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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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wenn es seinen Zeitplan einhält.«
    »Verbindlichsten Dank. Das ist doch mal was Konkretes. Dann warte ich hier auf unseren Freund.«
    Der Wasserspeier schnurrte zu einem blauen Kobold zusammen, nur unwesentlich weniger abstoßend als die beiden anderen. Ich flog ein Stück höher und ließ mich im Schneidersitz auf einem Sims nieder, von wo aus ich die gesamte Londoner Skyline überblicken konnte. Mit etwas Glück schnappte sich ein anderer Dschinn den Afriten, bevor er zurückkam, wenn nicht, musste eben ich ran. Warum der Kerl unbedingt durch ganz London spuken musste, kapierte keiner, wahrscheinlich war ihm die lange Totenwache in der Gruft aufs Hirn geschlagen. Jedenfalls war ausreichend Verstärkung in der Nähe, nur wenige Straßen entfernt schwebten etliche andere Dschinn umher.
    Beim Warten ging mir manches durch den Kopf. Was derzeit in London abging, war wirklich ausgesprochen amüsant: Erstens sorgte der Golem für gehörigen Ärger, Urheber unbekannt. Zweitens war der Widerstand in eine Hochsicherheitsgruft eingedrungen und hatte ein wertvolles Artefakt erbeutet. Drittens (folgte zwangsläufig aus zweitens) hatten wir es mit einem gestörten Afriten zu tun, der zusätzlichen Trubel veranstaltete. Und das auch noch gleichzeitig. Endresultat: Angst, Schrecken und helle Aufregung unter den Zauberern, wie bei der Massenbeschwörung deutlich zu spüren gewesen war. Konnte das Zufall sein? Ich hielt es für unwahrscheinlich.
    Es wollte mir nicht einleuchten, dass sich eine Bande Gewöhnlicher einfach so Zugang zu Gladstones Gruft verschaffte. Ich vermutete, dass sie jemand dazu angestiftet und ihnen ein paar Tipps gegeben hatte, damit sie die Sicherheitsvorkehrungen umgehen und überhaupt unbeschadet bis in die Gruft gelangen konnten. Aber dieser hilfsbereite Mensch hatte entweder nicht gewusst, dass die Gruft bewacht wurde, oder… oder eben doch. So oder so, ich bezweifelte stark, dass diese Kitty und ihre Kumpels auch nur ahnten, was sie da angerichtet hatten.
    Trotzdem hatte zumindest das Mädchen überlebt. Und während sich die Zauberer schier überschlugen, um Gladstones wild gewordenes Gerippe wieder einzufangen, geisterte der gefürchtete Zauberstab ungehindert durch die Gegend. 62
(Als um 1860 herum Gladstones robuste Gesundheit und sein unermüdlicher Tatendrang vom Alter allmählich beeinträchtigt wurden, versah der alte Zausel seinen Zauberstab mit immer mehr Macht, damit ihm diese ohne große Umstände jederzeit zu Gebote stand. Zum Schluss beherbergte der Stab mehrere Wesenheiten, deren natürliche Gewalttätigkeit dadurch angeheizt wurde, dass sie alle in einem daumengroßen Astknoten aufeinander hockten. Die auf diese Weise entstandene Waffe war womöglich die fürchterlichste seit den ruhmreichen Tagen des alten Ägypten. Auf Gladstones Eroberungsfeldzügen hatte ich ihre Wirkung von fern beobachtet, hatte sie sichelförmige Kraftstrahlen abfeuern sehen. Ich hatte die Silhouette des alten Mannes gesehen, hoch aufgerichtet und nimmer wankend mit erhobenem Stab, der einzige Fixpunkt inmitten des Blitzgewitters. Alles, was irgend in Reichweite war – Festungen, Paläste, massive Mauern – zermalmte er damit, sogar Afriten beugten sich seiner Macht. Und jetzt hatte sich diese Kitty den Stab unter den Nagel gerissen. Ob sie auch nur im Entferntesten wusste, worauf sie sich da eingelassen hatte? )
Irgendjemand würde sich diesen Umstand zunutze machen. Und dieser Jemand war vermutlich nicht das Mädchen.
    Mir fiel der fremde Blick wieder ein, der mich aus dem Auge des Golem angestarrt hatte, als mich dieser im Museum hatte umbringen wollen. Nüchtern betrachtet war es durchaus möglich, dass für den Einbruch in die Kathedrale ein ähnlicher Hintermann verantwortlich war. Derselbe gar? Das schien mir durchaus wahrscheinlich.
    Beim Warten kamen mir noch viele andere kluge Gedanken; 63
(Ich hatte noch Myriaden anderer unglaublich gescheiter Gedanken, mit denen ich eure hübschen kleinen Köpfchen nicht belasten möchte, aber ihr könnt mir glauben, sie waren geradezu genial! )
gleichzeitig ging ich sämtliche Ebenen durch und hielt nach Gefahren Ausschau. So kam es, dass ich auf der siebten Ebene langsam, aber stetig ein gestaltloses Leuchten im Abendlicht näher kommen sah. Es huschte zwischen den Schornsteinen hin und her, flammte im Schatten manchmal klar umrissen auf und verschmolz dann wieder mit den rot glänzenden, sonnenbeschienenen Ziegeln. Auf den Ebenen zwei bis sechs sah es immer

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