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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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öffnete sich die Beifahrertür. Ein Mann, der Squalls verblüffend ähnlich sah, sprang heraus, langte ins Wageninnere und zerrte Squalls und Sohn, die beide bewusstlos waren, heraus. Der Sohn war seltsamerweise halb nackt.
    Es war eine Sache von Sekunden, die beiden quer über die Straße, die Böschung hinauf und zwischen die Bäume zu schleifen. Ich verstaute Vater und Sohn in einem Brombeergestrüpp und ging zum Wagen zurück. 93
( Faquarl hätte bestimmt zu bedenken gegeben, dass es praktischer gewesen wäre, die beiden einfach aufzufressen, während Jabor überhaupt keine Bedenken gehabt und sie sofort verputzt hätte. Aber ich habe festgestellt, dass Menschenfleisch meiner Substanz nicht bekommt. Man könnte es mit verdorbenen Meeresfrüchten vergleichen – zu viel Dreck pro Bissen. )
    Jetzt kam der schlimmste Teil. Dschinn und Fahrzeuge vertragen sich einfach nicht. Es widerspricht der Natur eines Dschinn, in einer Blechbüchse eingesperrt zu sein, in der es nach Benzin, Schmieröl und Kunstleder stinkt und obendrein noch nach Menschen und ihren Erfindungen. Man kann nachfühlen, wie schwach und minderwertig man sich als Mensch vorkommen muss, wenn man zur Bewältigung längerer Strecken auf solche Klapperkästen angewiesen ist.
    Abgesehen davon konnte ich nicht Auto fahren. 94
(Bis dahin hatte ich nur ein einziges Mal am Steuer eines Autos gesessen, und das war im Großen Krieg gewesen, als die britische Armee fünfzig Kilometer vor Prag lag. Ein tschechischer Zauberer, den ich hier nicht nennen )
    Trotzdem schaffte ich es, den Motor anzulassen und im Rückwärtsgang von der Böschung wieder auf die Straße zu fahren und dann weiter bis zur Kreuzung. Das alles hatte zwar kaum eine Minute gedauert, aber ich hatte trotzdem ziemlichen Bammel, dass sich ein aufmerksamer Wächter fragen könnte, warum der Lieferwagen so lange brauchte, um wieder hinter den Bäumen hervorzukommen.
    An der Kreuzung fuhr ich langsamer, schaute mich rasch nach allen Seiten um und lehnte mich zum Beifahrerfenster hinüber.
    »Schnell! Rein mit dir!«
    Es raschelte hektisch im Gebüsch, die Tür wurde aufgerissen und der Junge war drin. Er schnaufte wie ein Elefantenbulle. Die Tür knallte zu und im nächsten Augenblick bogen wir nach rechts in die Straße nach Heddleham Hall ein.
    Der Junge sah mich unsicher an. »Das bist doch du, oder?«, keuchte er.
    »Logisch. Los, zieh dich um. Die Wächter können jeden Augenblick da sein.«
    Er verrenkte sich auf seinem Sitz, wand sich aus seinem Mantel und schnappte sich das Hemd, die grüne Jacke und die Hose von Sohnemann. Das vor ein paar Minuten noch so schnieke Outfit war inzwischen völlig zerknittert.
    »Beeil dich! Sie kommen.«
    Von beiden Seiten kamen die Wächter mit wehenden schwarzen Gewändern über die Felder gehüpft. Der Junge fummelte noch an seinem Hemd herum.
    »Die Knöpfe gehen so schwer! Ich krieg sie nicht auf!«
    »Dann zieh’s über den Kopf!«
    Der Wächter von links war zuerst da. Ich konnte seine Augen sehen – zwei schwarze Ovale mit winzigen Lichtern in der Mitte. Ich wollte beschleunigen, trat aber auf das falsche Pedal. Der Wagen kam ins Schlingern und wäre fast stehen geblieben. Mein Beifahrer steckte gerade im Hemdkragen fest und knallte mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett.
    »Aua! Das hast du absichtlich gemacht!«
    Ich trat auf das richtige Pedal und wir nahmen wieder Fahrt auf. »Zieh die Jacke über, sonst sind wir erledigt. Und die Mütze!«
    »Und was ist mit der Hose?«
    »Egal. Muss auch so gehen.«
    Der Junge hatte die Jacke angezogen und stülpte sich eben die Mütze auf das zerzauste Haar, als die beiden Wächter längsseits aufschlossen. Sie blieben hinter der Hecke und beobachteten uns von dort aus mit ihren glänzenden Augen.
    »Denk dran: Wir können sie eigentlich nicht sehen«, sagte ich. »Schau immer schön nach vorn.«
    »Mach ich doch.« Ihm fiel etwas ein. »Merken die denn nicht, wer du bist?«
    »Dazu sind sie nicht mächtig genug.« Ich hoffte inbrünstig, dass das stimmte. Ich hielt sie für Ghule, 95
(Ghule: eine ziemlich unappetitliche Abart niederer Dschinn mit einer Vorliebe für Menschenfleisch. Daher sind sie auch sehr taugliche (wenngleich dauerfrustrierte) Wächter. Sie können nur auf fünf Ebenen sehen. Außer auf der siebten war ich auf allen Ebenen Squalls.)
aber heutzutage weiß man ja nie. 96
(Offenbar will jeder mehr sein, als er eigentlich ist. Stechlinge wären gern Mauler, Mauler gern Foliot, Foliot gern

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