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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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wieder in sein Pentagramm, die anderen Zauberer überall im Raum machten es genauso. Auf einmal wirkten sie sehr geschäftsmäßig und konzentriert. Meine Mitsklaven und ich wandten uns ihnen widerstrebend zu. »Bartimäus«, wiederholte der Junge, und seine Stimme bebte dabei, »tu, was ich dir gebiete: Zieh hinaus in die Welt und bring den entsprungenen Afriten zur Strecke! Ich verbiete dir, zu mir zurückzukehren, ehe er vernichtet ist!«
    »Alles klar, immer mit der Ruhe.« Die gefiederte Schlange beäugte den Jungen mit einer gewissen Belustigung. Auf einmal tat er ganz zugeknöpft und dienstlich, immerzu »gebiete« und »verbiete«. Das legte die Vermutung nahe, dass er ziemlich durcheinander war. »Was hast du denn?«, erkundigte ich mich. »Du bist ja ganz außer dir. Ich dachte, du konntest den Kerl eh nicht leiden.«
    Er verfärbte sich. »Schweig! Kein Wort mehr! Ich bin dein Herr und Meister, wie du oft zu vergessen scheinst. Du hast mir zu gehorchen!«
    Das war’s dann wohl mit unseren verschwörerischen Vertraulichkeiten. Der Junge hatte sich wieder auf sein übliches herrisches Mitdem-Kopf-durch-die-Wand-Getue besonnen. Schon komisch, was so ein kleiner Praxisschock alles bewirkt.
    Wenn er so drauf war, hatte es wenig Zweck, mit ihm zu diskutieren. Die gefiederte Schlange ringelte sich zusammen und ich schloss mich meinen Schicksalsgenossen an.

34
    An dem Abend war über den Dächern Londons ordentlich was los! Abgesehen von mir und den an die vierzig anderen hochkarätigen Dschinn, die nach unserem Abgang aus dem Beschwörungsraum mehr oder weniger ziellos in alle Himmelsrichtungen auseinander gestoben waren, wimmelte es in der Luft nur so von Kobolden und Foliot unterschiedlicher Abstufungen von Unfähigkeit. Kaum ein Turm oder ein Bürogebäude, auf dem nicht ein oder zwei auf der Lauer lagen.
    Unter uns marschierten ganze Bataillone Nachtpolizei durch die Straßen und durchkämmten – wenn auch etwas zurückhaltend – noch die kleinste Gasse nach dem bösartigen Afriten. Kurz gesagt, die Hauptstadt war überfüllt mit Staatsdienern aller Art. Eigentlich erstaunlich, dass der Afrit nicht im Handumdrehen ins Netz ging.
    Ich flog eine Zeit lang in Wasserspeiergestalt planlos kreuz und quer über die Innenstadt. Wie immer wetteiferte meine Neigung, Scherereien nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, mit dem Wunsch, meinen Auftrag zu erledigen und so schnell wie möglich wieder entlassen zu werden. Dummerweise sind Afriten verflucht gerissene Burschen und lassen sich nicht einfach mir nichts, dir nichts umnieten.
    Weil mir sonst nichts Besseres einfiel, flog ich irgendwann zu einem ziemlich hässlichen, modernen Hochhaus hinüber (der Beton und Glas gewordene Traum eines jeden Zauberers), um mich mit den dort Dienst schiebenden Wachen auszutauschen.
    Der Wasserspeier landete anmutig wie eine Primaballerina. »He, ihr beiden! Ist das Gerippe hier vorbeigekommen? Wird’s bald?« Angesichts der Tatsache, dass es sich um zwei kleine blaue Kobolde von der nervtötenden Sorte handelte, fand ich mich vergleichsweise höflich.
    Der erste Kobold antwortete denn auch prompt: »Ja.«
    Ich wartete. Er salutierte und putzte weiter an seinem Schwanz herum. Der Wasserspeier seufzte gereizt und fuhr ihn grob an: »Ja und? Wann habt ihr es gesehen? Wo ist es hin?«
    Der zweite Kobold unterbrach die eingehende Betrachtung seiner Zehen. »Es ist ungefähr vor zwei Stunden hier vorbeigekommen. Keine Ahnung, wo es hinwollte. Wir hatten genug damit zu tun, uns zu verstecken. Der Kerl spinnt ja total.«
    »Inwiefern?«
    Der Kobold überlegte. »Also, ihr höheren Geister seid ja bekanntlich alle ziemlich fiese Typen, trotzdem sind die meisten von euch wenigstens berechenbar. Aber der hier… der redet so komisches Zeug daher. Und eben hat er noch gute Laune, und auf einmal… na ja, sieh dir an, was er mit Hibbet gemacht hat.«
    »Der ist doch quietschvergnügt.«
    »Das ist Tibbet. Tibbet hat’s nicht erwischt. Mich auch nicht. Er hat gesagt, uns schnappt er sich beim nächsten Mal.«
    »Beim nächsten Mal?«
    »Ja. Inzwischen ist er schon fünf Mal hier rumgekommen. Jedes Mal hält er uns erst einen superöden Vortrag und dann frisst er einen von uns. Fünf sind schon futsch, zwei sind noch übrig. Ich sag’s dir, so ’ne Mischung aus Angst und Langeweile macht einen echt fertig. Glaubst du, der Zehennagel hier ist eingewachsen?«
    »Kann ich nicht beurteilen. Wann kommt das Gerippe wieder?«
    »In zehn Minuten,

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