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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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durch. Es kommen bestimmt noch bessere Gelegenheiten.«
    Der Radfahrer erreichte mit rotem, schweißtriefendem Gesicht die Kreuzung, bremste, wischte sich die Stirn und radelte weiter. Wir blickten ihm nach, wobei sich der Junge hauptsächlich auf den Korb konzentrierte.
    »Wir hätten ihm trotzdem das Fahrrad wegnehmen sollen«, sagte er bedauernd. »Ich bin am Verhungern.«
    Einige Zeit verging, dann kam der Fleischer fröhlich pfeifend zurückgeradelt. Sein Korb war leer, dafür war seine Börse jetzt bestimmt prallvoll. Jenseits der Hecke setzte ihm ein Wächter mit großen Sprüngen nach. Sein Körper und sein zerschlissenes Gewand waren im Sonnenlicht fast durchsichtig.
    Der Fleischer trat munter in die Pedale und verschwand. Der Junge unterdrückte ein Niesen. Der Wächter machte sich wieder davon. Ich kletterte eine Dornenranke hoch und spähte über das Gebüsch. Der Himmel war klar, die Wintersonne überflutete die Felder und es war für die Jahreszeit ungewöhnlich warm. Die Straßen waren unbelebt.
    In der folgenden Stunde passierten noch zwei Fahrzeuge die Kreuzung. Erst der Lieferwagen einer Blumenhandlung. Am Steuer saß eine schlampig gekleidete, Zigaretten rauchende Frau. Ich wollte mich eben auf sie stürzen, als meine Mäuseaugen ein verdächtiges Amseltrio erblickten, das in niedriger Höhe langsam über das Wäldchen flog. Ihre Knopfaugen spähten nach allen Richtungen und mein Überfall wäre ihnen garantiert nicht entgangen. Ich versteckte mich wieder und ließ die Frau weiterfahren.
    Die Amseln drehten ab, doch das nächste Fahrzeug war auch nicht besser. Es kam aus der entgegengesetzten Richtung vom Haus her: ein Zauberer-Kabrio. Das Gesicht des Fahrers wurde von einer Leder-kappe und einer Rennbrille verdeckt, und als er vorbeisauste, erhaschte ich nur einen flüchtigen Blick auf seinen kurzen roten Bart.
    »Wer war das?«, wandte ich mich an den Jungen. »Noch einer von Lovelace’ Komplizen?«
    »Nie gesehen. Vielleicht war das der, der gestern Abend auf das Grundstück gefahren ist.«
    »Jedenfalls bleibt er offenbar nicht da.«
    Der Junge bekam immer schlechtere Laune. Er hieb mit der Faust ins Gras. »Wenn wir es nicht bald schaffen, kommen die ersten Gäste. Wir müssen uns unbedingt vorher im Haus umsehen, um herauszufinden, was da überhaupt los ist. Mist! Ich wünschte, ich hätte mehr Zauberkraft!«
    »Das wünschen sich alle Zauberer«, sagte ich gelangweilt. »Wart’s einfach ab.«
    Er blickte wütend zu mir hoch. »Zum Abwarten braucht man Zeit«, knurrte er. »Wir haben aber keine Zeit.«
    Dabei dauerte es nur noch zwanzig Minuten, bis wir unsere Chance bekamen.
    Wieder hörten wir ein Auto kommen und wieder flitzte ich um das Gebüsch herum und hielt von der Böschung Ausschau. Ich wusste sofort, dass die Bedingungen diesmal ideal waren. Es war ein dunkelgrüner, kastenförmiger Lieferwagen mit schmucken schwarzen Kotflügeln. Er war offenbar frisch lackiert, und auf den Seiten stand in stolzen schwarzen Buchstaben: SQUALLS UND SOHN / DELIKATESSEN AUS CROYDON / GEHOBENE GAUMENFREUDEN FÜR DEN GOURMET. Zu meinem Entzücken sah es ganz so aus, als säßen Squalls und Sohn höchstpersönlich vorn im Fahrerhaus. Ein älterer Mann mit Glatze saß am Steuer, ein flotter junger Mann mit grüner Mütze daneben. Beide machten erwartungsvolle Gesichter und schienen sich für den großen Tag eigens herausgeputzt zu haben. Die Glatze des Alten glänzte wie poliert.
    Die Feldmaus machte sich hinter ihrem Stein zum Sprung bereit.
    Der Lieferwagen kam näher. Unter der Kühlerhaube röhrte und ratterte der Motor. Ein letzter Blick zum Himmel – weder Amseln noch andere Verdächtige. Alles in Ordnung.
    Der Wagen hatte jetzt die Bäume erreicht und war damit vom Tor aus nicht zu sehen.
    Sowohl Squalls als auch sein Sohn hatten ihre Fenster heruntergekurbelt, um die gute Luft hereinzulassen. Sohnemann summte ein Liedchen.
    Dann vernahm Sohnemann ein leises Rascheln im Gebüsch. Er sah aus dem Fenster.
    Er erblickte eine Feldmaus, die mit ausgestreckten Krallen, die Hinterbeine voraus, in Karate-Angriffsstellung auf ihn zuflog.
    Die Maus plumpste durch das offene Fenster. Weder Squalls noch Sohn hatten Zeit, irgendetwas zu unternehmen. Eine Art Wirbelsturm brauste durch die Fahrerkabine, sodass sie heftig hin und her schaukelte. Der Lieferwagen kam ins Trudeln und schlitterte gegen die unbefestigte Böschung, der Motor stotterte und verstummte.
    Einen Moment lang herrschte Stille, dann

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