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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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sprach:
    »Meine hochverehrten Damen und Herren des Kabinetts! Gestatten Sie mir, Ihnen ins Gedächtnis zu rufen, dass schon übermorgen das Theaterereignis der letzten zehn Jahre stattfindet, das gesellschaftliche Ereignis dieses Jahres! Sichern Sie sich rechtzeitig Karten für die Premiere meines neuesten Werkes ›Von Wapping nach Westminster – Eine politische Odyssee‹, das auf der Biografie unseres geliebten Freundes und Führers beruht, Mr Rupert Devereaux! Sie werden lachen, weinen, mit den Füßen wippen und die Refrains mitträllern. Bringen Sie Ihre Ehegatten mit, bringen Sie Ihre Freunde mit und vergessen Sie die Taschentücher nicht. Ich, Quentin Makepeace, verspreche Ihnen allen einen sensationellen Abend!«
    Das Gesicht verblasste, die Kugel wurde dunkel. Die versammelten Minister hüstelten und rutschten auf ihren Sesseln herum. »Oje«, flüsterte jemand, »ein Musical!«
    Mr Devereaux drehte sich lächelnd um. »Quentins reizender Einfall ist fast ein wenig überflüssig. Bestimmt haben Sie sich alle längst Karten besorgt.«
    So war es. Was war ihnen auch anderes übrig geblieben?
    Anschließend ging man zum Tagesgeschäft über. Mr Mortensen trug die letzten Neuigkeiten aus Amerika vor, die per Dschinn über den Atlantik gekommen waren. Sie waren reichlich unerfreulich: Grabenkämpfe in der Wildnis, kleinere Scharmützel, keine entscheidenden Siege. So ging es nun schon seit Wochen.
    John Mandrake hörte kaum hin. Der Lagebericht war vorhersehbar und entmutigend und verstärkte sein Unbehagen nur noch. Wirklich alles lief aus dem Ruder: der Krieg, die Gewöhnlichen, die Stimmung überall im Reich. Wenn das nicht böse enden sollte, musste schleunigst etwas passieren, und John Mandrake wusste auch, was. Gladstones Zauberstab – eine unglaublich mächtige Waffe – lag nutzlos im Kellergewölbe unter ihren Füßen und schrie geradezu danach, von jemandem hochgeholt zu werden, der damit umzugehen wusste. Wenn man den Stab richtig einsetzte, konnte man damit die Aufständischen in die Knie zwingen, Großbritanniens Feinde einschüchtern und die Gewöhnlichen wieder an die Werkbänke scheuchen. Doch dazu bedurfte es eines Zauberers der höchsten Stufe und Devereaux war nicht der rechte Mann dafür. Deshalb hielt er den Stab ja auch so sorgsam unter Verschluss – weil er nämlich um seinen eigenen Posten fürchtete.
    Ob Mandrake selbst mit dem Stab umgehen könnte, wenn er Gelegenheit dazu bekäme? Das wusste er, wenn er ehrlich war, selbst nicht. Von den anwesenden Zauberern war er der fähigste, ausgenommen vielleicht Jessica Whitwell. Andererseits hatte er den Stab vor drei Jahren, ehe er ihn wieder der Regierung übergeben hatte, vergeblich zu aktivieren versucht.
    Diese Überlegungen, dazu sein gekränkter Stolz im Verein mit seinen Selbstzweifeln, verstärkten die Lustlosigkeit, die ihn seit einiger Zeit befallen hatte. Tag für Tag verrichtete er sinnlose Arbeit, war von streitsüchtigen Hohlköpfen umgeben und nicht in der Lage, daran etwas zu ändern. Die Suche nach dem Verräter Hopkins bot den einzigen Hoffnungsschimmer. Vielleicht gelang ihm ja damit der Durchbruch, vielleicht konnte er in diesem Punkt endlich einen greifbaren Erfolg verbuchen. Aber erst musste er abwarten, was Bartimäus herausfand.
    Mortensen schwadronierte weiter. Gelangweilt machte sich Mandrake auf seinem Block wirre Notizen. Er nippte an seinem Wasserglas. Er musterte seine Ministerkollegen der Reihe nach.
    Erstens: der Premierminister mit seinem grau melierten Haar, das Gesicht aufgedunsen und fleckig vom aufreibenden Kriegsgeschäft. Er hatte etwas Schwerfälliges, beim Sprechen war sein Ton unschlüssig und seine Stimme schwankte. Nur wenn es ums Theater ging, kehrte seine frühere Lebhaftigkeit ansatzweise zurück, das ansteckende Charisma, das Mandrake in jungen Jahren so beeindruckt hatte. Er konnte gefährlich rachsüchtig sein. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sich Mr Collins’ Vorgängerin, eine gewisse Miss Hartnett, gegen seine Politik ausgesprochen. Noch am selben Abend hatten ihr sechs Horla einen Besuch abgestattet. Vorfälle wie dieser beunruhigten Mandrake, denn sie zeugten nicht eben von der Souveränität, die einem politischen Führer eigen sein sollte. Abgesehen davon war so etwas moralisch fragwürdig.
    Neben Devereaux saß Jane Farrar. Sie sah auf, als sie seinen Blick spürte, und lächelte verschwörerisch. Dabei kritzelte sie etwas auf einen Zettel und hielt ihn so, dass er es lesen

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