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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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schnell an ihm vorbei ans andere Ende des Korridors. Die Tür dort besaß als Einzige kein Schlüsselloch und das Holz war unter dem weißen Lack mit Metallbändern verstärkt. Zwei gute Gründe, es hier zuerst zu probieren.
    Unter der Tür war ein winziger Spalt. Für ein Insekt war er zu schmal, aber ich sehnte mich ohnehin nach einem Gestaltwechsel. Die Fliege löste sich in ein Rauchwölkchen auf und schlüpfte gerade noch rechtzeitig unter der Tür hindurch, bevor sich der Dunstschleier um die Kröte wieder verzog.
    Im Zimmer verwandelte ich mich in einen Jungen.
    Hätte ich den Namen des Zauberlehrlings gewusst, hätte ich boshafterweise seine Gestalt angenommen, damit Simon Lovelace einen Anhaltspunkt hatte, wenn er daranging, den Diebstahl zu rekonstruieren. Aber ohne Namen konnte ich nichts ausrichten. Daher verwandelte ich mich in einen Jungen, den ich früher einmal gekannt und sehr gern gehabt hatte. Längst hatte der Nil seinen Staub davongetragen, weshalb ihm mein kleiner Frevel nicht schaden würde, und außerdem erinnerte ich mich gern auf diese Weise an ihn. Er hatte braune Haut, helle Augen und trug einen weißen Lendenschurz. Genau wie damals legte er den Kopf ein wenig schief, als er sich nun umsah.
    Der Raum war fensterlos. An der Wand standen Vitrinen mit magischen Gerätschaften. Das meiste war nutzloser Krimskrams, der allenfalls für Bühnenauftritte 10
(Für Nichtmagier war es natürlich eindrucksvoll genug, keine Frage. Es gab Kristallkugeln, Zauberspiegel, Totenschädel, Knöchelchen von Heiligen, von sibirischen Schamanen stibitzte Geisterstäbchen, Flaschen mit Blut zweifelhafter Herkunft, Medizinmannmasken, ausgestopfte Krokodile, modische Zauberstäbe, Kleiderständer mit Umhängen für alle möglichen Anlässe sowie unzählige dicke Zauberbücher, die aussahen, als hätte man sie vor Urzeiten in Menschenhaut gebunden, die vermutlich aber erst letzte Woche in einer Fabrik in Catford am Fließband produziert worden waren. Zauberer lieben solches Zeug. Sie haben ein ausgesprochenes Faible für diese Art Hokuspokus (einige von ihnen glauben sogar fast daran), und sie genießen es, damit Eindruck auf Uneingeweihte zu machen. Ganz abgesehen davon, dass dieser ganze Schnickschnack die Aufmerksamkeit vom wahren Ursprung ihrer Macht ablenkt. Von uns.)
taugte, aber es gab darunter auch ein paar durchaus verlockende Objekte.
    Etwa ein Beschwörungshorn, das ich sofort als echt erkannte, denn von seinem Anblick wurde mir übel. Ein Ton genügte, und alles, was dem betreffenden Zauberer untertan war, warf sich ihm sofort zu Füßen, winselte um Gnade und flehte ihn an, seine Befehle befolgen zu dürfen. Es war ein uraltes, grausames Instrument und ich wagte mich nicht in seine Nähe. In einer anderen Vitrine lag ein Auge aus Lehm. So eins hatte ich schon mal gesehen, und zwar bei einem Golem. Ich fragte mich, ob der Dummkopf Lovelace um die Kräfte dieses Auges wusste. Höchstwahrscheinlich nicht. Er hatte es vermutlich als kurioses Souvenir von einer Pauschalreise nach Mitteleuropa mitgebracht. Magischer Tourismus… ich bitte dich. 11
(Darauf waren sie alle ganz scharf: Per organisierter Bustour (oder, da die meisten von ihnen ziemlich gut betucht waren, auch per Charterflugzeug) wurden die großen magischen Städte der Vergangenheit abgeklappert. Vor den berühmten Sehenswürdigkeiten war dann ausgiebiges »Ooh« und »Aah« angesagt, vor den Tempeln, den Geburtsstätten angesehener Magier, den Orten, an denen sie ihr grausiges Ende gefunden hatten. Und alle waren darauf aus, heimlich ein Stückchen von einer Statue mitgehen zu lassen oder auf Schwarzmarkt-Basaren herumzustöbern, in der Hoffnung, irgendwelche heruntergehandelten Zauber-Schnäppchen zu ergattern. Nichts gegen Kulturvandalismus, aber das Ganze ist furchtbar vulgär. )
Aber meinetwegen. Mit etwas Glück kostete ihn das Ding eines schönen Tages das Leben.
    Und dort lag das Amulett von Samarkand. In einer eigenen Vitrine, geschützt von einem Glassturz und seinem eigenen Ruf. Ich trat näher, ging noch einmal rasch sämtliche Ebenen durch und fand – na ja, nichts Bestimmtes, nur auf der siebten Ebene schien es mir, als regte sich etwas. Nicht in diesem Zimmer, aber ganz in der Nähe. Ich beeilte mich wohl besser.
    Das Amulett war klein, aus stumpfem Goldblech gefertigt und hing an einer kurzen Goldkette. In der Mitte saß ein ovaler Jadestein, und in die Goldeinfassung waren stilisierte Muster geprägt, die galoppierende

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