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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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gesträubten Borsten nach der Gashülle, als wollte sie sich aus der Blase befreien.
    »Jetzt lass mich doch mal was erklären! Ich tue dir damit einen Gefallen!«
    »Einen Gefallen? Ich lach mich tot! Hast du noch mehr von der Sorte auf Lager?«
    »Wenn du mal eine Sekunde den Mund hältst und zuhörst…«
    »Aber bitte! Gern! Ich schweige.«
    »Na endlich.«
    »Ich schweige wie ein Grab. Dein Grab, nebenbei bemerkt.«
    »Also…«
    »Wir werden ja sehen, ob du für dein Verhalten auch nur ansatzweise eine Entschuldigung hast, die das Zuhören lohnt, denn ich bezweifle…«
    »Halt die Klappe!« Der Zauberer hob abrupt die Hand und im selben Augenblick spürte ich etwas von außen auf die Blase drücken. Sogleich unterbrach ich meine Tirade.
    Er holte tief Luft, strich sich das Haar glatt und zupfte sich überflüssigerweise die Manschetten zurecht. »Na schön«, sagte er, »wie du ganz richtig vermutet hast, bin ich inzwischen zwei Jahre älter. Aber auch um einiges klüger. Und ich warne dich – wenn du dich danebenbenimmst, droht dir diesmal nicht nur der Methodische Schraubstock,
    o nein. Hast du schon mal den Umkrempler zu spüren bekommen? Oder den Substanzstrecker? Bestimmt. Wenn man sich so aufführt wie du, bleibt das nicht aus. 12
(Da hatte er leider Recht. Mit beidem hatte ich schon Bekanntschaft gemacht. Der Umkrempler ist besonders scheußlich. Man kann sich kaum noch rühren und unterhalten kann man sich praktisch auch nicht mehr. Und den Teppich kann man hinterher auch wegschmeißen.)
Also treib es lieber nicht zu weit.«
    »Das hatten wir doch alles schon mal«, entgegnete ich. »Schon vergessen? Du kennst meinen Namen, ich kenne deinen. Du wirfst mit Strafen um dich, ich werfe sie dir wieder an den Kopf. Davon hat keiner von uns beiden was – außer blauen Flecken.«
    Der Junge nickte seufzend. »Stimmt. Vielleicht sollten wir uns beide ein bisschen mäßigen.« Er verschränkte die Arme und vertiefte sich mit verkniffener Miene grübelnd in die Betrachtung meiner Gasblase. 13
(Die inzwischen etwa einen Meter über dem Boden reglos in der Luft verharrte. Die Oberfläche war trüb, der Unhold im Inneren hatte sich mit verächtlichem Schnauben verflüchtigt. )
    Ich für mein Teil musterte ihn verdrossen. Sein Gesicht war noch genauso bleich und ausgezehrt wie früher, jedenfalls soweit ich das erkennen konnte, denn es war zur Hälfte von einer wild wuchernden Mähne verdeckt. Seit unserer letzten Begegnung hatte sein Haar garantiert keine Schere auch nur von weitem gesehen. Eine Lockenflut umspülte seinen Nacken wie ein fettiger schwarzer Wasserfall.
    Sonst wirkte er zugegeben zwar nicht mehr so schmächtig wie früher, doch er war nicht etwa kräftiger geworden, sondern geradezu absurd in die Höhe geschossen. Er sah aus, als hätte ihn ein Riese an Kopf und Füßen gepackt, einmal kräftig gezogen und ihn dann angewidert wieder fallen gelassen. Sein Rumpf war spindeldürr, die schlaksigen Arme und Beine schienen nicht recht dazuzupassen und die Hände und Füße hatten etwas Affenartiges.
    Dieser Eindruck wurde durch die Kleidung noch betont: ein todschicker Anzug, so eng, dass er wie aufgemalt aussah, ein lächerlich langer schwarzer Mantel, Schuhe, die vorn nadelspitz zuliefen, und ein rüschenbesetztes Einstecktuch von der Größe eines kleinen Campingzelts, das ihm aus der Brusttasche hing. Man sah ihm an der Nasenspitze an, dass er sich ungemein elegant vorkam.
    Mir lagen ein paar ausgesprochen gehässige Bemerkungen auf der Zunge, aber ich hob sie mir für später auf und sah mich stattdessen rasch um. Offenbar befanden wir uns in einem offiziellen Beschwörungsraum, vermutlich in irgendeiner Behörde. Der Fußboden bestand aus spiegelglattem Holzimitat ohne irgendwelche Astlöcher oder Ritzen und eignete sich ideal zum Pentagrammeziehen. In der Ecke stand ein Glasschrank mit haufenweise Kreide, Linealen, Zirkeln und Akten. Der Schrank daneben enthielt Gläser und Flaschen mit verschiedenstem Räucherwerk. Ansonsten war das Zimmer kahl und leer. Die Wände waren weiß. Hoch oben in der einen Wand blickte man durch ein quadratisches Fenster in den schwarzen Nachthimmel, die Beleuchtung bestand aus einem tristen Bündel nackter Glühbirnen, das von der Decke baumelte. Es gab nur eine einzige Tür und die war aus Eisen und von innen verriegelt.
    Der Junge war jetzt mit Grübeln fertig, zupfte sich wieder die Manschetten zurecht und zog die Stirn kraus. Er setzte eine leicht gequälte Miene

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