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Barry Trotter und die ueberfluessige Fortsetzung

Barry Trotter und die ueberfluessige Fortsetzung

Titel: Barry Trotter und die ueberfluessige Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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genau das Werk, das sie brauchte, falsch ins Regal gestellt. Schließlich wüteten die Schüler hier wie kleine Wikinger. Jeden Abend pflegte Madame Ponce den Abiszet -Zauberspruch zu sprechen, und alles flog an seinen Platz zurück. Aber schon am Mittag des nächsten Tages war die Bibliothek wieder ein Monument des Chaos.
    Sie legte das Buch auf den Tresen. Vielleicht, wenn sie es nur noch einmal versuchte ... Sie zog eine Schublade des Katalogs auf und blätterte die Karteikarten durch. Die Schublade kicherte.
    »Psst!« sagte Hermeline und blätterte weiter. Diesmal lachte die Schublade laut auf.
    Das hatte Ponce gehört. Ihr Kopf tauchte aus dem Gang auf. » Gute Nacht , Hermeline«, sagte sie, offensichtlich ein bisschen verärgert. »Ich muss schließen.« So ging das schon seit Hermelines Schulzeit.
    »Tut mir leid, Madame Ponce, ich wollte gerade gehen«, sagte Hermeline. Sie nahm ihre Sachen, um aufzubrechen, als ihr etwas hinter Ponce’ Schreibtisch ins Auge fiel. Es war ein Leihverzeichnis mit der Aufschrift »Kollegium«. Hermeline musste daran denken, wie prompt und unerbittlich einem Madame Ponce’ Mahnungen ins Haus flatterten, sobald ein Buch auch nur eine Sekunde überfällig war. Und wenn man den Briefschlitz verstopfte, ergossen sie sich durch den Kamin, durch die Oberlichter, unter der Tür durch ... Zauberpost lässt sich nicht recyceln, und was soll der ganze Aufstand, wo man das blöde Buch doch einfach kaufen kann?
    Vielleicht würde das Leihverzeichnis sie auf ein paar Ideen bringen, in welchen Büchern sie noch nachschauen konnte. Oder, dachte Hermeline, vielleicht finde ich darin sogar einen Hinweis, wer Barry verzaubert hat ... Sie musste einfach einen Blick hineinwerfen.
    Am anderen Ende des Raums gingen ein paar Lichter aus — Madame Ponce würde jeden Moment aus ihrem Gang auftauchen. Hermeline stützte sich mit beiden Händen auf die Marmorplatte, schwang sich flink über den Tresen und landete neben dem Hochstuhl, von dem aus Ponce alles zu überwachen pflegte, was in der Bibliothek vorging. (Die etwas erhöhte Sitzposition erleichterte es ihr, sofort einzugreifen, wenn ein Schüler beim Lesen geistesabwesend an sich herumspielte.) Sie hörte, wie Ponce pfeifend zurückkam — war das etwa »The Book of Love«? Zu ihrem Entsetzen fiel Hermeline ein, dass ihre Tasche immer noch auf dem Tresen lag. In der Hoffnung, die Bibliothekarin würde sie nicht sehen, griff sie nach dem Gurt und riss sie zu Boden. Dann quetschte sie sich in den Hohlraum unter dem Tisch. Und wenn Ponce sie nun entdeckte — was dann? Sie würde wohl kaum nachsitzen müssen, aber andererseits war Madame Ponce innerhalb der Mauern der Bibliothek von Hogwash so etwas wie ein König oder eine Königin. Vermutlich hatte man ihr auf der Bibliothekarsschule alle möglichen obskuren Foltermethoden beigebracht — Daumenfesseln, die Fußsohlen mit Lesezeichen auspeitschen, mit Papier so oft in die Finger schneiden, bis man verblutet ... Das Pfeifen kam näher, und die fluoreszierenden Kohlenbecken verloschen eins nach dem anderen.
    Unten auf dem Fußboden wetteiferte der Staub von tausend dicken Zauberbüchern darum, Hermeline in die Nase zu steigen. Sie nieste.
    Das Pfeifen verstummte. »Hallo? Ist da jemand?« fragte Madame Ponce mit lauter Stimme. Als niemand antwortete, sagte sie: »Ich möchte daran erinnern, dass auf das unerlaubte Stöbern in der Bibliothek Kastration steht.« 46 Hermeline rührte sich nicht. Als ihr dann sogar ihr Atem zu laut vorkam, hielt sie die Luft an.
    Nach einer schieren Ewigkeit verzog sich Ponce und schaltete die Haupt-Kohlenbecken aus. Hermeline hörte, wie die Tür der Bibliothek geöffnet wurde. Ponce trat über die Schwelle in den Flur hinaus, sagte mit energischer Stimme » Abiszet! « und knallte die Tür zu.
    Hermeline kam sich plötzlich vor wie in »Meuchel die Muddel«. Die Luft war von hin und her sausenden Büchern erfüllt, manche schlossen sich mit einem Knall, bevor sie zu ihrem Regal schwebten, andere erreichten ein solches Tempo, dass sie im Wind flatterten. Wer auch immer in dieses Kreuzfeuer geriet, würde garantiert nicht ungeschoren bleiben: Während ein Taschenbuch einem vielleicht nur eine Rippe brach, konnte man durch ein Hardcover ohne weiteres ein Auge verlieren oder k. o. gehen. Und ein Wörterbuch brachte einen womöglich um, wenn es einen richtig traf.
    Immer noch unter dem Tisch hockend, langte Hermeline nach oben und tastete auf dem Tresen herum. Sie

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