Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
dutzend Foliot, die offensichtlich auf der uns abgewandten Seite auf die Dächer geklettert waren und nun die Firste und Schornsteine jedes einzelnen Hauses rings um den Platz besetzt hielten, höhnisch auf uns heruntergrinsten und provozierend mit den Schwänzen wackelten.
    Kaum sah der Würstchenverkäufer die Soldatenkette, hechtete er mit einem Schrei des Entsetzens auf sein Fahrrad und sauste wie von der Tarantel gestochen davon, wobei er eine Spur aus Würstchen, Sauerkraut und glühender Holzkohle hinter sich herzog.
    »Das sind doch bloß Menschen«, sagte Nathanael. »Wir sind hier nicht in London. Wir brechen einfach durch.«
    Wir liefen bereits auf die nächstbeste Straße zu, die Karlova. »Ich dachte, ich darf hier keine Gewalt oder offenkundige Magie anwenden«, gab ich zu bedenken.
    »Schluss mit der vornehmen Zurückhaltung. Wenn unsere tschechischen Freunde auf den Putz hauen wollen, können wir… Oha!«
    Wir hatten den Würstchenmann immer noch im Blick, als es geschah. Als sei er ganz von Sinnen vor Angst, war er zuerst ziellos kreuz und quer über den Platz geradelt, jetzt aber änderte er plötzlich seine Taktik und raste mit gesenktem Kopf und rotierenden Beinen geradewegs auf den Soldatenkordon zu. Ein Soldat riss das Gewehr hoch, ein Schuss knallte. Der Radfahrer zuckte zusammen, sein Kopf sackte zur Seite, die Füße rutschten von den Pedalen und hüpften und schleiften über den Boden. Das Fahrrad hatte jedoch immer noch genug Schwung und rollte mitsamt dem scheppernden, polternden Grill weiter, bis es mit voller Wucht in den Wall aus Soldaten krachte, umkippte und den Leichnam des Verkäufers, die Würstchen, die heißen Kohlen und das kalte Kraut auf die Umstehenden verteilte.
    Mein Herr bremste keuchend. »Ich brauche einen Schutzschild«, japste er, »sofort!«
    »Meinetwegen.«
    Ich hob den Finger und wirkte einen Schild um uns. Sogleich umspannte uns eine schillernde, aber nur auf der zweiten Ebene sichtbare, kartoffelförmige Blase, die allen unseren Bewegungen folgte. »Und jetzt eine Detonation!«, sagte der Junge entschlossen. »Wir sprengen uns den Weg frei.«
    Ich sah ihn an. »Ist das dein Ernst? Es sind doch keine Dschinn!«
    »Dann hau sie halt irgendwie anders weg! Von mir aus brauchst du sie auch nur anzutippen. Hauptsache, wir kommen mit heiler Haut hier raus!«
    Aus dem Gewirr verhedderter Gliedmaßen löste sich ein Soldat und legte an. Ein Schuss, die Kugel überwand den Zwischenraum von dreißig Metern, durchschlug den Schild, kam auf der anderen Seite wieder heraus und zog Nathanael unterwegs einen neuen Scheitel.
    »Was soll das denn für ein Schild sein?«, fauchte der Junge.
    Ich verzog das Gesicht. »Die haben Silberkugeln. 45
( Silber ist nicht nur hochgiftig für unsere Substanz, es ist auch in der Lage, viele unserer magischen Schutzvorrichtungen so mühelos zu durchtrennen wie ein angewärmtes Messer ein Stück Butter. So tief Prag in puncto Magie inzwischen gesunken war, schien es doch nicht alle alten Kunstgriffe vergessen zu haben. Was nicht heißen soll, dass Silberkugeln damals hauptsächlich dem Kampf mit Dschinn dienten – im Allgemeinen wurden sie gegen wesentlich haarigere Gegner eingesetzt. )
Der Schild reicht nicht aus. Komm…« Ich drehte mich um, packte ihn am Schlafittchen und nahm zugleich die unumgängliche Verwandlung vor. Der schlanke, anmutige Ptolemäus wurde groß und unförmig und bekam eine raue Oberfläche, Haut wurde zu behauenem Stein, dunkles Haar zu grünem Moos. Den Soldaten bot sich der seltene Anblick eines schwärzlichen, o-beinigen Steindämons, der in großer Eile davonstapfte und einen wütenden Halbwüchsigen mitzerrte.
    »Wo willst du hin?«, protestierte der Junge. »Wir sind umzingelt!«
    Der Dämon knirschte mit dem Hornschnabel. »Klappe. Ich muss nachdenken.« Was angesichts des nun folgenden Durcheinanders schwer genug war.
    Ich spurtete zurück zur Platzmitte. Von allen Seiten rückten die Soldaten mit schussbereiten Gewehren, dumpf donnernden Stiefeln und klingelnden Medaillen langsam, aber beständig vor. Die Foliot auf den Dächern schnatterten aufgeregt und schlidderten ihrerseits die steilen Dächer herab, wobei ihre Krallen über die Ziegel klackerten wie tausend Insektenbeinchen. Der Steindämon wurde langsamer und blieb stehen. Weitere Kugeln sausten uns um die Ohren. So wie der Junge in meinem Griff baumelte, gab er ein leichtes Ziel ab. Ich schwenkte ihn herum, drückte ihn an meine Brust und legte die

Weitere Kostenlose Bücher