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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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zu klingen, aber bei einer Wühlmaus kommt dabei höchstens ein ärgerliches Piepsen heraus.
    »Na du weißt schon, das Khmer-Reich, die Eroberung von Siam. Ich hab damals für die kaiserlichen Magier gearbeitet. Warst du da auch dabei? Hast du zu den Aufrührern gehört?«
    »Nein.« 65
(Das war nicht gelogen. Vor 800 Jahren hielt ich mich überwiegend in Nordamerika auf)
    »Ehrlich nicht?«
    »Ehrlich nicht! Da verwechselst du mich mit jemandem. Aber mal was anderes… Hör zu…« Die Wühlmaus senkte verschwörerisch die Stimme und raunte hinter vorgehaltener Pfote: »Du bist doch ein heller Bursche. Bist ganz schön rumgekommen, hast in den Diensten der übelsten Herrscher gestanden… Pass auf – ich habe einflussreiche Freunde. Wenn du mir hilfst, von hier wegzukommen, bringen sie deinen Herrn um und befreien dich aus deiner Knechtschaft.«
    Wäre Stierkopf wirklich helle gewesen, hätte ich schwören können, dass er mich argwöhnisch anglotzte. Trotzdem machte ich weiter. »Wie lange schiebst du hier drin schon Wache?«, fragte ich. »Fünfzig Jahre? Hundert? Das ist doch kein Leben für einen Utukku! Da könntest du ja gleich unter so einer Glocke hocken wie ich.«
    Stierkopf kam dicht ans Gitter. Der Schaum aus seinen Nüstern regnete auf mich nieder und hinterließ klebrige Tröpfchen auf meinem Fell. »Was für Freunde?«
    »Äh, ein Marid… ein großer… und vier Afriten, sehr mächtige, viel stärker als ich… Du könntest bei uns mitmachen…«
    Der Stierkopf zog sich mit empörtem Grollen zurück. »Du hältst mich wohl für blöd!«
    »Aber nein, keineswegs…« Die Wühlmaus zuckte die Achseln. »Ich bin doch nicht dein Freund Adlerschnabel. Der hat vorhin gemeint, du machst bei unserem Plan bestimmt nicht mit. Na ja, wenn du kein Interesse hast…« Mit einem kleinen Hüpfer wandte die Wühlmaus dem Wächter den Rücken zu.
    »Wie bitte?« Stierkopf trabte eilig um die Säule herum und richtete seine Lanze auf die Glocke. »Dreh mir gefälligst nicht den Rücken zu! Was hat Xerxes gesagt?«
    »He!« Adlerschnabel kam aus der gegenüberliegenden Ecke anmarschiert. »Habt ihr da grade über mich geredet? Du sollst doch nicht mit den Gefangenen sprechen!«
    Stierkopf stierte ihn gereizt an. »Ich rede, mit wem ich will. Du hältst mich also für blöd, häh? Ich bin aber nicht blöd, kapiert? Was habt ihr beide da für einen Plan?«
    »Nichts verraten, Xerxes!«, flüsterte ich vernehmlich. »Halt bloß dicht!«
    Adlerkopf knirschte mit dem Schnabel. »Plan? Was für ein Plan? Der Gefangene lügt, Baztuk. Was hat er dir da erzählt?«
    »Lass gut sein, Xerxes«, rief ich fröhlich. »Ich hab ihm kein Wort von…du weißt schon was… verraten.«
    Stierkopf schwang drohend seine Lanze. »Ich glaube, ich sollte hier lieber die Fragen stellen, Xerxes«, sagte er. »Du hast dich mit dem Gefangenen verschworen!«
    »Quatsch, du Blödmann…«
    »Ach, ich bin also ein Blödmann?«
    Und schon gingen sie aufeinander los: Schnauze an Schnabel, mit schwellenden Muskeln und gesträubtem Federschopf brüllten sie sich an und verpassten einander Boxhiebe auf die Brustpanzer. Aber hallo! Utukku kann man wirklich leicht hinters Licht führen. In ihrer Aufregung hatten sie mich völlig vergessen, was mir gerade recht kam. Normalerweise hätte es mir Spaß gemacht zuzuschauen, wie sie einander an die Gurgel gingen, doch in meiner derzeitigen Lage war das nur ein schwacher Trost.
    In der Glocke war es inzwischen wieder unangenehm eng, weshalb ich mich noch kleiner machte. Diesmal verwandelte ich mich in einen Skarabäus. Das änderte natürlich nichts Grundsätzliches an meiner Bedrängnis, sondern zögerte das Unvermeidliche lediglich ein wenig hinaus und verschaffte mir für eine Weile genug Platz, auf meinem Postament hin-und herzukrabbeln und die Flügel zornig und allmählich auch verzweifelt auf-und zuzuklappen. Dieser verflixte Nathanael! Wenn ich jemals hier rauskäme, würde ich mich so fürchterlich an ihm rächen, dass sein schreckliches Schicksal in die Legenden und Albträume seiner Kollegen eingehen würde. Dass ich, Bartimäus, den König Salomo und Häuptling Hiawatha zu Rate gezogen hatten, auf diese würdelose Weise abtreten sollte – als Käfer von einem Feind zerquetscht, der sich noch nicht einmal die Zeit nahm, dabei zuzusehen! Niemals! Mir fiel schon noch etwas ein…
    Ich krabbelte hin und her, her und hin, überlegte und überlegte…
    Unmöglich. Es gab kein Entrinnen. Der Tod rückte

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