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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Großen, über neun Meter hoch und aus massivem Granit. Sein Kopfputz bebte leise, und aus der Dunkelheit zu seinen Füßen hörte man schwache Kratzgeräusche, was den Verdacht nahe legte, dass jemand versuchte, Ramses aus dem Weg zu räumen. 32
(Ramses wäre nicht erstaunt gewesen, dass ausgerechnet seine Statue so widerspenstig war. Weder vor noch nach seiner Zeit hatte ich das Pech, einem Menschen mit einem derartig aufgeblasenen Ego dienen zu müssen. Und das, obwohl er klein und o-beinig und sein Gesicht so pockennarbig war wie ein Nashornhintern. Aber an seinem Hof wirkten mächtige Zauberer. Vierzig Jahre lang musste ich auf seinen Befehl an bombastischen Bauprojekten mitschuften, zusammen mit tausenden anderer versklavter Geister. )
    Sogar ein Utukku wäre nach einiger Überlegung darauf gekommen, dass es am einfachsten war, um so ein Riesenteil einfach einen Bogen zu machen. Aber mein Widersacher plagte sich weiter mit der Skulptur ab wie ein kleiner Hund, der versucht, einen Elefanten wegzuschubsen. Demnach war der Unbekannte (eine ausgesprochen erfreuliche Vorstellung!) ziemlich dumm. Oder aber (eine eher unerfreuliche Vorstellung) er hatte sich in den Kopf gesetzt, so viel Schaden wie nur möglich anzurichten.
    Jedenfalls war er momentan offenbar gut beschäftigt, was mir Gelegenheit verschaffte, näher in Augenschein zu nehmen, mit wem oder was ich es eigentlich zu tun hatte.
    Lautlos trippelte der Minotaurus durch den dunklen Ausstellungsraum, bis er an einen hohen, noch unversehrten Sarkophag kam. Dahinter ging er in die Hocke, schielte zum Sockel der Ramsesstatue hinüber und runzelte verdutzt die Stirn.
    Die meisten Dschinn können im Dunkeln ausgezeichnet sehen, eins der zahllosen Beispiele dafür, wie überlegen wir euch Menschen sind. Dunkelheit stört uns überhaupt nicht, nicht mal auf der ersten Ebene, auf die sich euer Sehvermögen beschränkt. Doch jetzt, obwohl ich blitzschnell alle anderen Ebenen durchging, musste ich feststellen, dass sich am Fuß der Skulptur ein pechschwarzer Schattentümpel befand, den mein Blick einfach nicht durchdringen konnte. Der Tümpel dehnte sich aus und zog sich wieder zusammen, war jedoch auf der siebten Ebene genauso undurchsichtig wie auf der ersten. Wer oder was Ramses da erzittern ließ, befand sich innerhalb dieses kohlschwarzen Flecks und ich konnte nicht den kleinsten Zipfel davon erkennen.
    Immerhin konnte ich ungefähr eingrenzen, wo es sich befand, und da es die Freundlichkeit hatte, sich nicht wegzubewegen, schien der Zeitpunkt für einen Überraschungsangriff günstig. Ich sah mich nach einem geeigneten Wurfgeschoss um. In der Vitrine neben mir lag ein komischer, unregelmäßig geformter schwarzer Stein, klein genug zum Werfen und groß genug, um einem Afriten sauber den Schädel zu spalten. Auf die abgeflachte Seite war irgendwas gekritzelt, aber ich hatte jetzt keine Zeit, es durchzulesen. Wahrscheinlich handelte es sich um irgendwelche Vorschriften für die Museumsbesucher, denn es schien in zwei oder drei Sprachen verfasst zu sein. Jedenfalls war der Stein für meine Zwecke hervorragend geeignet.
    Der Minotaurus hob vorsichtig die Glashaube von der Vitrine und setzte sie geräuschlos daneben ab. Dann sah er sich rasch um. Der schwarze Tümpel zu Ramses’ Füßen brodelte immer noch, aber die Skulptur hatte sich keinen Millimeter von der Stelle bewegt. Gut.
    Geschickt nahm der Minotaurus den Stein in die muskulösen Arme und schon schlich ich durch den Saal zurück und suchte mir eine gute Stelle zum Werfen. Mein Blick fiel auf einen eher kleinen Pharao. Da ich ihn nicht kannte, musste er zu den weniger denkwürdigen gehören. Sogar seine Statue machte einen irgendwie verschüchterten Eindruck. Aber er saß auf einem hohen Steinthron, der wiederum auf einem hohen Sockel stand, und sein Schoß schien breit genug, dass ein Minotaurus darauf Platz hatte.
    Den Stein immer noch im Arm, sprang ich erst auf den Sockel und dann auf den Thron und schließlich dem Pharao auf den Schoß. Ich linste über seine Schulter. Ausgezeichnet… ich war nur einen Steinwurf von dem wabernden schwarzen Fleck entfernt und stand hoch genug, um genau die richtige Flugbahn zu erzielen. Ich beugte die Bocksbeine, spannte den Bizeps, schnaubte einmal, um das Glück gnädig zu stimmen, und schleuderte den Stein so schwungvoll wie ein mittelalterliches Belagerungskatapult.
    Eine, höchstens zwei Sekunden ließ das durchs Fenster hereinströmende Licht die beschriebene

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