Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
Bartimäus!«
Ich verbarg meine Enttäuschung hinter einem gekränkten Flunsch. »Pff! Das ist eine billige Ausrede. Erzähl mir nichts, er steht ganz bestimmt hinter der Tür.«
Ihr Mienenspiel war schon immer ausdrucksvoll gewesen, jetzt machte sie ein unmissverständlich angeödetes Gesicht. »Das führt doch zu nichts. Vielleicht überzeugt dich ja das hier.« Sie sprach ein fünfsilbiges Wort. Eine violette Stichflamme loderte in meinem Pentagramm empor und piekste mich in den Allerwertesten. Ich hüpfte an die Decke, um von meinem Aufjaulen abzulenken – das war jedenfalls meine Absicht. Als ich wieder auf dem Boden landete, war die Flamme erloschen.
Das Mädchen hob fragend die Brauen. »Glaubst du jetzt nicht auch, du wärst mit einer Hose besser dran?«
Ich sah ihr lange und bedeutungsvoll in die Augen. »Du hast Glück«, sagte ich mit aller Würde, die mir zu Gebote stand, »dass ich davon abgesehen habe, den Züchtigenden Strafstoß auf dich umzulenken. Ich kenne nämlich deinen Namen, Miss Jones. Darum kannst du mir nichts anhaben, oder kam das in deinen Büchern noch nicht vor?«
Sie zuckte die Achseln. »Hab schon mal davon gehört, aber solcher Kleinkram interessiert mich nicht.«
»Ich wiederhole noch einmal: Du bist keine Zauberin. Zauberer sind von solchem ›Kleinkram‹ geradezu besessen. Weil er ihnen das Leben rettet. Meistens. Ich wundere mich, dass du es geschafft hast, deine anderen Beschwörungen zu überleben.«
»Welche anderen Beschwörungen? Das hier ist meine erste. Du bist sozusagen meine Premiere.«
Trotz seines versengten Hinterns, der nach angebranntem Toast roch, hatte sich der Dämon bis dahin redlich Mühe gegeben, so zu tun, als hätte er die Situation im Griff. Diese letzte Mitteilung brachte ihn abermals aus der Fassung. 3
( Wir Dschinn der vierten Ebene sind nicht gerade die am einfachsten zu beschwörenden Wesenheiten, denn wir sind anspruchsvoll und penibel und uns entgeht nicht der kleinste Versprecher. Darum, und natürlich wegen unserer überragenden Intelligenz und unseren eindrucksvollen Auftritten (der Geruch von angebranntem Toast gehört eigentlich nicht dazu) lassen die Zauberer so lange die Finger von uns, bis sie über langjährige Beschwörungspraxis verfügen.)
Die nächste wehleidige Frage lag mir auf der Zunge, aber ich ließ sie unausgesprochen. Wozu auch? Wie ich es auch drehte und wendete, hier war etwas faul. Deshalb griff ich zu einer anderen, mir ungewohnten Taktik und schwieg einfach.
Mein kühner Schachzug schien das Mädchen zu verblüffen. Kitty wartete einen Augenblick, dann hatte sie begriffen, dass es an ihr war, die Unterhaltung fortzusetzen. Um sich Mut zu machen, holte sie tief Luft. »Ich bin keine Zauberin, Gott sei Dank. Das hier ist die einzige Beschwörung, die ich je durchzuführen gedenke. Ich habe mich drei Jahre lang darauf vorbereitet.«
Sie holte noch einmal tief Luft und wartete. Noch mehr Fragen stürmten auf mich ein. 4
(Nicht zu vergessen 22 mögliche Antworten pro Frage, 16 daraus resultierende Theorien und Gegentheorien, 8 abstrakte Hypothesen, eine Gleichung mit vier Unbekannten, zwei Lehrsätze und ein Limerick. Alles klar? )
Aber ich schwieg.
»Das hier ist nur ein Mittel zum Zweck«, fuhr sie fort. »Mir geht es nicht um dasselbe wie den Zauberern. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
Nächste Pause. Ob ich mich dazu äußerte? Von wegen. Ich schwieg wie ein Grab.
»Mir geht es weder um Macht noch um Reichtum, so etwas verachte ich.«
Meine Taktik funktionierte, wenn auch ungefähr so fix wie eine Schildkröte mit Bleistiefeln. Ich bekam meine Erklärung.
»Und ich habe auf keinen Fall vor, irgendwelche Wesenheiten zu knechten«, fuhr sie fröhlich fort, »falls du das annimmst.«
»Keine Knechtschaft?« So viel zu meiner Taktik, aber immerhin hatte ich es geschafft, mindestens eine Minute lang die Klappe zu halten, was für sich genommen schon ein Rekord war. Der Minidämon betastete unter gedämpftem »Autsch« und »Auweia« seine verbrutzelten Körperpartien. »Von wegen. Das hier tut nämlich ziemlich weh.«
»Ich wollte dich bloß zur Vernunft bringen. Sag mal, kannst du das bitte lassen? Du bringst mich aus dem Konzept.«
»Was soll ich lassen? Ich hab bloß mal gefühlt, ob…«
»Ich hab genau gesehen, was du befühlt hast. Lass es einfach. Ach übrigens – kannst du dich vielleicht in was anderes verwandeln? Diese Erscheinungsform ist echt scheußlich. Ich hätte dir mehr Geschmack
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