter, um Bier zu trinken und irgendeiner grauenhaften Schülerband zuzuhören, die wild herumrockte und mit heiligem Ernst auf ihre Gitarren eindrosch. Wenn er schon ziemlich einen sitzen hatte, krallte sich Barry irgendeinen unseligen Schüler und ließ sich darüber aus, wie unnütz doch das Lernen war. »Ich hab’s auch so geschafft, oder etwa nicht?« lallte er und beugte sich so dicht zu dem Jungen hinüber, dass dessen Hemdkragen unter Barrys Bierfahne welkte. Die Schüler lernten, ihm zuzustimmen, einfach um ihn wieder loszuwerden. Es gelang ihm aber durchaus, einige zu überzeugen: Seit seiner Ankunft waren die Leistungen der Schüler stetig gesunken.
Meistens kam der ehemalige Direktor erst gegen vier Uhr morgens in sein Zimmer gestolpert, nachdem er mehrere Stunden lang mit ein paar Elftklässlern darüber gestritten hatte, ob man ein Anpasser ist, wenn man einen Job annimmt, bei dem man eine Hose tragen muss. Als Hermeline also in Barrys Zimmer ging, um ihm die Neuigkeit zu erzählen, war er nirgends zu sehen. Obwohl ihre Entdeckung ihr ein Loch ins Gehirn brannte, musste Hermeline sie — zumindest vorerst — für sich behalten.
Morgen stellen wir Alpo zur Rede, dachte sie. Ja, das machen wir, und wir zwingen ihn dazu, uns seinen Plan zu verraten. Und dann drohen wir, ihn auffliegen zu lassen, wenn er Barry nicht wieder entzaubert. Hermeline wartete auf ihren Mann, bis sie einschlief.
Als Barry endlich schwer angeschlagen in sein Zimmer kam, war er hocherfreut, Hermeline in sein Bett gekuschelt vorzufinden. Allerdings war er nicht in der Verfassung, die Situation auszunutzen. Er brabbelte irgend etwas von Diebstahl, und Hermeline war lange genug seine Frau, um zu wissen, wann sie sich besser schlafend stellte.
Na gut, dachte Hermeline. Ich sag’s ihm beim Frühstück.
Unglücklicherweise war Madame Ponce Frühaufsteherin, und es wäre auch nicht gut gewesen, wenn ein Schüler sie in den Klamotten vom Vortag aus dem Büro des Schulleiters hätte schleichen sehen. Daher schlief Hermeline noch fest, als ihre Schnüffelei entdeckt wurde. Bei Sonnenaufgang zog ein Schwarm böser Drosseln, die auf der Gehaltsliste des Direktors standen, ganz sanft ihre Bettdecke zurück, hob sie hoch und ließ sie verschwinden.
Kapitel sechzehn
Magi-Ex
Es war nur gut, dass Hermeline Barry nicht verstanden hatte, denn andernfalls wäre sie an die Decke gegangen.
Das, was die beiden männlichen Trotters angestellt hatten, reichte für einen Rausschmiss. Ihnen selbst hätte das nichts ausgemacht — Barry hätte es nur begrüßt, wenn der Ehemaligenfonds seine Bettelbriefe eingestellt hätte, und Nigels gemischte Gefühle Hogwash gegenüber sind hier ja hinreichend dokumentiert worden. Hermeline jedoch hätte sich in Grund und Boden geschämt.
An der Schule ging wieder alles seinen geregelten Gang. Seit Professor Mumblemumble die Leitung übernommen hatte, war es fast wie früher. Eine ganze Woche lang war niemand ums Leben gekommen, in den Schulstunden wurde unterrichtet, wenn auch nicht unbedingt gelernt, und Hogwash hatte sich im großen und ganzen zu einer friedlichen, gutfunktionierenden Lehranstalt gemausert. Die Bauarbeiten am Themenpark gingen sogar schneller voran, und es sah aus, als würde The Hogwash Experience gut und gern mehrere Stunden vor Ablauf des weihnachtlichen Ultimatums fertig werden.
Ein anderer Umstand, der die alten Zeiten in Erinnerung rief, war das ständige Chaos, für das Barry Trotter sorgte. Die Auflösung des Grittyfloor-Quaddatsch-Teams nach dem »Extrem-Quaddatsch« -Match hatte die Chancen des Hauses auf den Hauspokal zwar anfangs geschmälert 47 , doch man konnte noch auf andere Art Punkte erzielen, und zwar vor allem durch das Sammeln von Geld für wohltätige Zwecke. (Grittyfloor sammelte für den Kessel auf Rädern, eine Einrichtung, die
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