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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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bisschen abgedroschen, aber in diesem Rahmen recht ordentlich ausgeführt. 59
(Wer von uns in der Nähe war, nahm das Geschehen mit professionellem Interesse zur Kenntnis. Es lohnt sich immer, der Konkurrenz auf die Finger zu schauen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt; man lernt schließlich nie aus. In meiner Jugend war ich immer für einen Knalleffekt zu haben. Inzwischen neige ich gemäß meiner Wesensart zu kultivierten, feinsinnigeren Erscheinungsformen. Na schön, okay, ab und zu darf es auch mal eine gefiederte Schlange sein.)
    Der Zauberer machte erwartungsvolle Stielaugen, zu Recht, wie sich herausstellen sollte. Der Qualm verdichtete sich zu einer muskelbepackten schwarzen Gestalt von zwei Metern Höhe, inklusive vier wild herumfuchtelnder Arme. 60
(Diese Aufmachung legte den Verdacht nahe, dass der betreffende Dschinn während seiner Laufbahn irgendwann im Hindukusch zu tun hatte. Schon erstaunlich, was man sich so alles angewöhnt. )
Sie tigerte die Begrenzungen des Pentagramms ab und suchte nach einer Schwachstelle.
    Und zu ihrer offenkundigen Verwunderung fand sie auch eine. 61 (
Die Beschwörungsformel dient zur Bekräftigung der Runen und Striche auf dem Boden. Sie schafft unsichtbare Kraftlinien, die sich so lange um das Pentagramm herum verschlingen und verknoten, bis ein undurchdringliches Gewebe entstanden ist. Eine unwesentliche Veränderung in der Reihenfolge der Worte kann jedoch eine todbringende Schwachstelle verursachen. Wie Tallow alsbald erfahren sollte. )
    Die vier Arme hielten wie zweifelnd inne, dann quoll aus dem unteren Ende eine kleine Rauchschwade und betastete prüfend die Ränder des Pentagramms. Zwei Versuche genügten, dann war die Schwachstelle ausgemacht, eine kleine Lücke in den bannenden Runen. Sogleich dehnte sich das Pseudopodium aus und entströmte durch das Leck, wobei es sich innerhalb der Lücke auf Stecknadelgröße zusammenzog und jenseits davon wieder anschwoll. Immer schneller strömte der Rauch, schwoll und wuchs und wurde zu einem wulstigen Fangarm, der gierig nach dem benachbarten Pentagramm hinüberzuckte, in dem starr vor Entsetzen der Zauberer stand. Das bisschen Räucherwerk aus Rosmarin und Eberesche, das er um die Runen herumgestreut hatte, wurde weggepustet, der Qualm umwallte seine Schuhe, stieg höher, umschloss seine Beine mit einer dicken schwarzen Säule. Daraufhin äußerte der Zauberer ein paar unverständliche Laute, für mehr blieb ihm keine Zeit. Die Gestalt im kleineren Pentagramm hatte sich aufgelöst, ihre ganze Substanz war durch die Lücke entflohen und umfing nun ihr Opfer. In kaum fünf Sekunden war der ganze Zauberer samt Nadelstreifenanzug und allem, was dazugehörte, in Rauch gehüllt. Aus dem oberen Ende der Rauchsäule schossen triumphierend ein paar Blitze, dann versank sie wie ein Stein im Boden und nahm den Zauberer mit sich.
    Im nächsten Augenblick waren beide Pentagramme leer, bis auf einen verräterischen Brandfleck an der Stelle, wo eben noch der Zauberer gestanden hatte. Daneben lag das angekokelte Buch.
    Im Beschwörungsraum herrschte betroffenes Schweigen. Die Zauberer waren wie vor den Kopf geschlagen, die Schreiber hingen schlaff auf ihren Stühlen.
    Dann brach der Tumult los. Diejenigen Zauberer, die ihre Sklaven bereits ordnungsgemäß in die Pflicht genommen hatten, darunter auch mein eigener Herr und Meister, traten aus ihren Pentagrammen, scharten sich um den Brandfleck und redeten aufgeregt durcheinander. Unter uns höheren Wesen setzte ein vergnügtes, anerkennendes Geplauder ein. Ich wechselte ein paar Worte mit dem grünen Geblubber und dem stelzbeinigen Vogel.
    »Klasse Auftritt.«
    »Eins a ausgeführt.«
    »Die Glückliche! Man hat ihr angesehen, dass sie es selber kaum fassen konnte.«
    »Tja, wie oft hat man schon so eine Gelegenheit?«
    »Leider viel zu selten. Ich erinnere mich nur an einen ähnlichen Vorfall, damals in Alexandria… Da war so ein junger Lehrling…«
    »Der Trottel muss sich bei einem Bindebefehl versprochen haben.«
    »Entweder das, oder es lag an einem Druckfehler. Habt ihr gesehen, dass er aus dem Buch abgelesen hat? Er hat zuerst Exciteris und danach erst Stringaris gesagt, ich hab’s genau gehört.«
    »Nein! Echt? Typischer Anfängerfehler!«
    »Stimmt. Genau wie bei dem Lehrling damals in Alexandria, der hat nämlich gewartet, bis sein Herr aus dem Haus war, und dann… also, ihr werdet’s nicht glauben…«
    »Bartimäus! So höre!« Mein Herr stapfte mit wehendem Mantel

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