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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Steinflügel um ihn. Was obendrein den Vorteil hatte, dass sein Gejammer deutlich leiser wurde.
    Eine Silberkugel prallte von meinem Flügel ab und das giftige Element hinterließ ein stechendes Brennen in meiner Substanz.
    Sie kamen von allen Seiten: Silberkugeln auf Straßenniveau, Foliot von oben. Blieb nur eine Möglichkeit – der goldene Mittelweg.
    Ich zog den Flügel zurück und drehte den Jungen mit dem Gesicht nach vorn, damit er sich umsehen konnte. »Schau gut hin«, befahl ich. »Welches Haus hat deiner Meinung nach die dünnsten Mauern?«
    Erst begriff er nicht, was ich meinte, dann machte er große Augen. »Du willst doch nicht etwa…«
    »Das da? Mit den rosa Fensterläden? Ja, da könntest du Recht haben. Na, wir werden’s ja gleich sehen…«
    Damit waren wir auch schon unterwegs, flitzten durch den Kugelhagel – ich immer dem Schnabel nach und mit zusammengekniffenen Augen, er ein japsendes Bündel, das versuchte, sich möglichst klein zusammenzurollen und dabei schützend die Arme um den Kopf zu legen. Zu Fuß haben Steindämonen ein beachtliches Tempo drauf, vorausgesetzt, wir helfen mit ein paar tüchtigen Flügelschlägen nach, und ich darf mit einigem Stolz berichten, dass wir eine schmale Schmauchspur auf den Steinen hinterließen.
    An dieser Stelle rasch eine kurze Beschreibung meines Ziels: ein stattliches, vierstöckiges Gebäude mit einem Laubengang im Erdgeschoss, in dem sich kleine Läden angesiedelt hatten. Dahinter erhoben sich die düsteren Türme der Teynkirche. 46
( Ich hörte im Geist, wie mich der alte Tycho anfeuerte. Der Bursche war eine echte Spielernatur! Einst hatte er mit mir um meine Freiheit gewettet, dass ich es nicht schaffen würde, an einem bestimmten Tag mit einem einzigen Satz über die Moldau zu springen. Falls es mir gelänge, wollte er mein Sklave sein, mit dem ich nach Belieben verfahren durfte. Natürlich hatte der alte Fuchs den Zeitpunkt des Frühjahrshochwassers vorausberechnet. An jenem Tag trat der Fluss über die Ufer und überflutete große Teile der angrenzenden Landschaft. Zur Schadenfreude meines Herrn landete ich mit den Hufen in der Soße. Er lachte so heftig, dass ihm die Nase abfiel. )
Der Hausbesitzer hatte viel Sorgfalt auf die Fassade verwendet. Jedes Fenster war liebevoll mit erst kürzlich gestrichenen, fröhlich rosafarbenen Doppelläden versehen. Auf jedem Fenstersims standen lange, flache, bis zum Bersten mit weißen und lachsfarbenen Pfingstrosen vollgestopfte Blumenkästen, vor den Scheiben hingen sittsam gefältelte Rüschengardinen. Das Ganze war hoffnungslos verschnuckelt. Fehlten nur noch ausgesägte Herzchen in den Fensterläden.
    Aus gleich zwei Nebenstraßen kamen Soldaten angeprescht und wollten uns den Weg abschneiden.
    Die Foliot rutschten Regenrinnen runter oder spreizten die Arme, sodass sich die lose Haut darunter spannte und sie wie an Fallschirmen sanft zu Boden schwebten.
    Übern Daumen gepeilt, hielt ich es für das Erfolgversprechendste, den zweiten Stock anzusteuern, weil der auf halber Höhe zwischen unseren Verfolgern lag. Ich rannte, ich hüpfte, ich schlug knatternd mit den Flügeln und zwei Tonnen Steindämon erhoben sich stolz in die Lüfte. Zwei Silberkugeln nahmen uns aufs Korn, dazu gesellte sich von oben ein kleiner, vorwitziger Foliot, der schneller als seine Kumpane war. Die Kugeln zischten links und rechts an uns vorbei, und der Foliot prallte gegen eine Steinfaust, die ihn wie eine Ziehharmonika zu etwas Flachem, Rundem zusammenschob, das entfernt an eine platt gedrückte Frikadelle erinnerte.
    Zwei Tonnen Steindämon krachten in eine Fensterscheibe im zweiten Stock.
    Mein Schild war immer noch intakt und schützte mich und den Jungen weitgehend vor Glas-und Holzsplittern, während um uns herum Putz und Ziegel wegspritzten. Was den Jungen keineswegs davon abhielt, Zeter und Mordio zu schreien, womit er mehr oder weniger mit dem übereinstimmte, was die alte Dame im Rollstuhl äußerte, als wir über ihren Kopf hinwegrauschten. Ich erhaschte einen Blick auf ein von Klöppelspitzen überwuchertes Schlafzimmer, dann verschwanden wir auch schon wieder aus ihrem Leben, indem wir ihr gastliches Haus durch die gegenüberliegende Wand verließen.
    In einem Backsteinhagel purzelten wir durch einen Wald aus Wäschestücken, die ein gedankenloser Mitbürger an einer Leine vor dem Fenster zum Trocknen aufgehängt hatte, in eine kühle dunkle Gasse. Der Aufprall war heftig, doch der Steindämon federte ihn

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