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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Steinfläche aufschimmern, dann stürzte der Brocken vor Ramses’ Nase in das schwarze Gewaber zu seinen Füßen.
    Rums! Stein krachte auf Stein. Schwarze Splitter spritzten nach allen Himmelsrichtungen, prallten von den Wänden ab und zerbrachen Vitrinen.
    Ich hatte einen Treffer gelandet, und das, was ich getroffen hatte, war etwas Festes.
    Die schwarze Wolke wallte wie im Jähzorn auf und zog sich ein Stückchen zurück. Mittendrin erspähte ich etwas sehr Großes, Wuchtiges, das in blinder Wut mit einem riesenhaften Arm um sich schlug. Dann schloss sich das Gewaber wieder und blähte sich auf, schwappte gegen die umstehenden Standbilder, als taste es umher und wollte den Übeltäter packen.
    Dabei hatte sich der wackere Minotaurus längst dünne gemacht. Ich schmiegte mich in den Schoß des Pharao und spähte durch einen Spalt im Marmor. Ich hatte sogar die Hörner ein bisschen eingezogen, damit sie mich nicht verrieten. Ich sah, wie sich der dunkle Fleck in Bewegung setzte und das Wesen, das er verbarg, sich auf die Suche nach dem Schuldigen begab. Der Fleck glitt von Ramses weg und systematisch zwischen den benachbarten Skulpturen auf und ab. Dabei hörte man eine Folge schwerer Erschütterungen, den Klang unsichtbarer Schritte.
    Obwohl ich, eingedenk der Tatsache, dass mein Gegner in der Lage war, dicke Wände zu zertrümmern, keine übertriebenen Hoffnungen auf meinen ersten Angriff gesetzt hatte, war ich doch ein wenig enttäuscht, dass mein Wurfgeschoss keine größere Wirkung gezeitigt hatte. Immerhin hatte es mir einen flüchtigen Blick auf das geheimnisvolle Geschöpf verschafft, und da mein Auftrag dahingehend lautete, wenn ich den Eindringling schon nicht unschädlich machen konnte, wenigstens etwas über ihn herauszufinden, war meine Taktik es wert, weiterverfolgt zu werden. Wenn ein kleiner Stein ein kleines Loch ins Dunkel gerissen hatte… was würde wohl ein richtig großer Stein ausrichten?
    Die wabernde Wolke entfernte sich, um eine verdächtige Skulpturengruppe auf der anderen Seite des Saals zu inspizieren. Heimlich, still und leise kletterte der Minotaurus vom Schoß des Pharao und huschte, zwischendurch immer wieder Deckung suchend, hinter den hohen Sandsteintorso eines anderen Gottkönigs, der dicht an der Wand stand. 33
(Die Kartusche auf seiner Brust wies ihn als »Amosis I., Gründer der achtzehnten Dynastie« aus, »Der alles Vereinende«. Da ihm mittlerweile nicht nur der Kopf, sondern auch Arme und Beine fehlten, klang diese Lobpreisung etwas übertrieben.)
    Der Torso war gut vier Meter hoch. Ich griff mir unterwegs eine kleine Graburne aus einem Gestell und duckte mich in seinen Schatten. Dann streckte ich den zottigen Arm aus meinem Versteck und warf das Gefäß ungefähr drei Meter weit. Es zerschellte mit einem satten Knall.
    Als hätte sie nur darauf gewartet, änderte die dunkle Wolke sofort die Richtung und wogte dorthin, wo der Knall hergekommen war. Man hörte hastige Schritte, schwarze Ausläufer leckten suchend umher und brandeten im Vorbeigleiten an die Standbilder. Die Wolke näherte sich dem zerbrochenen Gefäß, machte davor Halt und waberte unschlüssig.
    Jetzt hatte ich sie dort, wo ich sie haben wollte. Inzwischen war der Minotaurus den Sandsteintorso zur Hälfte hochgeklettert und stemmte, den Rücken an die Wand gedrückt, die Hufe mit aller Kraft gegen die Statue. Der Torso fing sofort zu kippeln an, schwankte mit einem schwachen Schabegeräusch vor und zurück. 34
(Mein Gegner hätte, als er sich an Ramses zu schaffen machte, die Hebel gesetze berücksichtigen sollen. Denn wie ich schon zu Archimedes sagte: »Gib mir bloß einen Hebel, und wenn er lang genug ist, hebe ich dir die ganze Welt aus den An-geln.«»Die ganze Welt« war in diesem Fall ein bisschen übertrieben, aber ein kopfloser Torso von vier Tonnen tat es genauso gut. )
Das hörte die schwarze Wolke und kam angeflitzt.
    Aber nicht schnell genug. Mit einem letzten Stoß geriet der Torso unwiderruflich aus dem Gleichgewicht. Er kippte um und knallte voll auf die Wolke.
    Sie zerstob unter der Wucht des Aufpralls in tausend winzige Fetzen.
    Ich brachte mich mit einem Sprung außer Reichweite, dann drehte ich mich gespannt um.
    Der Torso lag nicht flach auf dem Boden. Er war mittendurch gebrochen, aber der obere Teil stand ein Stück hoch, als läge etwas Großes drunter.
    Ich trat vorsichtig näher. Aus meinem Blickwinkel konnte ich nicht erkennen, wen oder was ich da k.o. geschlagen hatte, aber es

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