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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Lieber?«, erkundigte sie sich. »Hast du einen guten Eindruck gemacht? Stimmt was nicht?«
    Nathanael konnte sie vor Kummer und Scham nicht ansehen. Er wollte schon an ihr vorbeigehen, ohne zu antworten, blieb jedoch im letzten Moment stehen. »Es ist alles gut gegangen«, log er. »Wissen Sie zufällig, wer der Zauberer mit der kleinen Brille und den großen Zähnen ist?«
    Mrs Underwood runzelte die Stirn. »Das muss Simon Lovelace sein, der stellvertretende Handelsminister. Der hat wirklich eindrucksvolle Beißerchen, nicht wahr? Soll aber eine kommende Größe sein. Hast du seine Bekanntschaft gemacht?«
    »Ja.«
    Du kannst überhaupt nichts.
    »Ist auch bestimmt alles in Ordnung? Du siehst so blass aus.«
    »Doch, doch, vielen Dank, Mrs Underwood. Ich gehe jetzt nach oben.«
    »Miss Lutyens wartet im Schulzimmer auf dich.«
    Du bist hilflos.
    »Ich geh gleich hin, Mrs Underwood.«
    Nathanael ging nicht ins Schulzimmer. Zielstrebig marschierte er ins Labor seines Meisters, wo der Staub auf den schmutzigen Flaschen im Sonnenlicht schimmerte und den konservierten Inhalt verbarg.
    Nathanael ging an dem zerschrammten Tisch vorbei, auf dem noch die Zeichnungen herumlagen, an denen er am vergangenen Tag gearbeitet hatte.
    Du bist zu schwach, um dich zu wehren.
    Er blieb stehen und griff nach einem kleinen Glasbehälter, in dem sechs winzige Geschöpfe schwirrten und summten.
    Das werden wir ja sehen.
    Dann ging er entschlossenen Schrittes zum Wandschrank und öffnete eine Schublade. Sie war so verzogen, dass sie stecken blieb und er das Glaskästchen vorsichtig auf dem Tisch abstellen musste, bevor er die Schublade mit kräftigem Rucken ganz herausziehen konnte. Darin lag unter einem Haufen anderer Werkzeuge ein kleiner Stahlhammer. Nathanael nahm ihn heraus, schnappte sich das Kästchen, ließ die Schublade halb offen stehen und verließ das sonnige Labor.
    Auf dem kühlen, schattigen Treppenabsatz sagte er sich stumm die Beschwörungsworte vor. Die sechs Stechlinge rumorten voller Vorfreude in ihrem Glasbehälter und das Kästchen vibrierte in seinen Händen.
    Du kannst überhaupt nichts.
    Die Gesellschaft löste sich soeben auf. Die Tür öffnete sich und die ersten Zauberer kamen grüppchenweise heraus. Mr Underwood brachte sie zur Haustür. Man wechselte höfliche Worte und verabschiedete sich. Niemand bemerkte den blassen Jungen, der von der Treppe aus zuschaute.
    Man musste den Namen nach den ersten drei Befehlen nennen, aber vor dem letzten. Es war eigentlich nicht schwer, vorausgesetzt, man verhaspelte sich nicht bei den kürzeren Silben. Noch einmal ging Nathanael den Spruch stumm durch. Ja, er beherrschte ihn.
    Weitere Zauberer traten aus dem Salon. Nathanael hatte eiskalte Hände. Auf dem Glasbehälter bildete sich ein dünner Schweißfilm.
    Jetzt kamen der junge Zauberer und seine beiden Kollegen herausgeschlendert. Sie unterhielten sich angeregt, lachten über eine Bemerkung des Fischigen. Gemächlich näherten sie sich Nathanaels Meister, der an der Haustür stand.
    Nathanaels Finger schlossen sich fester um den Hammerstiel.
    Er hielt das Glaskästchen mit ausgestrecktem Arm von sich weg. Es bebte förmlich.
    Der alte Mann schüttelte Mr Underwood die Hand. Der junge Zauberer war als Nächster an der Reihe, schaute aber schon auf die Straße hinaus, als könnte er es kaum abwarten zu gehen.
    Mit lauter Stimme sprach Nathanael die ersten drei Befehle, nannte Simon Lovelace’ Namen und beendete die Formel.
    Dann zerschlug er das Kästchen.
    Ein klirrendes Krachen, ein zorniges Brummen. Glassplitter regneten auf den Treppenläufer. Die sechs Stechlinge schossen aus ihrem Gefängnis und sausten mit gierig gereckten Stacheln treppab.
    Die Zauberer hatten kaum Zeit aufzublicken, da waren die Stechlinge schon über ihnen. Drei davon steuerten schnurstracks auf Simon Lovelace’ Gesicht zu. Der Zauberer machte eine rasche Handbewegung, und die kleinen Angreifer gingen in Flammen auf und trudelten gegen die Wand, wo sie zerplatzten. Die drei anderen Stechlinge führten ihren Auftrag nicht korrekt aus. Zwei stürzten sich auf den Fischigen mit dem Teiggesicht, der mit einem Aufschrei zurücktaumelte, über die Türschwelle stolperte und auf den Gartenweg plumpste. Immer wieder stießen die Stechlinge auf der Suche nach nackter Haut auf ihn nieder. Er wedelte verzweifelt mit den Armen vor dem Gesicht herum, aber das half nicht viel. Die Stachel fanden ihr Ziel und jeder Treffer wurde von einem schmerzlichen

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