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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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einigermaßen mit seinen grauen Waden ab. Der Junge entglitt seinen Armen und kullerte in den Rinnstein.
    Mühsam richtete ich mich auf, der Junge ebenfalls. Der Lärm der Verfolger war schwächer geworden, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die Soldaten und Foliot wieder auf der Bildfläche erscheinen würden. Eine kleine Straße führte tiefer in die Altstadt hinein, und wir einigten uns wortlos darauf, ihr zu folgen.
    Eine halbe Stunde später warfen wir uns keuchend ins schattige Dickicht eines verwilderten Gartens. Wir hatten schon eine ganze Weile nichts mehr von den Verfolgern gehört und ich präsentierte mich längst wieder in der unauffälligeren Gestalt des Ptolemäus.
    »So viel zum Thema Wir-vermeiden-jedes-Aufsehen«, sagte ich. »Hat ja prima geklappt.«
    Der Junge erwiderte nichts. Er hielt den Blick auf seine Hände gerichtet, die irgendetwas umklammerten.
    »Ich schlage vor, wir vergessen diesen Harlekin einfach«, fuhr ich fort. »Wenn der auch nur einen Funken Grips besitzt, wandert er nach diesem Theater fluchtartig auf die Bermudas aus. Dann siehst du ihn sowieso nie wieder.«
    »Das ist auch nicht nötig«, entgegnete mein Herr, »und viel bringen würde es auch nicht. Er ist nämlich tot.«
    »Hä?« Meine berühmte Schlagfertigkeit hatte durch die jüngsten Ereignisse ein wenig gelitten. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Junge immer noch sein Würstchen in der Hand hielt. Es sah nach diesem Abenteuer ziemlich mitgenommen aus, die Beilage bestand statt aus Sauerkraut jetzt hauptsächlich aus Putzbrocken, Holz-und Glassplittern sowie einigen Blütenblättern. Das Ganze war nicht mehr sehr appetitlich, aber der Junge starrte es wie gebannt an.
    »Hör mal, ich weiß, dass du Hunger hast«, sagte ich, »aber das muss nun wirklich nicht sein. Ich hol dir rasch einen Burger oder so was.«
    Der Junge schüttelte den Kopf. Mit staubigen Fingern klappte er das Brötchen auf. »Harlekin hat Wort gehalten«, sagte er gedehnt. »Hier ist unser nächster Kontakt in Prag.«
    »Eine Bratwurst?«
    »Nein, du Knalltüte. Das hier…« Er zog unter der Wurst ein zerknicktes, ketschupbekleckstes Kärtchen hervor. »Der Würstelmann war Harlekin«, fuhr er fort. »Er hatte sich verkleidet. Jetzt hat er sein Leben für sein Vaterland gelassen, und von nun an gehört es zu unserem Auftrag, ihn zu rächen. Aber zuerst… müssen wir diesen Zauberer hier finden.«
    Er hielt mir das Kärtchen hin. Darauf waren nur vier Worte gekritzelt:
Kavka Goldenes Gässchen 13

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    Zu meiner unendlichen Erleichterung schien der Junge aus unserer spektakulären Flucht vom Altstädter Ring etwas gelernt zu haben. Der lässige englische Tourist war verschwunden, stattdessen durfte ich ihn den Rest dieses düsteren, ungemütlichen Abends durch das Labyrinth der baufälligen Prager Gassen führen, wie es unserer Lage angemessen war: zwei Spione, immer auf der Hut, mitten im Feindesland. Mit grenzenloser Geduld schlugen wir uns nach Norden durch und wichen unterwegs den Patrouillen aus, die jetzt strahlenförmig vom Markt her ausschwärmten, indem wir uns unter Tarngespinsten verbargen und manchmal auch in leer stehenden Gebäuden verkrochen und abwarteten, bis die Uniformierten vorbeigetrampelt waren. Dabei kamen uns die einbrechende Dunkelheit und der vergleichsweise geringe Einsatz magischer Fahndungsmethoden zugute. Ein paar Foliot tapsten über die Dächer und sandten Suchimpulse aus, die ich aber problemlos umlenken konnte, ohne mich zu verraten. Das war’s auch schon: keine von der Leine gelassenen Halbafriten, keine wie auch immer gearteten Dschinn. Die Prager Obrigkeit musste sich vorwiegend auf ihre einigermaßen hilflosen menschlichen Truppen verlassen und das nutzte ich voll aus. Kaum eine Stunde später hatten wir bereits auf der Ladefläche eines Gemüselasters die Moldau überquert und waren nun zu Fuß durch Hinterhöfe und Gärten zur Burg unterwegs.
    In der guten alten Zeit hatte man den nicht allzu hohen Berg, auf dem die Burg thronte, jeden Abend mit tausenden Laternen beleuchtet, welche die Farbe und gelegentlich auch, ganz nach Lust und Laune des Kaisers, den Standort wechselten und mannigfache Lichter auf die Bäume und Häuser warfen, die sich an den Berghang schmiegten. 47
(Jede Laterne enthielt einen versiegelten Glasbehälter, in dem ein geknechteter Kobold hauste. Der Lampenmeister (dieser Posten wurde unter den Hofzauberern weitervererbt) ging jeden Nachmittag den ganzen Hang ab und gab den

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