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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Marktplatzes zuhielt. Da die meisten Heimkehrer, warum auch immer, ebenfalls eher am Rand gingen, wirkte der Junge ein wenig einsam. Ich schaute ihm nach. Eine Schar Spatzen flatterte vor seinen Füßen vom Pflaster auf und flog auf die umliegenden Dächer. Ich überprüfte sie argwöhnisch, aber es waren keine getarnten Wächter darunter. Alles in Ordnung, bis jetzt jedenfalls.
    Ein geschäftstüchtiger Herr mit einem struppigen Schnurrbärtchen hatte einen fahrbaren Holzkohlengrill an sein Fahrrad gehängt und sich eine günstige Stelle mitten auf dem Platz gesucht. Dann hatte er den Grill angeworfen und war nun emsig damit beschäftigt, für die hungrigen Prager würzige Würste zu braten. Mein Herr reihte sich in die kleine Schlange vor dem fahrbaren Stand ein und hielt dabei unauffällig nach Harlekin Ausschau.
    Ich lehnte mich lässig an eine Hauswand, von wo aus ich den ganzen Platz im Blick hatte. Er gefiel mir nicht. Zu viele Fenster glänzten im schwindenden Sonnenlicht, und man konnte unmöglich sagen, ob dahinter jemand stand und auf das bunte Treiben herabschaute.
    Es schlug sechs Uhr. Harlekin hatte sich noch nicht gezeigt.
    Die Würstchenschlange wurde kürzer. Nathanael war der Letzte. Er schob sich weiter und kramte in seiner Tasche nach Kleingeld.
    Ich überprüfte jeden einzelnen Passanten in jedem noch so entlegenen Winkel des Platzes. Ein kleines Grüppchen stand schwatzend vor dem Rathaus, aber die meisten Leute hatten es eilig, nach Hause zu kommen, strömten aus den Straßen, die auf den Platz mündeten, oder bogen in sie ein.
    Falls sich Harlekin in der Nähe aufhielt, gab er sich jedenfalls nicht zu erkennen.
    Mein Argwohn wuchs. Ich entdeckte immer noch kein sichtbares Anzeichen von Magie, trotzdem spürte ich auf allen sieben Ebenen ein sonderbares Kribbeln.
    Aus reiner Gewohnheit überprüfte ich nacheinander die abgehenden Straßen, insgesamt sieben Stück… Das zumindest war ein Vorteil. Im Notfall standen uns mehrere Fluchtwege zur Verfügung.
    Jetzt stand nur noch ein kleines Mädchen vor Nathanael und verlangte einen Extraklacks Ketschup auf seine Wurst.
    Ein hoch gewachsener Mann überquerte mit langen Schritten den Platz. Er trug Hut und Anzug und unterm Arm eine ramponierte Aktentasche. Ich musterte ihn. Der Größe nach konnte er es sein, aber ganz sicher war ich nicht.
    Nathanael war er noch nicht aufgefallen. Er sah dem kleinen Mädchen nach, das unter der Last seiner riesigen Wurst davonwankte.
    Der Mann hielt eilig auf Nathanael zu. Zu eilig vielleicht… als führte er etwas im Schilde…
    Ich setzte mich in Bewegung.
    Der Mann ging dicht hinter Nathanael vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, und hastete übers Pflaster davon.
    Ich beruhigte mich wieder. Vielleicht hatte der Junge ja Recht und ich war tatsächlich grundlos nervös.
    Jetzt bestellte Nathanael seine Wurst und schien mit dem Verkäufer über einen Sauerkrautnachschlag zu verhandeln.
    Wo blieb bloß dieser Harlekin? Die Uhr am Glockenturm des alten Rathauses zeigte zwölf Minuten nach sechs. Der Geheimagent hatte sich bereits ziemlich verspätet.
    Aus dem Gedränge am Rand des Platzes vernahm ich ein leises, rhythmisches Klingeln, wie die Glöckchen an einem Rentierschlitten, die man weithin über die verschneite Landschaft hört. Es schien von allen Seiten zugleich zu kommen. Einerseits kam mir der Klang bekannt vor, andererseits konnte ich mich nicht erinnern, ihn schon einmal gehört zu haben, jedenfalls konnte ich ihn beim besten Willen nicht einordnen.
    Erst als ich die blauen Tupfen sah, die sich an den Einmündungen der sieben Straßen ihren Weg durchs Gewühl bahnten, ging mir ein Licht auf. Stiefelabsätze knallten aufs Kopfsteinpflaster, Sonnenlicht glitzerte auf Gewehrläufen, metallischer Klimperkram klirrte auf den uniformierten Brustkästen der halben Prager Armee, die jetzt ins Blickfeld rückte. Die Menge wich unter ängstlichen Ausrufen zurück. Die Soldaten blieben wie auf Kommando stehen, ihre dicht geschlossenen Reihen versperrten sämtliche Zu-und Ausgänge.
    Schon lief ich quer über den Platz.
    »Mandrake!«, rief ich. »Vergiss Harlekin. Wir müssen weg!«
    Der Junge drehte sich mit dem Würstchen in der Hand um. Erst jetzt fielen ihm die Soldaten auf. »Ach herrje«, meinte er, »wie unangenehm.«
    »Das kannst du laut sagen. Über die Dächer können wir auch nicht. Außerdem sind sie uns zahlenmäßig überlegen.«
    Nathanael hob den Kopf und weidete sich am Anblick etlicher

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