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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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verneigte mich mit einem Kratzfuß. »Es ist nichts, Herr, gar nichts.«
    »Du hast gegrinst, ich hab’s genau gesehen! Wie kannst du es wagen, mich auszulachen? Mich, den künftigen König!«
    Seine Stimme bebte. Die Soldaten kannten das schon und senkten unauffällig die Lanzen. Ptolemäus sprach beschwichtigend auf seinen Vetter ein: »Mein Schreiber hat es nicht so gemeint, Herr. Er hat von Geburt an ein nervöses Zucken im Gesicht und seine Grimassen sehen bei ungünstigen Lichtverhältnissen wie hämisches Grinsen aus. Es ist ein bedauerliches Gebrechen.«
    »Ich will seinen Kopf über dem Krokodiltor aufgespießt sehen! Wachen!«
    Die Soldaten senkten die Speere, ganz versessen darauf, die Stufen mit meinem Blut zu tränken. Ich erwartete demütig das Unvermeidliche. 3
(Nämlich ein beispielloses Blutbad. Angerichtet von mir. )
    Ptolemäus trat vor. »Seid nicht kindisch, Vetter. Ich bitte Euch…«
    »Nein! Keine Ausflüchte! Dein Diener muss sterben.«
    »Dann muss ich mich wohl deutlicher ausdrücken!« Mit einem Mal stand mein Herr ganz dicht vor seinem hirnlosen Vetter. Obwohl beide gleich groß waren, wirkte mein Herr irgendwie größer. Seine dunklen Augen fixierten die wässrigen seines Gegenübers, die wie aufgespießte Fische in ihren Höhlen zappelten. Der Thronfolger wich zitternd zurück, die Soldaten und Günstlinge traten von einem Fuß auf den anderen. Die Sonne schien nicht mehr so warm, auf dem Vorplatz wurde es finster. Ein paar Soldaten hatten Gänsehaut an den Waden. »Lasst ihn in Ruhe«, sagte Ptolemäus leise und nachdrücklich. »Es ist mein Diener, und ich befinde, dass er keine Strafe verdient hat. Nehmt Eure Lakaien und kehrt zu Euren Weinschläuchen zurück. Hier stört Ihr bloß die Gelehrten und bringt unsere Familie in Verruf. Und Eure Anspielungen könnt Ihr Euch auch sparen. Habt Ihr mich verstanden?«
    Um dem bohrenden Blick seines Vetters zu entgehen, hatte sich der Thronfolger so weit zurückgebeugt, dass sein Umhang auf dem Boden schleifte. »Jawohl«, erwiderte er, heiser ächzend wie eine Sumpfkröte bei der Paarung, »jawohl.«
    Ptolemäus trat einen Schritt zurück und schien sogleich wieder kleiner zu werden. Die Dunkelheit, die sich wie eine Winterwolke über die Gruppe gelegt hatte, verzog sich, die Gaffer atmeten auf. Die Priester rieben sich den Nacken und die Edelmänner schnauften geräuschvoll. Ein Zwerg spähte hinter einem Ringkämpfer hervor.
    »Komm, Rekhyt.« Ptolemäus klemmte die Schriftrollen fester unter den Arm und bedachte den Thronfolger mit einem bewusst desinteressierten Blick. »Lebt wohl, Vetter. Ich muss los, sonst komme ich zu spät zum Mittagessen.«
    Damit wollte er an ihm vorbeischlendern. Der Thronfolger brabbelte etwas Unverständliches. Dann stürzte er, schwankend und käseweiß im Gesicht, vor, zog ein Messer aus dem Gewand und warf sich knurrend auf Ptolemäus. Ich hob die Hand zu einer knappen Gebärde, und es gab einen dumpfen Schlag, als wäre ein Ziegelstein auf einen Talgpudding geplumpst. Der Königssohn krümmte sich und hielt sich den Leib, er hatte Schaum vorm Mund und die Augen traten ihm aus dem Kopf. Dann ging er in die Knie, das Messer entfiel seiner schlaffen Hand und klirrte auf die Steinstufen.
    Ptolemäus ging einfach weiter. Vier Soldaten kamen halbwegs wieder zu sich, senkten die Lanzen und sonderten Drohlaute ab. Ich beschrieb mit den Händen einen Halbkreis und sie flogen hintereinander mit dem Kopf voran über den Platz. Der erste prallte gegen einen Römer, der zweite gegen einen Griechen, der dritte schlitterte auf der Nase übers Pflaster. Der vierte donnerte in eine Marktbude und wurde von einer Süßigkeitenlawine verschüttet. Sie blieben der Länge nach liegen wie die Striche einer Sonnenuhr.
    Ihre Kameraden hatten die Hosen voll, drängten sich aneinander und rührten sich nicht vom Fleck. Ich behielt vorsichtshalber den glatzköpfigen Priester im Auge, denn der schien versucht, etwas zu unternehmen, aber als sich unsere Blicke begegneten, gelangte er zu dem Schluss, dass er lieber am Leben bleiben wollte.
    Ptolemäus ging weiter, ich folgte ihm und wir machten uns auf die Suche nach Sardellenbrot. Als wir gesättigt zurückkamen, war vor der Bibliothek alles wieder ruhig.
    Meinem Herrn war klar, dass die Begegnung unglücklich verlaufen war, aber seine Studien nahmen ihn so in Anspruch, dass er den Vorfall verdrängte. Anders als ich – und die Einwohner von Alexandria. Gerüchte über das Ereignis

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