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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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allein im Zimmer. Jemand stand im Schatten neben den Vorhängen. Nathanael hatte niemanden hereinkommen sehen, und auch der Zauberer schien nichts bemerkt zu haben, denn er tippte noch immer und wandte dem Eindringling den Rücken zu. Es war ein großer, kräftiger Mann in einem langen, ledernen Reiseumhang, der ihm fast bis zu den Stiefelsohlen reichte. Umhang und Stiefel waren abgetragen und ziemlich schmutzig. Das Gesicht des Mannes war von einem dichten schwarzen Bart überwuchert, darüber saßen zwei funkelnde Augen. Etwas in ihrem Ausdruck ließ Nathanael frösteln.
    Jetzt musste der Mann etwas gesagt oder ein Geräusch gemacht haben, denn Simon Lovelace zuckte zusammen und wirbelte auf seinem Drehstuhl herum.
    Das Bild flimmerte, verblasste und fing sich wieder. Nathanael fluchte und beugte sich noch tiefer über die Scheibe. Es kam ihm vor, als hätte das Bild ein, zwei Sekunden übersprungen. Die beiden Männer standen jetzt näher beieinander – der Eindringling war an den Schreibtisch getreten und der Zauberer sprach eifrig auf ihn ein. Er streckte die Hand aus, doch der Fremde deutete nur mit dem Kinn auf den Tisch. Der Zauberer nickte, zog eine Schublade auf, nahm einen Stoffbeutel heraus und leerte ihn auf die Schreibtischplatte. Bündelweise Banknoten fielen heraus.
    Die tiefe Stimme, die jetzt wieder aus der Bronzescheibe drang, klang besorgt. »Bitte nich wieder hauen, aber ich wollt bloß mal Bescheid sagen, dass da so ne Art Aufpasser im Anmarsch is. Zwei Zimmer weiter, kommt auf uns zu. Wir müssen uns verziehen, Chef, aber flotti.«
    Nathanael biss sich auf die Unterlippe. »Bleib, wo du bist, solange es geht. Ich will sehen, wofür Lovelace den Mann bezahlt. Und merk dir alles, was gesprochen wird!«
    »Is ja dein Bier, Chef.«
    Der Fremde schob eine behandschuhte Hand unter dem Umhang hervor und steckte die gebündelten Scheine nacheinander wieder in den Beutel. Nathanael platzte fast vor Ungeduld – jeden Augenblick würde sich der Kobold zurückziehen und dann war er immer noch nicht schlauer.
    Zum Glück war Simon Lovelace auch nicht viel geduldiger. Er streckte abermals die Hand aus, diesmal deutlich fordernder. Der Fremde nickte. Er griff in seinen Umhang und holte ein kleines Päckchen heraus. Der Zauberer riss es ihm aus der Hand und entfernte hastig die Verpackung.
    »Jetzt isses an der Tür! Wir hauen ab«, meldete sich der Kobold zu Wort.
    Nathanael konnte gerade noch sehen, wie sein Erzfeind etwas Funkelndes aus dem Einwickelpapier zog – dann erlosch die Scheibe.
    Er sprach einen kurzen Befehl, worauf das Säuglingsgesicht widerstrebend erschien.
    »War’s das immer noch nich? Ich brauch jetzt echt ein Schläfchen. Mannomann, das war vielleicht knapp. Beinah hätte man uns kalt erwischt.«
    »Was haben sie gesagt?«
    »Tja also, was haben sie gesagt? Ich hab ein paar Brocken aufgeschnappt, das schon, aber meine Ohren sind auch nich mehr das, was sie mal waren, muss mit meiner langen Knechtschaft zusammenhängen…«
    »Raus mit der Sprache!«
    »Der große Typ hat überhaupt nich viel geredet. Hast du zufällig die roten Flecken auf seinem Umhang gesehen? Seeehr verdächtig. Ketchup war das jedenfalls nich, sagen wir’s mal so. Und ziemlich frisch war’s auch noch, das hat man gerochen. Was hat er bloß gesagt? ›Ich hab es.‹ Das war das eine. Und dann noch: ›Erst das Geld.‹ Ziemlich maulfaul, würd ich sagen.«
    »War es ein Dämon?«
    »Ich nehme an, dass du mit dieser unhöflichen Bezeichnung ein erhabenes Wesen vom Anderen Ort meinst. Fehlanzeige. Ein Mensch.«
    »Und was hat der Zauberer gesagt?«
    »Der war ein bisschen mitteilsamer. Genau genommen ziemlich redselig. ›Hast du’s?‹ So ging’s schon mal los. Dann hat er gesagt: ›Wie hast du… Nein, lass nur. Gib es mir einfach.‹ Er war schrecklich aufgeregt und ganz außer Puste. Dann hat er die Kohle rausgeholt.«
    »Das war alles? Um was für einen Gegenstand ging es? Hat ihn einer von beiden erwähnt?«
    »Nich dass ich wüsste… he, warte! Du musst nich gleich giftig werden… ich mach doch alles, was du willst, oder? Als der große Typ dem anderen das Päckchen gegeben hat, hat er was gesagt…«
    »Was?«
    »Ich hätt fast nix verstanden, so leise hat er…«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt: ›Das Amulett von Samarkand gehört Ihnen, Lovelace.‹ Ja, genau so war’s.«
    Es dauerte noch einmal fast ein halbes Jahr, bis sich Nathanael der Sache gewachsen fühlte. Er eignete sich neue

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