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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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weiter.
    Dieses Ritual war der Höhepunkt der Versammlungen im »Frosch«. Nach den Diskussionen, die nie zu irgendeinem Ergebnis kamen, bot es den Trost des Geregelten und Vertrauten. Das Silbergefäß wurde feierlich weitergereicht, von einem Gast zum nächsten, von einem Tisch zum anderen. Alle, ob Stammgast oder Neuzugang, warteten geduldig, bis sie an die Reihe kamen, mit Ausnahme der alten Dame, die schon zum Aufbruch rüstete. George kam um den Tresen herum und fing zusammen mit Sam an, die Tische in Türnähe abzuräumen. Kitty begleitete den Pokal und gab ihn, falls nötig, an den nächsten Tisch weiter. Dabei hielt sie das Gesicht immer noch von Nick Drew abgewandt.
    »Reicht der Portwein, Clara?«, rief George. »Mary hat ganz schön was weggesüppelt, hab’s genau gesehn.«
    Kitty nahm den Pokal und schaute hinein. »Ja, es reicht noch.«
    »Umso besser. Wollen Sie uns etwa schon verlassen, junge Frau?«
    Die alte Dame lächelte. »Ich muss leider los, mein Bester. Jetzt, wo es auf den Straßen drunter und drüber geht, mag ich nicht so spät unterwegs sein.«
    »Schon in Ordnung. Clara, bring der Dame den Pokal, damit sie trinken kann, bevor sie geht.«
    »Mach ich, George.«
    »Nicht nötig, Schätzchen. Ich nehm beim nächsten Mal einfach einen doppelten Schluck.« Das löste allgemeines Gelächter und ein paar Bravorufe aus. Ein paar Männer standen auf, um die alte Frau vorbeizulassen.
    Kitty ging hinterher. »Bitte sehr, Madam, es ist noch genug drin.«
    »Nein danke, ich muss wirklich los. Es ist schon spät.«
    »Sie haben Ihr Tuch verloren, Madam.«
    »Macht nichts. Ich muss los. Entschuldigen Sie bitte…«
    »Heda, Verehrteste! Nicht so drängeln!«
    »Entschuldigung, Entschuldigung…«
    Mit ausdruckslosem Gesicht und Augen, so starr und dunkel wie die blinden Öffnungen einer Maske, hastete die Alte durch den Schankraum und drehte sich immer wieder nach Kitty um, die hinter ihr herlief. Die junge Frau trug den Silberpokal mit ausgestreckten Armen vor sich her, erst ehrfurchtsvoll wie eine Opfergabe, dann schwenkte sie ihn plötzlich wie eine Fechterin den Degen. Die Nähe des Silbers schien der alten Dame gar nicht zu behagen, so heftig zuckte sie zurück. George stellte vorsichtig den Gläserturm ab und griff in seine Hosentasche, Sam schloss ein Wandschränkchen auf und langte hinein. Alle anderen blieben sitzen, ihre Mienen schwankten zwischen Belustigung und Verunsicherung.
    »Die Tür, Sam«, befahl George Fox.
    Die alte Dame beeilte sich noch mehr. Sam drehte sich um und verstellte ihr den Weg. In der Hand hielt er einen kurzen dunklen Stab. »Immer mit der Ruhe«, sagte er bedächtig. »Hier hält sich jeder an die Regeln. Ehe Sie gehen, müssen Sie aus dem Pokal trinken. Das ist so was wie ’ne Probe.« Er machte eine verlegene Handbewegung. »Tut uns Leid.«
    Die alte Dame blieb stehen und zuckte die Achseln. »Aber nicht doch.« Sie hob die Hand. Aus ihrer Handfläche schoss ein blauer Blitz und hüllte Sam in ein Geflecht aus knisternden Kraftadern. Der Kellner machte einen Luftsprung, erschauerte, hampelte mit Armen und Beinen wie eine Marionette und fiel qualmend zu Boden. Weiter hinten im Schankraum schrie jemand auf.
    Ein schriller, dreister Pfiff erscholl. Die Alte drehte sich um und hielt die noch dampfende Hand hoch. »Tja dann, meine Liebe…«
    Kitty warf ihr das Silbergefäß ins Gesicht.
    Ein grellgrüner Blitz, ein Zischen und Schmurgeln. Die Alte knurrte wie ein Hund und griff sich mit beiden Händen ins Gesicht. Kitty wandte den Kopf: »George!«
    Der Wirt holte ein längliches Kästchen aus der Hosentasche und warf es Kitty mit einem kräftigen, gut gezielten Wurf über die Köpfe der durcheinander rufenden und aufspringenden Gäste zu. Sie fing es mit einer Hand und fuhr wieder herum, wollte es auf die sich Krümmende schleudern…
    Die alte Dame nahm die Hände aus dem Gesicht, das kaum noch als solches zu erkennen war. Zwischen dem ordentlich frisierten weißen Haar und der Perlenhalskette glänzte ein unförmiger Klumpen. Kitty erschrak und hielt inne. Die gesichtslose Frau hob die Hand und wieder schoss daraus ein gleißend blauer Blitz hervor, erwischte Kitty frontal und umgab sie mit einem Kraftstrudel. Kitty ächzte. Ihre Zähne klapperten und sie bebte krampfartig, das grelle Licht blendete sie. Sie spürte, dass ihre Kleider brannten.
    Dann ebbte der Angriff ab, die Kraftadern erloschen. Kitty fiel aus etwa einem Meter Höhe schlaff zu Boden.
    Die alte

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